Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)
bleibenden körperlichen Schaden anrichten.
Irrtum Nr. 8: »Ich werde ersticken«
Wie ich in Kapitel 4 erwähnt habe, kommt es während einer Panikattacke oft im Mund- und Halsbereich zu bestimmten Veränderungen, die ein normaler Bestandteil der Angstreaktion des Körpers sind. Bei dem Gefühl zu ersticken spielt die Anspannung der Muskeln im Halsbereich eine große Rolle. Keine der erwähnten Veränderungen ist jedoch gefährlich. Auch wenn der Patient den Eindruck hat, er werde sterben, können die Muskeln sich unmöglich so stark anspannen, dass er wirklich keine Luft mehr bekommt und erstickt.
Manchmal versuchen Patienten ihre Angst vor dem Ersticken dadurch zu kompensieren, dass sie nur langsam essen und sehr vorsichtig schlucken. Manche essen nur noch weiche, breiförmige Nahrung und verzichten ganz auf Fleisch, Nüsse und alles andere, was ihnen im Hals stecken bleiben könnte. Durch diese Maßnahmen wird jedoch unglücklicherweise etwas Automatisches durch etwas Kontrolliertes, Durchdachtes ersetzt, und das birgt die Gefahr in sich, die natürlichen Mechanismen des Körpers außer Kraft zu setzen. So wird die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient tatsächlich erstickt, größer, als wenn er das Problem ignoriert hätte.
Irrtum Nr. 9: »Ich kann nicht schlucken«
Während einer Panikattacke konzentriert sich die Aufmerksamkeit des Betroffenen vielleicht darauf, dass die Tätigkeit derSpeicheldrüsen und damit das Schluckvermögen abnimmt. Wie ich bereits erwähnt habe, wird im Rahmen der Angstreaktion nur noch wenig Speichel produziert; dadurch wird der Mund trocken und es kommt zu Schluckbeschwerden. Manche Betroffene haben Angst, dass ihre Fähigkeit zu schlucken auf Dauer eingeschränkt bleibt oder ihnen gar ganz abhanden kommt. Manche kompensieren dadurch, dass sie alle paar Minuten einen Test machen – sie schlucken, nur um zu überprüfen, ob es noch geht. Aber auch das wirkt sich wieder ungünstig auf die natürlichen Funktionen des Körpers aus und macht das Schlucken schmerzhafter und mühsamer. Das ist zwar nicht gefährlich, macht das Essen jedoch zu einem eher unangenehmen Erlebnis.
Irrtum Nr. 10: »Ich kann nicht atmen«
In einer Angst auslösenden Situation versucht der Körper, mehr Sauerstoff aufzunehmen; daher kommt es zu Veränderungen in unserem Atemrhythmus – wir atmen schneller. Manche Betroffene konzentrieren ihre Aufmerksamkeit auf diese Veränderungen und machen sich Sorgen um ihre Atmung. Sie haben vielleicht das Gefühl, nicht genug Luft zu bekommen, oder sie befürchten, zu hyperventilieren und sich dadurch selbst zu schaden, oder sie haben Angst, dass ihre Atmung ganz aussetzen könnte. Vielleicht haben sie den Eindruck, dass sie ihre Atmung genau überwachen und darauf achten müssen, genügend zu atmen. All das unterstellt die völlig normalen und automatischen körperlichen Funktionen einer willentlichen Kontrolle, und die Angst selbst führt schon dazu, dass der Atem sich beschleunigt. Die Atmung funktioniert am besten, wenn man sie völlig ignoriert und ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten überlässt. Der Körper verfügt über ganz erstaunliche Fähigkeiten, das natürliche Gleichgewicht von Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut aufrechtzuerhalten.
8. Die »Ich-verliere-den-Verstand«-Irrtümer
Irrtum Nr. 11: »Ich werde verrückt«
Viele Betroffene haben Angst, während einer Panikattacke die Kontrolle über sich selbst zu verlieren und verrückt zu werden. Ein Patient drückte es folgendermaßen aus:
Ich habe dann Angst, dass ich verrückt werde, dass ich durchdrehe, dass das die schlimmste Attacke sein wird, die ich je hatte. Dass sie so schlimm sein wird, dass ich mich nie mehr von ihr erhole, und dass ich in den schwärzesten Wahnsinn verfalle; wissen Sie, in so einen Zustand, aus dem es kein Zurück mehr gibt. Ich atme dann ganz schnell und kurz. So atme ich dann, und die Welt bricht über mir zusammen, alles stürzt auf mich ein, und das ist das Ende, wissen Sie, es gibt einfach keinen Ausweg mehr. Ich will bloß noch wegrennen, dann einfach nur noch weg, weg, weg. 13
Wenn die Panikgefühle sich verstärken und wenn Gefühle von Depersonalisation, Verwirrung oder Realitätsverlust hinzukommen, dann denken die Betroffenen unter Umständen, dass das ein Zeichen einer beginnenden Geisteskrankheit ist, und natürlich kämpfen sie mit aller Kraft dagegen an, sich von einem Zustand überwältigen zu lassen, der sie endgültig zu verschlingen droht.
In der
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