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Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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nicht.“
    „Ist alles in Ordnung?“
    Ihre Verwirrung war echt. Zumindest, soweit Daniel das beurteilen konnte. Mein Gott, was für Dinge traute er seiner alten Freundin nur zu? Doch als er sah, wie sie mit schmerzverzerrtem Gesicht ihren Oberarm berührte, genau an der Stelle, wo das Brandeisen ihre Haut versengt hatte, brach eine eiskalte Welle über ihm zusammen. Alles, nur das nicht! Nicht Becca!
    „Was ist das?“
    Er war so schnell bei ihr und zerrte sie auf die Beine, dass die alte Frau wie gelähmt war vor Schreck. Sie leistete keinerlei Widerstand, als er ihr den Pullover über den Kopf zog. Eine hässliche Wunde prangte, wo er es erwartete. Nässend und Blasen werfend. An einer Stelle regelrecht verkohlt. Ihm wurde schlecht.
    „Warum?“, presste er hervor. „Warum hast du das getan?“
    „Was getan?“
    Ihre Schauspielerei brachte ihn in Rage. Unsanft packte er sie bei den Schultern und drückte zu, bis Rebecca schmerzerfüllt wimmerte. Es war kein Hass, den er fühlte. Nur tiefe Enttäuschung und eine schier bodenlose Traurigkeit. „Du hast mir Drogen verabreicht. Und du hast versucht, mir das Brandmal zu verpassen. Warum, Becca? Ich dachte, du wärst der einzige Mensch, dem ich vollkommen vertrauen kann.“
    „Daniel …“ Ihre Augen schwammen in Tränen. Warum zum Teufel leugnete sie ihre Tat? Warum versuchte sie, ihn mit solcher Perfektion zu täuschen? „Ich würde dir nie etwas antun! Das musst du doch wissen.“
    Er schüttelte den Kopf. In seinem Hals wuchs ein schmerzhafter Kloß heran. „Ich dachte, es wäre nur ein Traum gewesen. Ich sah dich, wie du auf mir gesessen hast. Du wolltest mir den Phönix in die Haut brennen. Als ich dich zu Boden warf, fiel das Eisen auf deinen Arm und verbrannte stattdessen dich. Leugne es nicht, Rebecca. Ich habe dich gesehen. Und ich sehe das hier.“
    Er riss ihren Arm hoch, damit sie die Blasen werfende Wunde deutlich erkennen konnte. Kein Wort drang aus ihrer Kehle. Sie schüttelte nur den Kopf. Hilflos, ängstlich, zutiefst getroffen. Eine perfekte Schauspielerin.
    6.30 Uhr, 51 Wharf Restaurant
    E
s gelang Elena nicht, munter zu werden. Daran änderte nicht einmal der starke Kaffee etwas, geschweige denn der Pancake, auf dem sie schläfrig herumkaute und den sie, angewiderte Blicke ignorierend, regelmäßig in die Tasse tauchte. Ihre Gedanken drehten sich in einer fatalen Spirale. Viel Schlaf war ihr dank Daniels dramatischem Anruf nicht vergönnt gewesen. Und hatte sie geschlafen, war sie von Albträumen geplagt worden, die wie wütende Vögel um sie herumgeflattert und immer wieder auf sie hinabgestoßen waren. Ja, die Metapher der Vögel traf es gut. In einem der Träume war sie Prometheus gewesen. An einen Fels gekettet, wartete sie darauf, von einem Adler zerfleischt zu werden. So wie jeden Tag. Nur war statt des Adlers ein Phönix gekommen, gewaltig und wunderschön, dessen Federn aus lodernden Flammen bestanden. Wie ein rot glühendes Messer war sein Schnabel in ihren Brustkorb eingedrungen. Schreiend war sie aufgewacht, überwältigt von einem Schmerz, der nicht in einen Traum gehörte.
    Ein Teil von ihr war wütend auf Daniel. Erst verschwand er, vermutlich, weil er seinen Hormonen nicht über den Weg traute, dann vernichtete er jede Aussicht auf wohlverdiente Ruhe mit seinem Anruf. Statt wie befohlen ein Hotel aufzusuchen, hatte sie sämtliche Vorhänge zugezogen und sich mit ihrer geladenen Waffe auf das Sofa verzogen. Geschehen war nichts, doch die Angst war ein treuer Begleiter dieser Nacht gewesen. Er wusste etwas. Etwas, das Smith nicht wissen sollte. Irgendjemand war hinter ihm her und schien auch sie als Daniels Partnerin ins Auge gefasst zu haben. Ging es etwa um die Sekte? Verdammt, das konnte sie Kopf und Kragen kosten. Daniel hatte ihr das Leben gerettet und zwei für sie bestimmte Kugeln abgefangen. Das war surreal. Es war unheimlich und beängstigend faszinierend. Dieser Mann schien zu wissen, was er tat, doch wenn sie an seinen Täuschungs- und Verschweigungsspielen teilnahm, konnte sie das ihren Job kosten. Kurz nach einer Zwangsversetzung negativ aufzufallen kam nicht gut an. In diesem Land stürzte man allzu schnell zu Boden. Sie hatte keine nennenswerten Reserven angespart, denn immer, wenn solche herangewachsen waren, hatte eine garstige höhere Macht zugeschlagen. Kaputtes Auto, kaputte Waschmaschine, ein verzweifelter Brief ihrer Mutter, in der sie um Geld bat, um die drohende Zwangsräumung ihrer Wohnung abzuwenden.

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