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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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drückte erst die »Off-«, dann wieder die »On«-Taste. »Miredita!«, rief Olga euphorisch. »Oh nein, das Ding spricht wieder Albanisch«, flüsterte Harald. Krampfhaft versuchte er sich zu erinnern, welche Menüfolge Ismail gewählt
hatte, um das Gerät auf Deutsch umzustellen. Im dritten Anlauf gelang es. Erneut musste Harald mit dem immer stärker schmierenden Kugelschreiber die Adresse eingeben. Diesmal entschied er sich für die erste Bergstraße. »Wenn möglich, bitte wenden«, krächzte Olga. »Ach nee?«, ätzte Harald zurück.
    An der nächsten Ausfahrt drehte Harald und fuhr die A1 wieder Richtung Bremen zurück. Nach einigen Kilometern kam er an einer blauen Fabrik vorbei, auf deren Frontseite einige überdimensionale Nager aufgemalt waren, die ihn anglotzten und auf diese Weise wohl für einen ansässigen Tiernahrungshersteller warben. DieseViecher waren ihm bei seinen Vorbeifahrten schon des Öfteren aufgefallen und jagten ihm irgendwie jedes Mal große Angst ein. Er fragte sich, ob diese Hamster nicht genug von dem Zeug gefressen hatten, groß genug waren die jedenfalls.
    Kurz danach passierte er die ebenfalls blaue Halle eines international bekannten Möbelhauses. Harald konnte nicht anders: Jedes Mal, wenn er an einer Filiale dieses Fragmentlieferanten vorbeikam, begann er instinktiv, sowohl seinem Autozubehör als auch den um ihn herumfahrenden Verkehrsteilnehmern ulkige skandinavische Kunstnamen zu geben. Die Hände am »Länkblok«, den »Blinka« nach links gesetzt, erst an diesem klüngeligen Lastwagen (»Schnarcha«) vorbei und dann an dem Ford Mondeo (»Transporta«) mit der dicken Rothaarigen (»Trampelen«), die ihm zuvor die ganze Zeit die linke Spur blockiert hatte und der er nun die Hupe (»Heulebö«) gab. Gerade als er ordentlich aufs Gas trat, scherte aber leider ein vollbesetzter litauischer Kleinbus (»Wixa«) mit 80 Stundenkilometern auf die linke Spur,
so dass die Burgerreste und der halbvolle Kaffeebecher auf seinem Beifahrersitz in den Fußraum schossen und sich dort mit der Bodenmatte »Mattan« als übel riechender »Kaesen« vereinigten. Olga war ebenfalls in den Fußraum gefallen, wie durch ein Wunder aber weder abgestürzt noch eingedreckt. Spätestens jetzt fand Harald das Spiel auch gar nicht mehr lustig und konzentrierte sich lieber wieder auf das Fahren.
    Die nächsten eineinhalb Stunden passierte erfreulich wenig. Harald fuhr weiter auf derA1 an Osnabrück und Münster vorbei. Olga ging es offenbar gut, sie hatte ja auch nichts Großes zu vermelden, außer dass sie ihn ostinat auf jede Geschwindigkeitsbegrenzung hinwies und auch jede Überschreitung mit den Worten »Höchstgeschwindigkeit beachten« kommentierte. Kurz vor dem Kamener Kreuz änderte sich die Situation schlagartig. »Die Route wird aufgrund von Verkehrsstörungen neu berechnet«, erläuterte Olga und schlug großzügig eine halbe Stunde auf die zuvor angezeigte Ankunftszeit auf. »Großartig, das war der Termin«, meckerte Harald. Einen Moment lang hoffte er darauf, dass dieses Billig-Navi vielleicht einem Phantomstau aufgesessen war, dann sah er leider schon viele Warnblinklichter vor sich. Harald konnte diese Blinkerei nicht ausstehen. »Die freuen sich doch förmlich drauf«, schimpfte er vor sich hin. »Die blinken den Stau herbei.« Er bremste. Es ging nur noch langsam voran. Die meisten Warnblinker wurden wieder ausgeschaltet. Nur der grüne VW Jetta vor ihm blinkte hartnäckig weiter. »Ausmachen!«, befahl Harald, aber die beiden älteren Damen konnten ihn natürlich nicht hören. Sie hatten auch – vermutlich ohne es zu wissen – ihre Nebelschlussleuchte an. Im Schritttempo kroch Harald links an dem Wagen vorbei
und machte Zeichen, welche die beiden jedoch offenbar nicht verstanden. Die Fahrerin schaute streng zu Harald und schüttelte den Kopf. Harald errötete heftig und schaute sofort angestrengt nach vorne.
    »An der nächsten Ausfahrt rechts abfahren und der A2 folgen«, schnarrte Olga. Harald nickte zufrieden. Zumindest hatte Olga offenbar einen Weg um den Stau herum berechnet. Da konnte man wieder sehen, dass man auch für 79,99 Qualität bekam. Er blinkte und fuhr auf die A2 in Richtung Oberhausen. Auf der Gegenfahrbahn war auch Stau. Er fragte sich, ob er hier überhaupt jemals keinen Stau gesehen hatte. »An der nächsten Ausfahrt rechts abbiegen«, unterbrach Olga seinen Gedankengang. Harald gehorchte und fuhr von der Autobahn. Olga schien durchzublicken. »In 200 Metern rechts

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