Wenn nicht jetzt, wann dann?
war wohl auch laut geworden, hatte sich jedoch noch früh genug gebremst, um nicht noch mehr zu sagen, was seine Eltern sicher verletzt hätte. Denn er wollte auf keinen Fall verletzend sein, aber sie waren so unwissend, so naiv, so kleingeistig, das machte ihn rasend.
Dennoch hatte seine Mutter zu Boden geschaut und nichts mehr gesagt, und er war an diesem Tag im Streit von ihnen weggegangen. Und genau deshalb wollte er ihnen zeigen, dass er es zu etwas gebracht hatte, dass er es geschafft hatte, seine Klasse zu verlassen und dorthin aufzusteigen, wo er eigentlich hingehörte. Weg vom Eisenwarenhandel, hin zum Goldschmied für die besseren Kreise. Er würde dazugehören. Er würde es schaffen. Wenn ein Fitnesstrainer die schwedische Kronprinzessin heiraten konnte, dann konnte er auch Nina Winter zu seiner Frau machen.
Auf dem Weg ins Café, wo er Nina auf einen schnellen Imbiss treffen wollte, damit sie ihm von dem Besuch bei der Hochzeitsplanerin erzählen konnte, pfiff er fröhlich vor sich hin. Er würde heiraten, er würde Geld haben, und seine Kinder würden sich einmal nicht für ihn schämen. Im Gegenteil, seine Kinder würden stolz auf ihn sein.
»Ich weiß nicht, was in meinen Vater gefahren ist.« Nina sah Fabian fast verzweifelt an, nachdem die Bedienung ihnen ihre Bestellung gebracht hatte. Nina trank einen Latte macchiato, und Fabian biss in ein großes Sandwich, was ihn in diesem Moment nicht zu einer Antwort befähigte.
»Hmmm …«, brachte er lediglich hervor, doch er zog seine Augenbrauen in die Höhe, um Nina zu bedeuten weiterzusprechen, was sie sowieso tat.
»So eine altbackene, biedere Mutti, weißt du, ich meine, wenn diese Liz Baumgarten mit solchen Leuten zusammenarbeitet, wirft das kein gutes Licht auf den Laden. Vielleicht war es wirklich ein Notfall. Aber wenn die jetzt auch noch Onkel Hannes anschleppt, der in seinem Gartenhaus wahrscheinlich schon Moos angesetzt hat, dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Dann werden es rosa Springnelken mit Schleierkraut, ich sehe es schon kommen … Der ist doch gar nicht auf der Höhe der Zeit …«
»Warte doch erst mal ab«, versuchte Fabian Nina zu besänftigen, nachdem er seinen Bissen endlich hinuntergeschluckt hatte.
»Abwarten ist doch keine Lösung!« Nina war sichtlich entnervt. »Ich habe da schon meine Vorstellungen!«
»Zweifellos«, stimmte er ihr grinsend zu, bevor er wieder in sein Sandwich biss und auf die Uhr sah. »Ich wusste gar nicht, dass dein Vater überhaupt einen Bruder hat. Ging es um Erbstreitigkeiten, oder was? Warum gibt es keinen Kontakt mehr?«
Wenn er ehrlich war, verspürte er sogar so etwas wie eine kleine Erleichterung, dass auch diese Familie von Ansehen und Reputation anscheinend einen kleinen Makel hatte. Ein Bruderstreit. Vielleicht war der Makel noch nicht einmal besonders klein.
»Keine Ahnung. Das war irgendwie schon immer so. Auch bevor Oma und Opa meinem Vater das Geschäft überschrieben haben. Scheint eine alte Geschichte zu sein.«
Nina löffelte den Milchschaum von ihrem Kaffee und sah Fabian an, der zum wiederholten Mal auf die Uhr blickte und unruhig auf dem Stuhl umherrutschte. Er musste die Steine bestellen, die er für den neuen Schmuckauftrag brauchte. Er überlegte bereits, bei wem er alles anfragen könnte. Es müssten sehr spezielle braune Diamanten sein, die sehr selten waren, in einer Größe, in der es sie noch seltener gab. Von der Provision, die ihm dieser Auftrag einbrachte, würde er nicht nur seinen Eltern die Schiffsreise schenken können, sondern auch den Kredit abbezahlen, den er hatte aufnehmen müssen, um den Diamanten zu erstehen, den er in Ninas Ehering einarbeiten wollte. Er würde ihn so fassen, dass selbst sie, die nie Ringe trug, ihn würde tragen können, ohne dass er sie störte. Und der Stein würde wunderbare Glanzlichter setzen, wann immer sie ihre Hand bewegte.
»Aber du musst los, oder?«, fragte sie und lächelte ihn an. Wie gut, dass sie ihn verstand. Sie war wie er. Erfolg bedeutete ihnen etwas, sie waren beide ehrgeizig und wollten das, was sie taten, auch richtig gut machen.
»Geh nur, das große Rätsel des seltsamen Bruders werden wir jetzt sowieso nicht lösen. Ich werde Papa fragen.«
Er sprang auf und küsste sie und setzte sich gleich wieder hin, um nach seiner Geldbörse zu kramen.
»Entschuldigung«, murmelte er, »ich war schon wieder halb in der Werkstatt …«
Doch Nina scheuchte ihn davon.
»Lass mal, das übernehme ich! Und heute
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