Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
Vom Netzwerk:
Elena wurde schlecht, wenn sie die Möglichkeit durchspielte, wieder dort zu landen, wo sie hergekommen war. In der Gosse. Mittellos. Bis zum Hals im Dreck.
    „Bitte hör auf, zu fragen.“
    Eine hohe Stimme schreckte sie auf. Nur milde interessiert musterte sie die junge, rothaarige Frau, die über dem Tresen hing und hektisch auf einem Block herumkritzelte. Stress, urteilte ihr analytischer Verstand. Eine Menge Verzweiflung. Hilflosigkeit. Das Übliche eben. Eines von vielen verlorenen Blättchen, die der Sturm fortriss.
    „Ich gehe!“ Die Frau schrie die beiden Wörter. „Keine Ahnung, wohin … nein, ich weiß nicht, wann ich zurückkomme … ob ich zurückkomme.“
    Das einsetzende Schluchzen war zu viel. Sie verschloss sich dagegen, massierte ihre Schläfen. Nicht noch mehr negative Schwingungen. In letzter Zeit hatte sie ohnehin zu nah am Wasser gebaut, und diesem Gespräch zu lauschen, war alles andere als erbaulich. Zähneknirschend stand sie auf, nahm ihre Tasche und bahnte sich einen Weg um Tische und Stühle zum Tresen. Ein dralles Hausmütterchen rechnete ihr Frühstück ab und strahlte, als Elena ein großzügiges Trinkgeld gab. Immerhin etwas Positives. War sie etwa nur so gönnerhaft gewesen, um ein Lächeln zu sehen? Kopfschüttelnd über sich selbst wollte sie sich zum Gehen wenden, als ihr Handy klingelte.
    „Ja?“, nuschelte sie schläfrig hinein.
    „Hier ist Violet. Wo steckst du?“
    „Im 51 Wharf Restaurant.“
    „Dann schwing die Hufe und komm her. Hier ist der Teufel los. Eine Zeugin hat sich heute Morgen bei uns gemeldet, die gegen die Sekte aussagen will. Sie ist soeben eingetroffen. Außerdem sind Agent Natali und Smith am Toben. Keine Ahnung, warum. Irgendwas ist passiert, dass alle herumlaufen lässt wie geköpfte Hühner auf Ecstasy. Ich glaube, es hat mit Rebecca zu tun. Es sah fast aus, als hätten sie die alte Lady in Handschellen gelegt.“
    „Was?“
    „Ja, du hast richtig gehört. Also mach, dass du herkommst.“
    Elena ließ ihr Handy in der Tasche verschwinden und stürmte im Laufschritt aus dem Restaurant. Sie legte die knapp fünfhundert Yards zwischen Restaurant und Department in Rekordzeit zurück, stürmte das Gebäude und schwenkte in den Wartebereich. Die Zeugin zu identifizieren, gestaltete sich als Kinderspiel. Schwitzend und mit ineinander verschränkten Fingern saß eine brünette Frau mittleren Alters in der äußersten Ecke und starrte ihr entgegen, als wäre sie der Leibhaftige. Elena sog binnen weniger Sekunden zahllose Details in sich auf: teure Jeans, roséfarbenes Hemd, ein ausgezehrter Körper und Ringe unter den Augen, die jeder Beschreibung spotteten. Seit Tagen nicht gewaschene, taillenlange Haare. Der Geruch nach Zigaretten. Schlammverkrustete Schuhe einer Nobelmarke. Diese Frau war binnen kürzester Zeit sehr tief gestürzt. Na wunderbar. Genauso das brauchte sie gerade.
    „Guten Morgen. Ich bin Detective Elena Winterblossom.“ Verdammt, wie sie ihren Nachnamen hasste. „Man hat mich und meinen Partner auf die Spur dieser Sekte angesetzt.“
    Große Augen, gefärbt wie blasse Jade, schwammen in Tränen. Diese Augen hatten bereits Dinge gesehen, denen sich der Verstand verschloss.
    „Ich habe es mir anders überlegt.“ Die Frau sprang auf und wollte flüchten, doch Elena packte sie am Arm.
    „Sie haben Angst, das verstehe ich. Aber wenn Sie uns nicht helfen, wird bald das nächste Opfer brennen.“ Die Verantwortungs- und Schuldmasche. Meist wirksam, es sei denn, sie prallte an zu viel Angst und zu viel Kaltschnäuzigkeit ab. „Wenn Sie uns vertrauen, sorgen wir für Ihre Sicherheit. Wir nehmen Sie in das Zeugenschutzprogramm auf und bewachen Sie rund um die Uhr.“
    Dieses Versprechen fruchtete. Hoffnung keimte in den rot geweinten Augen der Frau auf. „Sie finden mich überall“, wisperte sie. „Ich habe noch zwei Tage zu leben.“
    Sie schob den Verband an ihrer Hand zurück und entblößte ein Stück des unverkennbaren Brandmals. Angesichts des nässenden, rohen Fleisches jagte ein Schauder über Elenas Wirbelsäule. Sie konnte die versengte Haut riechen. Jenen stechenden, beißenden Geruch, der aus purem Schmerz bestand. Erst nach mehrmaligem Räuspern fand sie zu ihrer gewohnten, festen Stimme zurück.
    „Sie müssen keine Angst haben. Falls man Sie findet, dürfen die Mistkerle sich mit einer Horde bewaffneter Polizisten vergnügen. Vertrauen Sie mir. Ihnen kann nichts geschehen, wenn Sie mit mir kommen und uns helfen.“
    Die

Weitere Kostenlose Bücher