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Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)

Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)

Titel: Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Baker
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geschieht so etwas nicht. Es ist wichtig, die Angst vor einem Kontrollverlust zu unterscheiden von einem tatsächlichen Kontrollverlust. Ein Bereich unseres Nervensystems ist für unsere Gefühle zuständig, ein anderer für unsere Handlungen. Sie arbeiten auf völlig verschiedene Weise. Unsere Gefühle können wir kaum kontrollieren, unsere Handlungen jedoch sehr wohl, ungeachtet all unserer Befürchtungen.
ERBRECHEN
    Jedesmal, wenn ich in die Nähe eines Geschäftes kam und nur daran dachte hineinzugehen, wurde mir ganz heiß und schrecklich übel, und ich war mir sicher, ich kann da nicht rein. Ich konnte es einfach nicht riskieren, mich vor den ganzen Leuten zu übergeben.
    Ich habe gelegentlich von Patienten gehört, die sich wegen irgendetwas so große Sorgen machten, dass sie sich übergeben mussten. Das Gefühl zunehmender Übelkeit, das manche Betroffene während einer Panikattacke empfinden, lässt sie befürchten, dass sie sich erbrechen müssen, was ihnen schrecklich peinlich wäre.
    Hier trifft vieles von dem zu, was ich über die Angst, ohnmächtig zu werden, gesagt habe. Hat sich der Patient in der Vergangenheit während einer Panikattacke tatsächlich schon einmal übergeben? Hat es dafür einen besonderen Grund gegeben, lag z.B. zufällig gleichzeitig eine Lebensmittelvergiftung vor? Die meisten Menschen, die diese Angst haben, müssen sich in Wirklichkeit nicht übergeben, wenn sie die Probe aufs Exempelmachen und eine Panikattacke bewusst zulassen, ohne in ihren natürlichen Verlauf einzugreifen. Einige Patienten berichten jedoch, dass sie sich wirklich während einer Attacke übergeben mussten. Manchmal führen sie das Erbrechen auch absichtlich herbei, »um es hinter sich zu bringen«. Gelegentlich handelt es sich auch nicht um Erbrechen im eigentlichen Sinn, sondern um ein Wieder-Hochkommen der Nahrung. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Betroffene, deren Hauptsymptom während ihrer Panikattacken die Übelkeit ist, sich sehr wahrscheinlich trotzdem nicht übergeben müssen; die grundsätzliche Möglichkeit dazu besteht jedoch, wenn auch ganz am Rande.
ZUR TOILETTE GEHEN
    Wenn ich irgendwohin ging, dann kam ich so lange ganz gut zurecht, wie ich wusste, wo die Toilette war. Aber ich bekam echte Probleme, wenn ich irgendwohin musste, wo ich noch nie gewesen war. Dann dachte ich die ganze Zeit daran, was passieren würde, wenn ich nicht rechtzeitig eine Toilette fände, und prompt musste ich dann auch ganz dringend aufs Klo.
    Die Betroffenen stellen sich vor, wie peinlich es wäre, wenn sie im Beisein anderer Menschen einnässen würden. Für manche Patienten ist das starke Bedürfnis, zur Toilette zu gehen, das am deutlichsten spürbare Symptom, und das führt zu der Befürchtung: »Was ist, wenn ich mir jetzt in die Hosen mache? Das wäre ja schrecklich!« Der Gedanke wird in der Phantasie für sie fast zur Gewissheit.
    Trotz starken Harn- und Stuhldrangs kommt es jedoch während einer Panikattacke nicht dazu, dass Betroffene einnässen oder defäzieren. Wir haben schon als kleine Kinder gelernt, unsere Schließmuskeln völlig unter unserer Kontrolle zu halten, sogar im tiefsten Schlaf. Warum sollten wir diese Fähigkeit plötzlich verlieren, wenn wir Angst haben?
ANDEREN SCHADEN ZUFÜGEN
    Abends, wenn ich nach der Arbeit nach Hause kam, machte ich immer die üblichen Sachen … Abendbrot essen, fernsehen und so, aber manchmal kroch diese schreckliche Angst in mir hoch, und dann stand ich sofort auf und ging raus. Ich setzte mich ins Auto und fuhr stundenlang in der Gegend herum, so lange, bis ich das Gefühl hatte, dass die Gefahr vorbei war.
    Dieser Mann hatte Angst, dass er seiner Frau Schaden zufügen würde, wenn er zu Hause eine Panikattacke bekäme. Er war fest davon überzeugt, dass das geschehen würde. Manche Patienten befürchten, ihre Panikgefühle könnten so stark werden, dass sie völlig die Kontrolle über sich selbst verlieren und ihre Angehörigen, fremde Menschen oder sich selbst verletzen oder gar töten würden. Oder dass sie vor einen Bus laufen oder aus einem fahrenden Zug springen würden. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Missverständnis; sie glauben, die Tatsache, dass sie ihre Gefühle nicht kontrollieren können, bedeute, dass sie auch ihre Handlungen nicht kontrollieren können. Aber das sind zwei ganz verschiedene Dinge. Man fügt den Menschen, die man liebt, während einer Panikattacke keinen Schaden zu. Auch wenn die Gefühle durcheinander kommen,

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