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Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)

Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)

Titel: Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Fox
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Einsamkeit, Ruhe und Abgeschiedenheit. Etwas, was man den Spielern in ihrer Welt offenbar komplett verwehrte.
    Ethan setzte sich, nahm einen dicken Ordner aus dem Koffer und legte ihn auf den Tisch. Anya wurde flau im Magen. Den durchzuackern würde fast die gesamten zwanzig Flugstunden in Anspruch nehmen.
    »Von den meisten Dossiers kann ich Ihnen eine Kurzfassung geben, wenn das hilft. Dann hätten Sie Zeit, den einen oder anderen Film anzusehen.«
    In der Nacht vor einer Reise konnte Anya grundsätzlich nicht schlafen, weil sie sich Sorgen machte, ob sie auch wirklich alles eingepackt hatte, und sie die Liste, was während ihrer Abwesenheit zu erledigen war, wieder und wieder durchging. Um die versäumte Nachtruhe auszugleichen, wollte sie eigentlich ein beruhigendes Antihistamin nehmen, das nicht nur schläfrig machte, sondern auch den Vorteil hätte, ihr die Angst vor Start und Landung ein wenig zu nehmen. Aber so dick wie der Ordner war, würde sie selbst mit Ethans Beistand den gesamten Flug über arbeiten müssen. Die Antihistamine mussten warten.
    Der Kellner brachte Rührei, Räucherlachs und eine dicke Scheibe geröstetes Sauerteigbrot. Ein zweiter servierte ein Kännchen irischen Frühstückstee. Anblick und Duft ließen ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen.
    »Für mich bitte einen schwarzen Kaffee und einen Toast mit Vegemite, danke.« Ethan wandte sich Anya zu und bemerkte die hochgezogene Augenbraue. »Na ja, man soll sich den Landessitten doch anpassen … Fangen Sie bitte an, nicht dass es kalt wird.«
    Anya hatte den Vorabend damit verbracht, angeschimmeltes Gemüse und abgelaufene Säfte und Milch aus dem Kühlschrank zu entsorgen, und kaum etwas gegessen. Sie war am Verhungern. Das wollte sie sich aber nicht anmerken lassen, denn sie war sich Ethans aufmerksamer Blicke beim Essen wohl bewusst.
    Nach einem gemütlichen Frühstück stiegen sie in den Flieger. Rye schien sich in der ersten Klasse ganz daheim zu fühlen. Sein Jackett und das Handgepäck waren längst verstaut, da hatte Anya sich noch nicht einmal aus dem Mantel geschält. Dank des Einzelsitzes am Fenster bliebe sie von banalem Smalltalk mit Fremden verschont. Die Stewardess bot ihr Getränke an. Sie entschied sich für ein Glas Mineralwasser, setzte sich und schloss eilends den Sicherheitsgurt. Sie schlug den Ordner auf und vertiefte sich in die Lektüre, unterbrochen nur von den Nachfragen, ob man ihr Nüsse, Kanapees oder weitere Getränke anbieten dürfe.
    Als die Maschine zurücksetzte, schloss sie die Finger fest um den Ordner. Vor ihrem geistigen Auge tauchten die Bilder der Opfer von Flugzeugabstürzen auf, die sie obduziert hatte. Ein Sprühflugzeugpilot, dem es den Kopf abgerissen hatte; Passagiere, deren innere Organe praktisch nicht mehr identifizierbar waren; zahllose Leichen, die nach dem Aufprall vom Feuer entstellt worden waren. Der einzig sichere Ort in einem Flugzeug war dort, wo die Crew saß, nach hinten gerichtet, durch einen Vierpunktgurt geschützt.
    Nach dem Start machte ihr das Fliegen nichts mehr aus. Bis zur Landung. Während die Maschine endlose Minuten über Rollbahnen zuckelte und irgendwann endlich abhob, bemühte sich Anya, positiv zu denken und die Bilder von Abstürzen auszublenden. Erst als sie hörte, wie das Fahrwerk wieder eingeklappt wurde, fiel ihr auf, dass ihre Finger sich um den Ordner gekrampft hatten.
    Sie atmete bewusst und tief und blätterte in den Unterlagen, die Ethan ihr gegeben hatte. Neben typischen Collegefotos standen detaillierte biografische Angaben aufgelistet.
    Sie griff wahllos ein Blatt heraus. Ein Dreiundzwanzigjähriger, gebürtig aus Harlem. Das kurz geschorene Haar betonte die hellblauen Augen und den markanten Kiefer. Selbst auf dem Foto machte er einen zu allem entschlossenen Eindruck. Sie stutzte, als sie las, dass zwei seiner Brüder verstorben waren. Die Todesursache war als unnatürlich angegeben. Es war also entweder ein Tötungsdelikt, Suizid oder ein Unfall.
    Angesichts der umfangreichen Polizeiakte musste Anya sich einschärfen, dass sie es mit einem Profi-Footballer zu tun hatte, nicht mit einem Straftatverdächtigen.
    Seine Vorstrafen reichten von Einbruchdiebstahl bis zu illegalem Drogenbesitz. Vor vier Jahren hatte ein Polizist ihm am Tatort eines bewaffneten Raubüberfalls von hinten in die Schulter geschossen. Von einer Verurteilung in dieser Sache war aber ebenso wenig die Rede wie von einer verbüßten Haftstrafe wegen irgendeines anderen Delikts aus

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