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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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Sie mir helfen?«, rief Harald und setzte zum Galopp an. Der Junge schaute entsetzt auf und machte noch einen verzweifelten Fluchtversuch, doch da stand Harald auch schon neben ihm. »Ich benötige ein Navigationssystem«, sagte er.
    Der Picklige deutete auf den Nachbargang: »Da drüben stehen die.«
    »Ja, das habe ich selbst schon bemerkt, aber ich habe Probleme, das richtige zu finden. Vielleicht können Sie mir helfen?«, flötete Harald, während er gleichzeitig die Zähne zusammenpresste. Missmutig trödelte der Verkaufspraktikant mit Harald zum Nachbarregal, mit Hilfe von Seitenblicken versuchte er bereits einen potenziellen Fluchtweg abzuschätzen. »So hier«, meinte er und drehte sich um.
    »Ah ja, was können Sie denn empfehlen?«, fragte Harald und verspürte große Lust, den Mann zu schütteln.
    »Welches Gerät suchen Sie denn?«
    »Wenn ich das wüsste, müsste ich nicht fragen«, zischte Harald.

    »Am meisten verkaufen wir den >Streetfinder< von Molex«, nuschelte der Praktikant. »Steht hier. Sehr gute Verarbeitung und drei Jahre Garantie.«
    Harald sah entsetzt das Preisschild zu 1099 Euro und verschluckte sich fast. Er fummelte an dem Schild herum, um zu sehen, ob er sich vielleicht geirrt hatte. Ein Fehler, denn als er wieder aufsah, war der Knabe verschwunden. Zornig blickte Harald durch den Verkaufsraum, aber offenbar hatte sich der junge Mann geduckt durch die angrenzenden Gänge weggeschlichen. »Die wollen es so«, schrie Harald, »die wollen es so, die wollen es so!« Ein Ehepaar, das gerade die Autofernseher bewunderte, schaute ihn verwirrt an. Harald atmete laut aus, dann ließ er seinen Blick an dem Regal entlangschweifen, bis er schließlich auf ein bestimmtes Schild fiel: »Preisknüller, 79,99 €«, las er. »Das nehme ich, da verdienen die hoffentlich keinen Cent dran«, stieß er zwischen den Zähnen hervor und griff zu seinem neuen »Olga 2000«.
    »Da ist aber keine Garantie drauf«, herrschte ihn die Frau an der Kasse an und verweigerte aus demselben Grund auch die Zahlung per Kreditkarte, was Harald nicht ganz einleuchtete. Während die Kassiererin misstrauisch seine Geldscheine unter einen Ultraviolettscanner hielt, packte er seine »Olga« zärtlich in eine der bereitliegenden Plastiktüten.
    »Quittung?«, herrschte ihn die Frau an.
    »Brauche ich nicht«, befand Harald großmütig und beeilte sich, zurück zu dem immer noch unter Dauerberieselung stehenden Parkplatz zu kommen. Nachdem er sich erneut durchnässt ins Auto geschmissen hatte, kamen ihm erste Zweifel an seiner Kaufentscheidung. Die im Lieferumfang inbegriffene Halterung wollte partout nicht so an der
Scheibe halten, wie es in der 28-sprachigen Bedienungsanleitung etwas umständlich aufgezeichnet war. Die Saugnäpfe machten nur müde »flapp«, und das Zubehörteil fiel auch nach dem achten Anklebeversuch (mit Spucke) wieder auf den Beifahrersitz.
    »In Ordnung«, beschied Harald gutmütig, »Hauptsache, es funktioniert.« In der Packung lagen zwei Stromkabel. Eins zum Laden des Akkus an der Steckdose und eins, das offenbar in den Zigarettenanzünder gesteckt werden konnte. Allerdings nicht in einen deutschen Normanzünder, wie Harald konsterniert feststellte. Der Kontakt war viel zu dick, er passte einfach nicht in die Vertiefung. Gut, die Akkus würden ja eine Weile halten, und heute Abend im Hotel in Bonn könnte er das Ding wieder aufladen. Er blätterte durch die Bedienungsanleitung, es sah alles irgendwie sehr kompliziert aus. Jetzt bemerkte Harald, dass er großen Hunger hatte, schließlich war das Frühstück ausgefallen. Er fühlte sich zittrig. Getrunken hatte er auch nichts. Er musste erst einmal etwas zu sich nehmen. Mit Bauchgrummeln verließ er den Parkplatz und fuhr die Hauptstraße hinunter.
    Glücklicherweise entdeckte er wenige Minuten später die Leuchtreklame einer Schnellrestaurantkette und bog ab.Wie immer in letzter Zeit war auch auf diesem Parkplatz die Hölle los. Für Harald blieb lediglich ein Platz im LKW-Bereich. Als er zehn Minuten später mit einem Kaffee, zwei Croissants und einem Burger wiederkam, hatte es endlich aufgehört zu regnen. Stattdessen brannte mit einem Male die Sonne, und aus den Pfützen begann feuchte Luft zu verdampfen. Trotz allem irgendwie glücklich setzte sich Harald mit seiner Beute auf den Fahrersitz. Die Tür ließ er offen stehen,
weil die schwül-warme Luft bereits in den Wagen eingedrungen war und er wenigstens etwas Wind spüren wollte. Nach drei Bissen

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