Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)

Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)

Titel: Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Baker
Vom Netzwerk:
Psychiatrie wird seit Jahren unterschieden zwischen Psychosen (echten Geisteskrankheiten wie Schizophrenie und manischer Depression) und Neurosen, bei denen es sich im Grunde genommen immer um Angsterscheinungen handelt. (Der Ausdruck »Neurose« ist inzwischen nicht mehr ganz aktuell. Er lässt an eine krankhafte Störung denken, und das ist Panik ja gerade nicht. Außerdem hat er einen negativen Beigeschmack – man denke an »Neurotiker«.) Unabhängig davon,welchen Ausdruck wir zu ihrer Beschreibung benutzen, Angsterscheinungen unterscheiden sich grundsätzlich von Geisteskrankheiten. Ein Patient, der unter Angstgefühlen leidet, ist gesundheitlich völlig in Ordnung, auch wenn es bestimmte Dinge in seinem Leben gibt, die er nicht so unter Kontrolle hat, wie er sich das wünschen würde. Das hat nichts mit einer Geisteskrankheit zu tun, die immer mit beträchtlichen Veränderungen in der Denk- und Verhaltensweise des Betroffenen einhergeht (hierzu gehören Halluzinationen, Größenwahn, Verfolgungswahn oder die Unfähigkeit, logisch zu denken).
    Die vielen Menschen, die einmal eine Panikattacke bewusst zugelassen haben, ohne in ihren natürlichen Verlauf einzugreifen, haben festgestellt, dass sie, auch wenn sie vorübergehend die gewohnte Kontrolle über ihr Gefühlsleben verlieren, schon nach kurzer Zeit ihr emotionales Gleichgewicht wiederfinden. Nach der Attacke stellen sie fest, dass sie völlig unversehrt und normal sind. Die Erfahrung ähnelt der in Kapitel 5 beschriebenen emotionalen Erleichterung, die durch Weinen bewirkt wird. Nicht die vermeintliche Geisteskrankheit selbst ist das Problem, sondern die Angst davor, geisteskrank zu werden oder die Kontrolle über das eigene Denk- und Urteilsvermögen zu verlieren.

Irrtum Nr. 12: »Ich habe die Kontrolle verloren«
    Allen Irrtümern, die ich in diesem Kapitel beschreibe, ist die Angst der Betroffenen gemeinsam, die Kontrolle über bestimmte körperliche Funktionen oder über ihr eigenes Urteilsvermögen zu verlieren oder etwas Schreckliches oder Peinliches zu tun.
    Ich werde irgendetwas Dummes tun – herumlallen, schreien, mich übergeben, in die Hosen pinkeln oder mich sonst irgendwie bloßstellen.

    Manche Menschen machen sich große Sorgen darüber, wie sie während einer Panikattacke auf ihre Mitmenschen wirken und was diese möglicherweise von ihnen denken. Die Betroffenen denken, die ganze Welt müsste auf sie aufmerksam werden, weil ihre Empfindungen so stark sind. Aber die meisten Menschen auf der Straße oder am Arbeitsplatz sind so mit sich selbst und ihrem eigenen Leben beschäftigt, dass sie gar nicht richtig auf andere Menschen achten.
    Es ist so ähnlich, als wenn man einen Pickel im Mund hat. Er fühlt sich riesig an, aber wenn man in den Spiegel schaut, stellt man fest, dass er nur so groß ist wie ein Stecknadelkopf. Die Tatsache, dass die eigenen Gefühle so stark sind, bedeutet nicht, dass andere Menschen sie ebenso stark wahrnehmen oder dass man sie uns äußerlich ansehen kann.
    Wenn Betroffene sich während einer Panikattacke zufällig im Spiegel oder in einem Schaufenster sehen, sind sie erstaunt darüber, wie normal sie aussehen. Sie sind gar nicht besonders interessant für den Normalbürger auf der Straße, der sich abhetzt, um die letzten Einkäufe vor Geschäftsschluss zu erledigen, oder dessen Kinder sich gerade herumstreiten. Auch wenn Passanten irgendetwas bemerken, zum Beispiel, dass sich das Gesicht eines Menschen rötet, dann führen sie das eher darauf zurück, dass dem Betreffenden anscheinend sehr warm ist oder dass er einen hohen Blutdruck hat – sofern sie überhaupt Notiz davon nehmen.
    Manche Menschen, die unter Panikattacken leiden, befürchten, dass sie in irgendeiner Form die Kontrolle über ihre körperlichen Funktionen verlieren und einnässen oder sich erbrechen könnten, wenn die Panikgefühle sich verstärken. Andere stellen sich vor, sie würden die Kontrolle über ihre Sprache verlieren und nur noch Kauderwelsch reden. Und wieder andere malen sich gar aus, es könnte so schlimm mit ihnen werden, dass sie wie wild in der Gegend herumrennen, Leute anrempeln, Sachen umwerfen und sich total lächerlich machen. Oder sie stellen sichvor, dass sie den Verstand verlieren und in einen Alptraum eintauchen, aus dem es kein Erwachen mehr gibt – dass sie jede Kontrolle über sich selbst verlieren und so hilflos werden wie ein Baby.
    Aber all das stellen sich die Betroffenen nur vor – in Wirklichkeit

Weitere Kostenlose Bücher