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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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wollte. Sofort hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen, denn Sylvia stimmte augenblicklich zu – und schlagartig wurde ihm die Konsequenz seines Vorschlags bewusst. Mit einer bösen Vorahnung betätigte Harald den Startknopf für den Bordcomputer.
    »Guten Tag, hier ist das Fahrerinformationssystem«, sagte eine nur allzu bekannte Stimme, und im Display erschien die berüchtigte Sonne. »Wählen Sie nun eine Funktion aus. Sagen Sie...«
    »Sitzheizung«, sagte Harald mit betont ausdrucksloser Stimme.
    »Sie haben sich für die Funktion Sitzheizung entschieden. Wählen Sie nun eine Stufe zwischen eins und fünf«, plapperte die Sonne lachend.
    »Fünf«, sagte Harald.
    »Das ist doch viel zu heiß«, widersprach Sylvia.
    »Sie haben Stufe fünf gewählt«, bestätigte die Sonne gnadenlos.
    »Lieber drei«, rief Harald mit einem Seitenblick auf Sylvia.
    »Ihre Anfrage konnte nicht bearbeitet werden«, monierte das System.
    »Das wird sauheiß«, maulte Sylvia.
    »Sitzheizung«, sagte Harald nervös.

    »Diese Funktion steht augenblicklich nicht zur Verfügung.«
    Fast wäre Harald auf einen vor ihm fahrenden Golf gekracht. »Pass doch auf«, zischte Sylvia. »Ich mag das sowieso nicht, wenn Männer immer an dem ganzen Technikkram herumspielen. Kannst du dich nicht auf das Autofahren konzentrieren?«
    »Ja, aber du wolltest doch...«, stammelte Harald.
    Sylvia schaute erbost nach vorne. Auf dem Display hüpfte die Sonne.
    »Soll ich jetzt noch den Fußraum warm machen?«, fragte Harald vorsichtig.
    »Mir egal«, sagte Sylvia und starrte aus dem Fenster.
    »Klima«, flüsterte Harald zur Sonne.
    »Binng. Bitte wiederholen Sie die Eingabe«, schrie das System zurück. Zumindest kam es Harald so vor, als hätte sich in den letzten 30 Sekunden die Lautstärke verdoppelt. Einen Seitenblick wagte er schon gar nicht mehr. »Klima«, sagte er etwas lauter.
    »Wählen Sie ein Wagenviertel«, befahl die Sonne.
    »Vorne links, vorne rechts, hinten links, hinten rechts.«
    »Vorne rechts«, wisperte Harald.
    Sylvia zog scharf die Luft ein. Das geplante Protzen mit der Autotechnik schien bei ihr überhaupt nicht zu funktionieren. »Wählen Sie nun eine Zone: Oben, Mitte, unten, oben und Mitte, Mitte und unten, oben und unten, gesamt.«
    »Was...«, murmelte Harald.
    »Unten«, sagte Sylvia, »früher gab es dafür einen Regler!«
    »Wählen Sie nun eine Temperatur zwischen 18 und 26 Grad«, frohlockte die Sonne.

    »26«, sagte Sylvia.
    Harald schwieg besser und drückte erneut den Knopf. Die Sonne verschwand.
    Als sie eine Viertelstunde später an der ehemaligen Grenze bei Dreilinden vorbeikamen, hatte sich Sylvias Laune wieder gebessert. Sie begann loszuplappern, welche Läden sie in Paris alle besuchen wollte. Eine Freundin hatte ihr brandheiße Tipps gegeben. »Weißt du, da muss es am Place du Carrousel einen total niedlichen Schuhladen geben, so was bekommt man in Deutschland gar nicht zu sehen. Und bei >Surlepont< auf dem Boulevard Haussmann gibt es so voll abgefahrene Accessoires. Und dann gehen wir einen Kaffee im >Saint Emilien< trinken, und dann soll es da noch ein total tolles Kaufhaus geben, das heißt Louvre...« Harald zuckte innerlich zusammen. Das konnte ja heiter werden. Erneut dachte er sehr intensiv an seinen Balkon und die zwei Bierflaschen. Während Sylvia all diesen Unfug ausstieß, drückte sie unentwegt auf den Reglern des Autoradios herum, weil sie irgendeinen Lieblingssong suchte. Sie drehte auch ständig die Lautstärke auf und ab, so dass Harald Mühe hatte, dem Gespräch zu folgen. Aber offenbar waren substantielle Beiträge auch gar nicht gefragt, schließlich beschränkte er sich auf »Mmm« und »Ah, ja...«.
    »Das ist ja der allerletzte Mist«, rief Sylvia gerade und regelte einen Sender weg, den sie Minuten vorher mit einem entzückten Aufschrei entdeckt hatte. »Weißt du eigentlich, dass das total heiß hier drin ist?«, meckerte sie plötzlich.
    Harald begann sich nun wirklich zu ärgern. »Zu heiß, zu kalt, zu leise, zu laut, kein Wunder, dass ihr der Typ weggelaufen ist«, sagte er sich.

    »Kannst du nicht mal irgendetwas tun?«, drängelte Sylvia.
    Harald drückte die Fensterheber. Der Fahrtwind schoss durch den Wagen, und das »Playboy«-Heft auf dem Rücksitz begann auf und ab zu flattern. Sie fuhren 170 Stundenkilometer. »Mach das zu«, schrie Sylvia, der es gerade die hübsche Frisur verwehte. Hastig drückte Harald wieder auf den Fensterheber. »Knacks«. Harald starrte

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