Wenn nicht jetzt, wann dann?
Blüten gewandelt?«
»Nein.«
Annemie schüttelte den Kopf.
»Nein, das hat mir damals keiner gesagt. Und später dachte ich dann, ja, vielleicht wären manche Stunden mit der Erinnerung daran leichter gewesen.«
»Ich überleg’s mir«, antwortete Nina und wandte sich wieder dem nächsten Katalog zu.
»Hier hätten wir Kleider, die die ganz klassische Schleppe in unauffälliger Form zitieren«, fuhr Frau Schwarz fort. »Das ist natürlich teilweise schon etwas üppiger, aber es ist keineswegs gerüscht um der Rüsche willen, wenn Sie wissen, was ich meine. Schöne, fließende Stoffe, und beim Hochzeitswalzer tanzt das Kleid richtig mit.«
»Traumhaft!«, entfuhr es Annemie. »So muss es doch sein.«
»Ich glaube, so etwas hatte meine Mutter an.«
Nina blätterte nachdenklich durch alle aufgeschlagenen Kataloge, und Annemie und die beiden Beraterinnen sahen ihr erwartungsvoll dabei zu. Doch Nina schien sich für keines der Modelle wirklich zu begeistern.
»Ist das, was Sie suchen, noch nicht dabei?«
»Hm.«
Nina war unschlüssig. Sie zeigte mal auf eines, dann auf ein anderes Kleid, aber jedes Mal von Zweifeln begleitet.
»Ich denke, wir bringen Ihnen ein paar der Modelle«, schlug Frau Schwarz vor. »Dann sehen Sie das Kleid vor sich und schlüpfen mal hinein. Dann fällt es Ihnen vielleicht leichter.«
Frau Heckmann entschwand wie auf Knopfdruck, und Frau Schwarz schlug ihre schön bestrumpften Beine übereinander und begann ein wenig zu plaudern, um die Wartezeit zu überbrücken oder – wie sie sagte – um die Braut besser kennenzulernen. Doch Nina hatte keinen redseligen Tag, und obwohl Annemie erst ganz erleichtert war, dass sie anscheinend nicht die Einzige war, die Ninas Unmut und Misstrauen zu spüren bekam, tauchte vor ihr plötzlich ein Gedanke auf, der ihr Sorge bereitete. Wenn Nina bei allem, was die Hochzeit betraf, so missmutig war, dann stimmte am Ende etwas nicht. Oje. Vor Schreck verschluckte sie sich an dem Kaffee, von dem sie gerade einen Schluck genommen hatte, und fand es sehr peinlich, dass Frau Schwarz ihr auf den Rücken klopfen musste. Gerade als sie sich wieder beruhigt hatte und einen prüfenden Blick in Ninas Richtung warf, kam Frau Heckmann mit einer rollenden Kleiderstange zurück, an der lauter Träume in Weiß und Creme hingen. Frau Schwarz sprang auf, um Nina die einzelnen Kleider zu präsentieren, und Nina erklärte sich bereit, eine Auswahl anzuprobieren.
Während die Kleider, Nina und die beiden hilfsbereiten Damen in der Umkleide verschwanden, blieb Annemie nichts anderes übrig, als zu warten und sich weitere Gedanken über ihre beunruhigende Beobachtung zu machen.
Nina sah in jedem der Kleider wundervoll aus, weil sie eine schöne junge Frau war. Sie war groß und schlank, hatte eine weibliche Figur, eine gerade Haltung und einen hübsch geschwungenen Nacken, was Annemie vorher noch gar nicht aufgefallen war. Mit ihrem blonden halblangen Haar ließen sich die verschiedensten Frisuren stecken. Doch es gab eindeutig Kleider, in denen Annemie sie weniger gerne sah als in anderen. Sie dachte, dass sie für Nina vielleicht eine komplett weiße Hochzeitstorte machen würde. Innen verschiedene Teigarten und Füllungen, aber von außen reinweiß und auch weiß verziert. Nina wirkte sehr bräutlich. Weiß und bräutlich, und es stand ihr sehr gut. Es hob etwas in ihr hervor, Annemie wusste nicht so recht, wie sie es benennen sollte, etwas, was man sonst an ihr leicht übersah. Etwas, das bei ihrer sportlichen Art, sich zu kleiden, eher unterging. Etwas, das man vielleicht Schönheit nennen konnte. Oder Anmut. Ja, das war es. Nina war sehr anmutig und dabei viel zarter, als sie sich gab. Ob ihr zukünftiger Ehemann diese zarte Seite an ihr kannte? Annemie dachte, dass er doch glatt in Ohnmacht fallen müsste, wenn sie in der Kirche in so einem zauberhaften Kleid auf ihn zuschritt.
Nur Nina selbst gefiel sich überhaupt nicht. Sie war froh, als sie wieder in ihre eigenen Kleider steigen konnte, bedankte sich bei den beiden Beraterinnen, bat um Entschuldigung, dass sie so unentschlossen war, worauf die beiden erst gleichzeitig und dann noch einmal nacheinander versicherten, das mache gar nichts. Sie sei jederzeit willkommen, alles anzuprobieren, was sie im Haus hatten, um das perfekte Kleid zu finden, jederzeit.
Nina fuhr mit Annemie zurück zum Hochzeitsladen, um sich die Zeiten für die Besichtigung der möglichen Locations aufzuschreiben, die Annemie für sie und
Weitere Kostenlose Bücher