Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
Tisch. »Mir wär wohler, wenn ich wüsste, dass es ihr dort gefällt, aber Helston ist ein Kaff, und ihre Mutter wird sie keine Minute in Ruhe lassen.«
Albert frühstückte, und Ellen schenkte ihm und sich eine Tasse Tee ein. Abends vermisste sie Josie am meisten, die Abende schienen so lang und einsam ohne sie zu sein. Um auf andere Gedanken zu kommen, kümmerte sie sich um den Haushalt, aber wenn sie beim Schlafengehen Josies leeres Bett sah, war ihr oft zum Weinen zu Mute.
»Glaubst du, Mum bringt sie zum Schulanfang zurück?«
Albert wischte mit einem Stück Brot über den Teller, um das Eigelb aufzunehmen. »Schätze, das kommt drauf an, wo sie mehr für sich herausschlagen kann.«
»Wie meinst du das?«
Albert schnaubte. »Vi gehört nicht zu den Leuten, denen Loyalität, Verantwortung oder meinetwegen auch Liebe irgendetwas bedeuten. Für sie zählt nur der eigene Vorteil. Das war schon immer so.«
»Aber ihr habt euch doch bestimmt geliebt, als ihr geheiratet habt«, wandte Ellen ein.
Er antwortete nicht sofort, und sie sah ihm an, wie er über die Frage nachdachte. Schließlich schaute er auf. »Du bist jetzt alt genug, um die Wahrheit zu erfahren. Sie hat nach dem Tod deiner Mutter plötzlich hier vor der Tür gestanden, weil sie ihre Chance witterte«, erklärte er bitter. »Ich hab sie kaum gekannt, sie hat im Pub in Falmouth als Bedienung gearbeitet. Sie sagte, sie mache sich Sorgen um mich, weil es doch sicher schwer wäre, ganz allein mit allem fertig zu werden.« Er nahm einen Schluck Tee. »Ich habs tatsächlich nicht geschafft – ich hab ja kaum gewusst, was für ein Tag war –, also ist sie geblieben und hat dich gefüttert und gewickelt, sich um den Haushalt gekümmert und so weiter. Dann hat sie ihre Stelle aufgegeben und ist einfach hier eingezogen.«
Ellen sah ihn erstaunt an. Da Josie nur kurze Zeit nach ihr geboren worden war, hatte sie immer angenommen, ihr Vater habe Violet aus Liebe geheiratet. »Aber warum hast du das zugelassen?«
Er verzog das Gesicht. »Falls du jemals in die Situation kommen solltest, in der ich damals war – was ich nicht hoffe –, wirst du mich verstehen. Ich war halb wahnsinnig vor Kummer und Trauer. Deine Mutter war mir das Liebste auf der Welt, weißt du? Als sie starb, war mir alles egal. Aber ich musste an dich denken. Vierzehn Monate warst du alt, du fingst gerade an zu laufen. Jemand musste sich schließlich um dich kümmern.«
»Dann ist sie meinetwegen geblieben?«
Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Das hab ich mir damals eingeredet, weil ich ihr weiß Gott keinen Grund gab zu glauben, ich wolle etwas von ihr. In Wirklichkeit war sie von Anfang an nur hinter der Farm her. Es war Frühling, als Vi zum ersten Mal herkam, verstehst du? Sie hat sich wohl umgeschaut und gesehen, wie schön es hier ist, und gedacht, das ist ein richtiger Glückstreffer. Und ich Idiot bin mit ihr ins Bett gestiegen! Ich begreif das heute selbst nicht mehr. Und prompt wird sie schwanger.«
Sich ihren Vater beim Sex vorzustellen, machte Ellen verlegen. Und da sie ihn als Mann mit moralischen Grundsätzen kannte, schockierte sie sein Bekenntnis auch. »Und dann hast du sie geheiratet.«
»Was blieb mir anderes übrig?«, gab er bedrückt zurück. »Sie hat ein Kind von mir erwartet, da konnte ich sie doch nicht auf die Straße setzen. Außerdem war ich ihr zu Dank verpflichtet, weil sie für dich gesorgt hat.«
Ellen seufzte. »O Dad.« Irgendwie fühlte sie sich ein bisschen schuldig. »Aber ich versteh immer noch nicht, was du eben sagen wolltest: ›Mehr für sich herausschlagen‹ – wie hast du das gemeint?«
»Sie rechnet wahrscheinlich damit, dass sich ihre Familie dankbar zeigt.« Er stieß ein kurzes, freudloses Lachen aus. »Alle ihre Brüder und Schwestern sind etwas geworden. Dieser Brian, der hat sein eigenes Geschäft und besitzt ein paar Häuser, und eine ihrer Schwestern ist mit einem Arzt verheiratet. Aber keiner von denen will die kranke Mutter pflegen. Schätze, da kam ihnen Vi wie gerufen. Möchte nicht wissen, was sie denen alles vorgejammert hat, von wegen, wie sehr Josie ihr fehle. Brian hat sich überreden lassen und hat sie hergefahren. Und ich hab mich von meiner schlechtesten Seite gezeigt.«
Soweit Ellen wusste, hatte Brian ihren Vater vorher nie gesehen, er musste über dessen Gewalttätigkeit also ziemlich schockiert gewesen sein. »Du denkst, sie will es auf die Mitleidstour versuchen?«
»Sie hat ihrer feinen Familie
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