Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)
diesen Panikpatienten Gefühle wie Traurigkeit zutiefst unangenehm. Sie haben sie beinahe als unnormal oder falsch empfunden.
Ich habe versucht die verschiedenen emotionalen Probleme, die mir von Patienten beschrieben wurden, zu kategorisieren. Es gibt folgende Aspekte:
– Der Betroffene versucht jede Emotion zu unterdrücken oder zu verdrängen.
– Er schweigt über seine Gefühle und teilt sie anderen nicht mit.
– Er drückt seine Gefühle weder in Worten noch in Taten aus.
– Er konzentriert sich auf die körperlichen Symptome und nicht auf das Gefühl selbst. Er nimmt zum Beispiel zusammengebissene Zähne, ein heißes Gesicht, Schwitzen, Zittern und Erregung wahr, nicht aber das Gefühl von Wut, das sich dahinter verbirgt.
– Ihm fehlt die Verbindung zwischen Ereignis und Emotion. So fühlt er sich z. B. abgelehnt, wenn ein Freund ihn ignoriert, es gelingt ihm aber nicht, dieses Gefühl der Ablehnung mit dem Verhalten des Freundes in Beziehung zu setzen.
Könnte es sein, dass diese Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Emotionen mit der Panik in Verbindung stehen? Ist es möglich, dass ein Mensch, der angesichts einer schwierigen oder belastenden Lebenssituation weint oder schimpft oder offen mit Freunden oder Verwandten darüber redet, seine komplexen Gefühle richtig verarbeitet und beruhigt? Dadurch kann sich der Stress nicht bis zu dem Punkt aufbauen, an dem der Staudamm bricht. Aber was ist mit Menschen, die einen schweren Verlust erleiden oder eine schmerzhafte Erfahrung in ihrem Leben machen, dies für sich behalten, nicht mit anderen darüber reden oder ihre Gefühle in Tränen oder Wut zum Ausdruck bringen? Dies ist meiner Meinung nach der Moment, in dem das Wasser hinter dem Staudamm zu steigen beginnt.
In dieser Phase meiner Untersuchungen handelte es sich lediglich um Beobachtungen und Spekulationen. Ich wollte diese Theorie noch ausführlicher testen. Schließlich entwarf ich einenFragebogen, um die wichtigsten Aspekte der Verarbeitung von Gefühlen messen zu können. Dann bat ich fünfzig Panikpatienten und 120 Freiwillige, die nicht unter Panikattacken leiden, den Fragebogen auszufüllen und mir zurückzugeben.
Die Ergebnisse waren viel deutlicher, als ich erwartet hatte. Panikpatienten kontrollierten ihre Gefühle in einem viel größeren Maß als die nicht erkrankten Probanden. Die Panikpatienten kontrollierten nicht nur beunruhigende, ängstliche oder besorgte Gefühle, was bei ihnen noch logisch erscheinen könnte, sondern auch Wut und Traurigkeit in einem übertriebenen Maß. Im Vergleich zu den Probanden, die keine Patienten waren, hatten sie auch größere Schwierigkeiten, Gefühle zu benennen und sie mit den Ereignissen in Verbindung zu setzen, die sie verursacht hatten. Sie stimmten eher folgenden Aussagen zu:
– Ich verdränge meine Emotionen.
– Ich unterdrücke meine Gefühle.
– Ich schweige über meine Gefühle.
– Ich finde es schwierig, meine Emotionen zu benennen.
Wenn Panikpatienten schwierige emotionale Ereignisse nicht richtig verarbeiten, eröffnet dies Möglichkeiten, ihnen zu helfen. Wenn wir bessere Strategien zum Verarbeiten von Gefühlen entwickeln, könnte es möglich sein, den Ausbruch der Panik zu verhindern oder, wenn er schon begonnen hat, die Genesung zu unterstützen. Eine Ausnahme von der Staudamm-Theorie bildet allerdings Panik, die durch Drogenkonsum ausgelöst wurde (acht Prozent der ersten Panikattacken). Zwar kann sich neben dem Drogenkonsum hier auch eine Belastung aufgebaut haben, aber in einigen Fällen reicht die Droge aus, um die erste Panikattacke auszulösen.
Wie Sie Gefühle besser verarbeiten können
Das System, mit dem ein Mensch Gefühle verarbeitet, ähnelt ein bisschen unserem Immunsystem. Es muss funktionsfähig sein, um uns vor dem Druck und dem Stress des Lebens zu schützen. Wir stärken unser Immunsystem durch eine gute Ernährung, ausreichend Schlaf und Ruhezeiten – aber wie können wir sicherstellen, dass unser »emotionales Immunsystem« richtig arbeitet?
Die richtige Einstellung
Zuerst einmal ist es wichtig, die richtige Einstellung gegenüber Gefühlen zu entwickeln. Sie mögen darüber lächeln, dass diese Forderung gerade von einem Engländer kommt, wo wir doch dafür bekannt sind, dass wir immer Haltung bewahren. In unserer Kindheit und Jugend übernehmen wir für gewöhnlich unausgesprochene Einstellungen gegenüber Gefühlen: Ob es richtig ist, Gefühle zu haben, wie man
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