Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
ist«, fuhr Daisy, ermutigt von seiner Zustimmung, fort, »dann würde es ihr möglicherweise bei der Bewältigung der Vergangenheit helfen, wenn ich Verbindung zu ihr aufnähme. Was meinen Sie?«
Mr. Briggs schien aufzutauen. »Möglicherweise haben Sie Recht. Ihre Existenz, Miss Buchan, erklärt natürlich, warum Ellen so jung von zu Hause fortging und eine so undankbare Arbeit annahm. Nach allem, was ihr Vater andeutete, hatte ich immer den Eindruck, das gespannte Verhältnis zu seiner Frau sei der Grund dafür gewesen. Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass er nichts von Ihrer Existenz wusste?«
»Ja, das ist richtig. Außer Ellens Schwester Josie und Mr. und Mrs. Peters wusste niemand von Ellens Schwangerschaft.«
»Ellen hat die Peters’ früher oft erwähnt.« Mr. Briggs nickte. »Sie kam manchmal vorbei, wenn sie zu Besuch war, um mir eine Nachricht von ihrem Vater zu überbringen. Ich habe sie jedes Mal gefragt, wann sie denn für immer hierher zurückkäme.«
»Und was hat sie geantwortet?«
»Dass sie nicht mit Violet unter demselben Dach leben könne, obwohl sie die Farm gern mit ihrem Vater bewirtschaften würde.« Er lächelte. »So war sie eben, warmherzig, realistisch und freimütig. Da ich wusste, wie sehr sie an der Farm hing, war ich regelrecht schockiert, als sie es nach dem Unglück gar nicht erwarten konnte, sie abzustoßen.«
»In so einer Situation dürfte niemand zu einer sachlichen Einschätzung der Lage im Stande sein«, gab Daisy zu bedenken.
»Richtig, deshalb habe ich ihr auch geraten, nichts zu überstürzen«, bemerkte Mr. Briggs. »Vielleicht wäre es mir in einem persönlichen Gespräch gelungen, sie von einem Alternativvorschlag zu überzeugen, aber sie konnte oder wollte nicht hierher kommen. Warten wollte sie auch nicht, und da blieb mir letztendlich natürlich nichts anderes übrig, als mich ihrem Wunsch zu beugen.«
»Und was für ein Alternativvorschlag wäre das gewesen?«, erkundigte sich Daisy, erleichtert, dass der Anwalt zugänglicher geworden war.
»Den Großteil des Landes zu verkaufen, ein kleines Stück zu behalten und sich ein Haus darauf zu bauen. Die Baugenehmigung hätte sie ohne weiteres bekommen. Von dem Geld aus dem Verkauf hätte sie bequem leben können, und es gibt dutzende von Schulen in der Gegend, die sie mit Freuden beschäftigt hätten. Das wäre nicht nur für sie gut gewesen, es hätte auch Albert sehr glücklich gemacht. Er würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, dass sich die Farm nicht mehr im Familienbesitz befindet.«
»Ich habe gesehen, wo die Farm früher stand, und eine Menge über sie erfahren«, berichtete Daisy. »Ich kann mir Ellens Entscheidung wirklich nur mit einem Zustand geistiger Verwirrung erklären. Hoffentlich ist sie nicht doch bei dem Brand damals verletzt worden.«
Er nickte. »Ich müsste in den Akten nachsehen. Ich kann mich im Moment nicht an eine Adresse oder Telefonnummer erinnern, unter der sie zu erreichen wäre, aber das alles liegt ja auch schon eine Weile zurück.«
In diesem Moment summte die Gegensprechanlage, und die Vorzimmerdame kündigte den nächsten Klienten an. Briggs runzelte die Stirn. »Könnten Sie später noch einmal vorbeikommen, Miss Buchan? Dann kann ich die Akte in Ruhe durchsehen. Sagen wir, gegen zwölf?«
»Ja, ist mir recht«, stimmte Daisy zu und stand auf. »Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Hilfe, Mr. Briggs. Ich werde mich inzwischen ein bisschen in der Stadt umsehen.«
Daisy war von Falmouth ein wenig enttäuscht. Die uralte Stadt, einst einer der bedeutendsten englischen Häfen, war erstaunlich trist und langweilig. Es gab für ihren Geschmack zu viele kitschige Souvenirläden, und das trostlose Wetter machte die Sache auch nicht besser. Himmel und Meer waren einheitlich dunkelgrau. Die Öltanker und Containerschiffe, die draußen auf der Reede darauf warteten, gelöscht zu werden, wirkten gespenstisch verlassen. Dennoch war Daisy froh, die Stadt kennen gelernt zu haben.
Als sie um zwölf in die Anwaltskanzlei zurückkam, begrüßte die Vorzimmerdame sie mit einem herzlichen Lächeln. Mr. Briggs erwarte sie bereits, sagte sie.
»Ich habe eine Spur gefunden«, begann er, »eine Londoner Anwaltssozietät, die im Auftrag eines Hauseigentümers, von dem Ellen Räumlichkeiten mieten wollte, um eine Referenz bat. Denkbar, dass sie dieselben Anwälte hinzugezogen hat, falls sie sich später eine Immobilie gekauft haben sollte.« Mr. Briggs musste Daisy die Enttäuschung
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