Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)
kontrollieren. Dadurch verstopft das gesamte emotionale Leben. Die Schwierigkeit bei Panikpatienten besteht darin, dass sie jedes Gefühl als Gefahr empfinden. In ihren Augen erscheint die ganze Welt gefährlich. Für sie ist etwas anderes notwendig: Sie müssen lernen, nicht jedes Gefühl, jede Aufregung, jede Emotion und jede Rührung als bedrohlich einzuschätzen. Gefühle sind vielleicht nicht angenehm, aber sie sind nicht gefährlich.
Perlen der Weisheit
Jede Emotion enthält wichtige Informationen; sie ist eine »Perle der Weisheit«. Das klingt ziemlich merkwürdig, vor allem, wenn man an ständige Panikgefühle denkt. Aber ganz allgemein ist es so, dass unsere Gefühle Informationen enthalten über die Welt um uns herum, über unsere Beziehungen zu anderen Menschen und über unser eigenes Befinden. Der Psychologieprofessor Eugene Gendlin hat einen großen Teil seiner Arbeit darauf verwendet zu verstehen, wie man einen Zugang zu den in Emotionen enthaltenen Informationen findet. Er hat den Ansatz des »Emotionalen Focusing« entwickelt, der den Betroffenen hilft, »auf ihre Gefühle zu hören«.
Andere Psychologen, wie zum Beispiel L. Greenberg, haben ähnliche Ansätze entwickelt. An dieser Stelle möchte ich nun meinen Ansatz vorstellen. Ich nenne ihn »Die drei Ls«: Looking, Labelling, Linking, also Wahmehmen, Benennen und Verbinden. Um das Beste aus den »Perlen der Weisheit« herauszuholen, die in Ihren Emotionen enthalten sind, gibt es drei einfache Schritte:
Schritt 1: Nehmen Sie Ihre Gefühle wahr
Der erste Schritt besteht darin, dass Sie versuchen, ihre Emotionen wahrzunehmen. Sie können sich fragen: »Wie fühle ichmich in diesem Moment?«, oder: »Wie empfinde ich mein Leben zurzeit?« Welche körperlichen Symptome und Gefühle nehmen Sie wahr? Setzen Sie sich nicht unter Druck, sich ein Urteil darüber zu bilden oder Ihre Gefühle zu verstehen. Bleiben Sie erst einmal dabei, diese Gefühle wahrzunehmen und sich auf sie zu konzentrieren. So wie ein Gutachter ein Gutachten über ein Haus erstellt, sind Sie ein emotionaler Gutachter. Der Gutachter prüft das ganze Haus und nimmt die wichtigsten Fakten auf, aber er ist nicht emotional mit dem Haus verbunden. Er hat einen gewissen Abstand und versucht das Haus objektiv zu sehen. Deshalb sollten Sie im ersten Schritt Ihre Gefühle nur beobachten und ihre Charakteristika wahmehmen: Wie intensiv sind sie, wo im Körper sind sie beheimatet, wie groß sind sie und welche Eigenschaften haben sie? Diese Beobachtungen sollten Sie anstellen, ohne sich in das Gefühl hineinziehen zu lassen. Das bezeichne ich als »Looking«, also als »Wahmehmen«.
Schritt 2: Benennen Sie Ihre Gefühle
Der zweite Schritt besteht darin, dem Gefühl einen Namen zu geben. Ist es Wut oder Frustration darüber, dass Sie nicht reden können, oder Frustration darüber, dass Ihr Bruder Sie immer unterbricht, wenn Sie etwas Wichtiges sagen wollen? Jede Bezeichnung wird noch einmal an dem Gefühl gemessen, um zu sehen, wie gut sie passt. Indem Sie die Bezeichnung an das Gefühl anlegen, können Sie diese Bezeichnung immer genauer formulieren. Gendlin weist darauf hin, dass schon allein die Fähigkeit, Gefühle richtig zu benennen, sehr befreiend sein kann. Dies ist also das »Labelling«, das »Benennen«.
Schritt 3: Verbinden Sie Gefühle mit Ursachen
Der dritte Schritt folgt ganz automatisch, wenn Sie gelernt haben, Ihre Gefühle zu benennen. Wenn ein Gefühl richtig benanntworden ist, sollte es möglich sein, es mit dem Ereignis zu verbinden, das dieses Gefühl verursacht hat. Dieses Ereignis kann jemand sein, der Sie kontinuierlich kritisiert, Sie hintergeht oder kontrolliert, oder es kann die Erkenntnis sein, wie unglücklich Sie in Ihrem Job sind. Das Gefühl liefert den Schlüssel für die Ursache. Das bezeichne ich als »Linking«, also als »Verbinden«.
Für Panikpatienten mag es besser sein bei diesen drei Schritten nicht mit Gefühlen wie Angst oder Panik zu beginnen, denn es ist schwer bei einer Sache objektiv zu sein, die einen so sehr überwältigt. Vielleicht können Sie damit einsteigen, dass Sie sich auf Situationen konzentrieren, die Sie wütend oder traurig machen. Dabei sollten Sie wie oben beschrieben vorgehen: Gefühle objektiv wahrnehmen, benennen und schließlich mit den Ursachen verbinden.
Geteiltes Leid ist halbes Leid
Emotionen zu benennen gelingt zwar manchen Patienten, anderen aber nicht. Ein weiterer sinnvoller Weg, um die Verarbeitung von
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