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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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Kopf weg. Er wollte nicht bei den »Gesichtern des Staus« auf www.friendfinder.com oder sonst wo mitmachen. Der Hunger wurde langsam unerträglich. Harald wünschte sich sehnlichst den Nudelsalat seiner Mutter herbei. Und vielleicht noch eine Frikadelle. Kinder, war das früher im Stau gemütlich...
    »Hier ist Hit Radio 97 zwo«, trällerte es aus dem Audiocenter des Epremo. »Pfingstsamstag mittag, ganz Deutschland steht im Stau«, erklang die sonore Stimme des Moderators. »Aber einen ganz besonderen Fall haben wir heute auf derA2 zwischen Bad Eilsen und Rehren, nicht wahr, Dennis Hoppe im 97-zwo-Staustudio?«
    »Ja, Tarrik Bohmsen, das ist wirklich eine witzige Geschichte«, ließ sich eine zweite, etwas hellere Stimme vernehmen. »Dort musste heute die Autobahnpolizei beide Fahrtrichtungen sperren, weil, halten Sie sich fest, ein Cabrio-Fahrer eine Plastiktüte mit 32000 Euro verloren hatte.«
    »Gibt’s ja nicht, Dennis, erzähl mal, wie kam das«, lachte Tarrik Bohmsen. Harald starrte das Autoradio an.
    »Naja, der Typ hatte sich das Cabrio für eine Probefahrt ausgeliehen. Und mit dem Geld wollte er später den Wagen bezahlen«, berichtete Dennis Hoppe atemlos.
    »Und dann hat er das Geld verloren?«, wollte Tarrik wissen, während er einen aufdringlichen Soundteppich hochfuhr.
    »Ja weißt du, Tarrik, er hatte nämlich die Geldscheine in eine Plastiktüte gesteckt und die dann auf die Rückbank des Cabrios gelegt. Schön blöd, oder?«, feixte Dennis.

    »Ja, schön blöd«, dachte Harald. »Und wegen so einem Holzkopf stehe ich jetzt hier.« Er sah sich um, ob da nicht irgendwo ein Hundert-Euro-Schein herumflatterte, aber es war nichts zu sehen.
    »Hat er sein Geld wiedergefunden?«, wollte Tarrik Bohmsen wissen. »Naja«, schrie Dennis. »Bislang haben die Beamten und der Cabrio-Fahrer knapp 24 000 Euro zusammen. Das meiste lag an den Mittelleitplanken. Die Autobahn bleibt noch für mindestens eine halbe Stunde gesperrt. Inzwischen sind dort rund 20 Kilometer Stau«, verkündete Dennis. Harald sog tief Luft ein und vermied es, Sylvia anzusehen.
    Eine Stunde später löste sich der Stau langsam auf. Zunächst ging es im Schritttempo voran. Der Parkplatz Kottenbruch kam in Sichtweite und verschwand dann wieder. Schließlich wurden Harald und Sylvia an einer Ausfahrt von der Autobahn gelotst und über die Umleitungsstrecke nach Bad Eilsen geschickt. Sylvia hatte seit ihrer Wiederkehr vom Feld beunruhigenderweise immer noch nichts gesagt. Vor Haralds innerem Auge zogen zentnerweise Nudelsalate, Frikadellen und Burger vorbei. Er hatte unbeschreiblichen Hunger. Ihr Wagen passierte gerade das Ortsschild von einem Kaff namens Heeßen, da sah Harald das Paradies am Straßenrand. »Currywurst 2,80 €« lockte eine handgeschriebene Tafel an einem Imbisswagen, den Harald unter normalen Umständen als nicht vertrauenswürdig eingestuft hätte. Die Umstände waren aber nicht normal. Um die Würstchenbude hatten sich sowohl Durchreisende als auch Menschen versammelt, die offenkundig zu den Dorfbewohnern zählten. Harald stoppte den Epremo und sprang aus dem Wagen, dicht gefolgt von Sylvia.

    »Das glaube ich nicht«, ereiferte sie sich, »du willst doch nicht etwa so einen Dreck essen?«
    »Du etwa nicht?«, fragte Harald mehr aus Höflichkeit, während er die handgeschriebene Tafel studierte und zwischen Currywurst mit Pommes rot-weiß und Bratwurst mit derselben Beilage hin- und herschwankte.
    »Ich bin Vegetarierin«, erklärte Sylvia und schaute angeekelt zu dem Wagen.
    »Ich nicht«, sagte Harald mit fester Stimme und bestellte die Bratwurst.
    »Haben Sie auch Salat?«, fragte Sylvia den zentnerschweren Betreiber des Grillstands. Der Mann, etwa 1,60 Meter groß und mit Restbeständen grauen Haares gesegnet, schaute sie verständnislos an und schnalzte dann nur: »Nee.« Sylvias Gesichtsfarbe wechselte von blassgrau nach hellrosa.
    »Geben Sie bitte auch noch ein Bier«, verlangte Harald. Das war der Satz zu viel. Sylvia funkelte Harald an, in ihrem Blick lag Mordlust. Dann brüllte sie los: »Das mache ich nicht mehr mit, du widerwärtiges Scheusal! Erst entführst du mich auf diese elend lange Höllentour, dann ferkelst du dich voll, fährst in den nächstbesten Pfingststau, und jetzt willst du besoffen Auto fahren.« Ihre Wangen glühten. In ihren Augen standen Tränen.
    »Es ist doch nur... eine Flasche Bier«, stammelte Harald betroffen, doch es war zu spät. Sylvia machte auf dem Absatz kehrt und rief in die

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