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Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Titel: Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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aufgelöst.
    Im wahren Leben schrie Paps »Vorsicht!!!«, als ich mich auf den Beifahrersitz plumpsen lassen wollte , was mich erst mal stoppte, sodass er gerade noch rechtzeitig eine wassergefüllte Plastiktüte unter mir wegziehen konnte, die mit Fischen gefüllt war. Uäääh, allein der Gedanke, dass ich mich da fast draufgesetzt hätte, ließ mich würgen. Im wahren Leben kurvte Paps hektisch durch den Verkehr, was meinen Magen nicht gerade beruhigte. Im wahren Leben sprach Paps keine weisen Vaterworte, sondern erzählte mir aufgeregt, es handele sich bei all diesen Fischen um Friedfische, also nicht um Raubfische, sie würden sich daher mit den Goldfischen bestens vertragen und keinen davon auffressen. Na ja, ich war einfach nur froh, dass er wieder mit mir sprach, und versuchte, nicht zu weinen, was mirnur so halb gelang. Irgendwann fragte Paps mich dann doch ganz lieb, ob er mir helfen könne, aber ich schüttelte den Kopf.
    »Ich wünschte nur, ich wäre auch ein Friedfisch.« Das war alles, was ich herausbekam.
    Eine Weile blieb es still. »Aber das bist du doch, Lillykind«, sagte Paps dann. Und da musste ich dann doch weinen, denn leider bin ich das nicht.

Betreff: Sagen und wissen
    Datum: 01.07., 23:11 Uhr
    Von: Lilia Kirsch
    An: Tom Barker
    Hey du!
    Ich schreib dir jetzt einfach mal.
    Ich liege immer noch im Bett, aber im Vergleich zu heute Nachmittag geht es mir schon viel besser.
    Puh, das waren harte Stunden, ich will gar nicht daran zurückdenken. Nur so viel: Sollte ich etwas Falsches gegessen haben, dann befindet es sich jetzt garantiert nicht mehr in meinem Magen.
    Vielleicht war’s aber auch nur der Schlafmangel, davon wird mir manchmal schlecht. Trotzdem kann ich seltsamerweise nicht schlafen, ich bin seit Tagen viel zu aufgeregt dafür. Ich glaube, seit unseren Nächten auf der Insel habe ich überhaupt nicht mehr richtig tief geschlafen.
    Du, ich habe nachgedacht und ich will dir was sagen. Ich weiß aber nicht, wie. Ich versuche es jetzt einfach mal schriftlich. Das geht vielleicht leichter.
    Nein, schreiben ist definitiv nicht leichter. Jetzt habe ich eine halbe Stunde lang Sätze getippt und sie sofort wieder gelöscht. So geht das nicht. Ich schreibe jetzt einfach drauflos, ohne nachzudenken, und werde ab jetzt keinen Buchstaben mehr löschen, egal, wie wirr das hier wird. Und dann klickeich schnell auf Senden, ohne noch mal zu lesen, was ich geschrieben habe. Ich kann damit ja nicht viel kaputtmachen.
    Wahrscheinlich ist ja schon alles kaputt.
    Okay, los geht’s.
    Als mein Vater heute Nachmittag an meinem Bett saß und mir beim Speien den Rücken streichelte, da habe ich ihn etwas gefragt. (Ja! Er spricht wieder mit mir. Vermutlich, weil ich so arm und krank bin.)
    Wie kommt es eigentlich, dass man anderen Menschen so selten sagt, was man wirklich denkt? Man tut das ja eigentlich fast nie. Man sagt Eltern nicht, was man denkt und fühlt, Geschwistern nicht, Freunden nicht, und auch nicht seinem Freund.
    Klar, man lügt die alle nicht an. Man behauptet nichts, was nicht stimmt. Aber man spricht ja vieles NICHT aus, was man denkt. Obwohl man weiß, dass daraus Missverständnisse werden können.
    Wäre das Leben nicht einfacher, wenn man immer sagen würde, was man denkt? Könnte man meinen. Stimmt aber vermutlich nicht, sonst würden es ja mehr Menschen machen. Das muss doch einen Grund haben. Nur welchen?
    Schreibe ich wirr? Vermutlich. Egal, weiter.
    Mein Vater hat darüber richtig lange nachgedacht. Unddann sagte er Folgendes: Es ist wohl eine Form von Rücksicht. Man sagt nicht jedem dauernd, was man denkt, weil es für andere Menschen gar nicht so wichtig ist, was man selbst denkt.
    Ich habe das nicht verstanden. Ich zum Beispiel möchte doch unbedingt wissen, was DU zum Beispiel denkst.
    Ich fragte also meinen Vater, ob er nicht wissen wolle, was meine Mutter denkt, und ob sie auch nicht wissen sollte, was in seinem Kopf vorgeht.
    »Sagen und wissen ist doch nicht dasselbe«, meinte er da. Und dann erklärte er mir an einem Beispiel, wie er das meinte: Als meine Mutter ins Taxi stieg und wegfuhr, da ging es ihm ganz furchtbar schlecht, weil er sie schon vermisste, als sie nach der ersten Straßenecke aus seinem Blickfeld verschwunden war. Aber er hat ihr das nicht gesagt. Und warum? Erstens, weil sie es sowieso wusste. Und zweitens, weil das für sie in diesem Moment nicht wichtig war. Sie musste ja trotzdem wegfahren, egal, wie es ihm

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