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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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auf den Schalter beziehungsweise das, was davon noch übrig war.
    »Mach endlich das blöde Fenster zu«, schrie Sylvia.
    »Es geht nicht, das Ding ist irgendwie kaputt«, brüllte Harald gegen die Fahrtgeräusche zurück und drückte verzweifelt an dem Restknopf herum.
    »Dann fahr wenigstens langsamer«, herrschte ihn Sylvia an. Ihr Kopf sah aus wie ein Wischmopp. Endlich gelang es Harald, den abgebrochenen Knopf in eine andere Position zu bringen, das Fenster summte zu. Harald schwante, dass dieser Ausflug nicht die von ihm erhoffte Wendung nehmen würde. Vor seinem Inneren hatte die erträumte Verbindung zwischen seinem und ihrem Hotelzimmer inzwischen die Form einer Panzerschranktür eingenommen. »Lass uns doch rausfahren und einen Kaffee trinken«, schlug er eilig vor, denn er hatte aus dem Augenwinkel gerade die Werbetafel einer bekannten Imbiss- und Kaffee-Kette entdeckt. Vielleicht entspannte das ja die Situation. »Von mir aus«, murrte Sylvia immer noch vorwurfsvoll, »ich muss mich ohnehin frischmachen und die Frisur in Ordnung bringen.«
    Als er den Wagen in die Ausfahrt steuerte, schöpfte Harald neue Hoffnung. Es ging doch nichts über ein frisches Espressogetränk und dazu vielleicht ein Stück von dem Marmorkuchen, den er so gerne aß. Das war wirklich eine praktische
Sache, dass es jetzt überall an den Autobahnen diese neuen Cafes gab, wo man gemütlich Kaffee und Kuchen genießen konnte. Höhnisch dachte er an Mutters Thermoskanne, aus der man früher während der Fahrt lauwarmen Zitronentee eingeschenkt bekam, der dann meist durch ein Loch im Becher auf die Sitze getropft war und außerdem scheußlich schmeckte.
    Auf dem Parkplatz vor der Café-Filiale war die Hölle los. Es gab eine hoffnungslos verstaute Zufahrt für das Drive-in, an der so viele Wagen standen, dass man die Hälfte des Parkplatzes gar nicht befahren konnte. Harald lenkte den Wagen nach links und fuhr an den besetzten Parkboxen vorbei. Überall standen Menschen, die meisten rauchten oder aßen Burger aus Pappschachteln, Kinder liefen wild herum, eins davon, ein sechsjähriger Junge mit hochgegelten blonden Haaren, rannte direkt vor Haralds Wagen über die Fahrbahn, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen, so dass Harald scharf bremsen musste. »Können Sie nicht aufpassen?«, herrschte ihn die stark übergewichtige Mutter an. Während sie mit der einen Hand die Burgerschachtel hielt, fuhr sie sich mit der anderen durch das fettige, zweifarbig gestaltete Haar. Harald öffnete seine Tür einen Spalt – an den Fensterheber traute er sich nicht mehr heran – und rief zu der Beleibten: »Passen Sie doch mal auf Ihre Göre auf, sonst haben Sie bald zwei.« Als er jedoch den bösen Blick eines schwarzhaarigen und stark tätowierten Hünen sah, zog Harald schnell die Tür wieder zu und kreiste weiter auf dem Parkplatz. Schließlich fand er am äußersten Ende eine freie Bucht neben einem Campingmobil. Sylvia hatte die ganze Zeit nur genervt aus dem Fenster gestarrt, jetzt sprang sie
aus ihrem Sitz hoch und stieg aus. »Weiter weg ging’s wohl auch nicht«, bemerkte sie schnippisch und stiefelte Richtung Cafe.
    In diesem Moment bemerkte Harald den braunen Abdruck an Sylvias gutgeformtem Gesäß, der sich deutlich auf der weißen Jeans abzeichnete. »Oh nein«, murmelte Harald und sprintete um das Auto zum Beifahrersitz. Seine Befürchtung bewahrheitete sich, in der Sitzritze hatte offenbar ein Streifen der neuen Chili-Senf-Schokolade gelegen, die er am Freitag für einen Kundentermin dabei gehabt hatte. Davon musste irgendwie ein Stückchen in die Ritze gerutscht sein, und die Sitzheizung Stufe fünf hatte die Schokolade wohl verflüssigt und herausgedampft. Schnell griff Harald in sein Handschuhfach und holte ein Erfrischungstuch heraus, mit dem er den Sitz notdürftig reinigte. Das funktionierte eigentlich ganz gut, mit Schokoladenflecken kannte Harald sich aus. Er schmiss das Tuch unter den Wagen und rannte Sylvia hinterher, die schon fast das Cafe erreicht hatte. Hintereinander traten sie beide durch die Schwingtür.
    Offenbar hatten noch einige hundert Leute dieselbe Idee gehabt. Die Schlange vor den Imbissschaltern reichte jedenfalls fast bis zurTür. Vor der Kaffeetheke sah es nicht viel besser aus. »Tolle Idee, das mit dem Kaffee«, kommentierte Sylvia: »Ich geh mich frisch machen, bring mir doch bitte eine Latte macchiato mit. Aber mit Sojamilch.« Sie drehte sich um und reihte sich in die Schlange vor der

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