Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)
habe nie jemanden behandelt, der durch Panikattacken blind geworden wäre, und ich habe auch nie von einem solchen Fall gelesen. Ich habe auch nie einen Blinden kennen gelernt, dessen Blindheit durch Panikattacken verursacht gewesen wäre. Es ist schwer vorstellbar, dass der Sehnerv, ein sehr starker und dicker Nerv, in irgendeiner Form durch die Angstreaktion geschädigt werden könnte. Ich habe viele Menschen kennen gelernt, die Angst davor hatten, ihre Sehschärfe einzubüßen, und davor, was das dann für Folgen für sie hätte, kann ich jedoch nur wiederholen: Panikattacken können nicht zu einer dauerhaften Beeinträchtigung des Sehvermögens führen.
7. Die »Mein-Körper-macht-mich-kaputt«-Irrtümer
In Kapitel 4 dieses Buches habe ich gezeigt, dass unser Körper über wunderbare Mechanismen verfügt, die zu unserem Schutz dienen. Die »Mein-Körper-macht-mich-kaputt«-Irrtümer kehren diese Funktion sozusagen um. Unsere körperlichen Reaktionen haben in unseren Augen nicht länger die Funktion, uns zu schützen und zu erhalten, sondern wir betrachten sie als unseren Feind. Während einer Panikattacke bekommen die Betroffenen Angst, dass lebenswichtige körperliche Funktionen plötzlich aussetzen könnten und sie nicht mehr fähig sein würden zu atmen, zu schlucken oder sich zu bewegen. Wenn sich ihre Aufmerksamkeit auf dieses Problem konzentriert, kann das in zweierlei Hinsicht einen Teufelskreis auslösen:
– Sie versuchen zu kompensieren; wenn sie beispielsweise das Gefühl haben, nicht genug Luft zu bekommen, bemühen sie sich krampfhaft, mehr Luft in ihre Lungen zu saugen. Diese »Kompensation« bewirkt jedoch, dass sie sich noch unwohler fühlen, und behindert die natürlichen (automatischen) körperlichen Funktionen.
– Die Angst, nicht atmen, nicht schlucken, kein Wasser lassen zu können usw., verstärkt die befürchteten unangenehmen Gefühle nur noch. Wenn ein Patient z. B. befürchtet, nicht mehr schlucken zu können, wird sein Mund ganz trocken, und er bekommt tatsächlich Schluckbeschwerden – eine sich selbst erfüllende Prophetie.
Irrtum Nr. 7: »Ich werde gelähmt sein«
Ich war bei Woolworth und ging die Treppe hoch, um eine Sache zu besorgen. Ich blickte mich um und sah eine riesige Menschenmenge.Ich nahm das, was ich kaufen sollte, und wollte zur Kasse gehen, um es zu bezahlen. Meine Beine waren schwer wie Blei.
(J. St.)
Einige Panikpatienten berichten von Lähmungserscheinungen und davon, dass sie befürchten, möglicherweise auf Dauer gelähmt zu werden. Aber so etwas geschieht in Wirklichkeit nicht; auch in diesem Fall handelt es sich um bloße Befürchtungen. Sie basieren auf kurzen subjektiven Eindrücken, die falsch interpretiert und in der Vorstellung der Betroffenen überbewertet werden. Lassen Sie mich ein Beispiel anführen. Es kommt doch häufig vor, dass »ganz normale« Menschen morgens mit dem Gefühl aufwachen, gelähmt zu sein – sie können sich nicht bewegen oder nicht richtig atmen. Dieses Gefühl ist sehr unangenehm, aber sobald sie richtig wach werden, geht es vorbei. Wenn jemand jedoch ernsthaft zu glauben beginnt, er könne auf Dauer gelähmt bleiben, dann muss er einfach Angst bekommen.
Einer der Standardtricks von Hypnotiseuren ist, ihre Zuschauer zu Beginn der Vorstellung zu bitten, die Hände zu falten. Dann sagt der Hypnotiseur im Brustton der Überzeugung, sie würden die Hände nun nicht mehr voneinander lösen können. Was geschieht ist Folgendes: Unsere Knöchel verhaken sich ineinander und bieten einen gewissen Widerstand, wenn wir unsere Hände voneinander lösen wollen. Aber wir können uns ein bisschen anstrengen, und dann gelingt es uns. Manche Menschen sagen sich jedoch, wenn sie zu Anfang etwas Widerstand spüren: »Ja, es stimmt. Ich kann meine Hände nicht voneinander lösen. Ich bin hypnotisiert.« Alles, was dann noch kommt, ist Autosuggestion. Das sind die Menschen, die der Hypnotiseur als Versuchskaninchen benutzt – er weiß, dass sie am besten auf seine Suggestionen ansprechen. Mit der Vorstellung, gelähmt zu sein, verhält es sich ähnlich. Wenn wir uns selbst sagen: »Ich bin gelähmt. Ich werde mich nie mehr bewegen können«, dann kann es sein, dass unser System überreagiert und dass wir zum Schlusswirklich überzeugt davon sind, dass wir diese Lähmungserscheinungen nie mehr loswerden. Aber – wie fast alle anderen seltsamen Symptome, die mit Panik einhergehen – gehen sie vorbei und können keinen
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