Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
Drink hatten sie selbst bezahlt.
Als ihre Runde sie zum zweiten Mal ins »Lord Nelson« an der Uferstraße führte, entdeckte Josie unten am Wasser zwei Männer. Sie stieß ihre Freundin an und sagte mit Bestimmtheit: »Die da müssen wir uns vornehmen. Schau sie dir an! Sind das nicht zwei heiße Typen?«
Sie waren Mitte zwanzig und trugen beide helle Jacketts, schicke Hosen und Hemden mit aufgeknöpftem Kragen. Es war offensichtlich, dass sie weder gewöhnliche Urlauber noch Einheimische waren. Das konnte man an ihrer geschmackvollen Kleidung erkennen. Der größere der beiden hatte blondes, der andere braunes Haar, und obwohl sie es für hiesige Verhältnisse lang trugen, war es weder zottelig noch ein Beatles-Pilzkopf, wie ihn die meisten jungen Männer hier zu kopieren versuchten.
»Vielleicht spielen sie in einer Popgruppe«, nuschelte Rosemary aufgeregt. Sie blinzelte angestrengt, und Josie hoffte inständig, sie werde es nicht vermasseln. »Die werden uns nicht mögen; sie sehen wie Londoner aus.«
»Umso besser«, erwiderte Josie spitz. »Die werden uns mögen, vorausgesetzt, du kannst dich beherrschen und fängst nicht an zu kichern.«
Der Alkohol hatte sie mutig gemacht. Außerdem lief ihnen die Zeit davon, die Pubs würden bald schließen. Kurz entschlossen marschierte Josie auf die beiden Männer zu, Rosemary trottete hinterher.
»Hallo«, sagte Josie und lächelte ihr bezauberndstes Lächeln. »Wir haben euch noch nie hier gesehen. Macht ihr Urlaub in Falmouth?«
»Nein, wir sind geschäftlich hier«, antwortete der Brünette. Er lächelte, als wäre er überglücklich, dass sie ihn angesprochen hatte. »Wir haben gerade davon gesprochen, wie schön es hier ist. Und so warm, dass man sich wie in Südfrankreich fühlt.« Er sprach ohne Akzent, und seine tiefe Stimme klang wie die des Nachrichtensprechers im Radio.
»Ich bin Josie, das ist meine Freundin Rosemary.« Sie versuchte, ihren Dialekt nach Kräften zu unterdrücken, weil sie fürchtete, er könne abstoßend wirken. »Verratet ihr uns, wie ihr heißt?«
»Ich bin Will, und das ist Colin«, erwiderte der Brünette. »Gibts hier einen Nachtclub oder so was, wo man später noch hingehen kann?«
Josie blickte sich Hilfe suchend zu Rosemary um, doch die stand nur da und starrte die beiden Männer ausdruckslos an. Josie entschied sich für die Wahrheit. »Tut mir Leid, aber ich kenn mich hier nicht so gut aus, weil ich abends nicht oft hierher komme. Ich wohne ziemlich weit außerhalb.«
Will lächelte, und Josie wusste sofort, ihre Ehrlichkeit imponierte ihm.
»Dann bist du also ein Mädchen vom Land.« Er machte einen Schritt auf sie zu. »Was machen Mädchen vom Land denn so, wenn sie sich mit einem Jungen verabreden?«
So ehrlich, dass sie ihm eingestanden hätte, sie habe noch nie eine richtige Verabredung gehabt – einmal abgesehen von einer kleinen Romanze als Vierzehnjährige mit einem Jungen aus Helston, der sie zu Fisch und Pommes frites eingeladen und sie auf seinem Motorroller mitgenommen hatte –, so ehrlich war sie nun auch wieder nicht.
»An einem warmen Abend wie diesem kann man zum Beispiel spazieren gehen«, erklärte sie mit verführerischem Augenaufschlag.
In diesem Moment gab Rosemary ein merkwürdiges Geräusch von sich. Josie drehte sich um und sah sie in Richtung Kai stolpern, eine Hand auf den Mund gepresst.
»O nein!« Josie schnappte vor Entsetzen hörbar nach Luft. »Bloß das nicht!«
Doch komischerweise mussten die beiden Männer lachen. Will klopfte ihr leicht auf die Schulter. »Ich glaub nicht, dass deine Freundin Lust auf einen Mondscheinspaziergang hat.«
Josie wäre am liebsten im Erdboden versunken. Was sollten die beiden nur denken? Und nicht nur sie: Es waren noch eine Menge Leute auf der Uferstraße unterwegs. Ihre Verlegenheit wuchs, als Rosemary laute würgende Geräusche von sich gab. Wäre es ihr möglich gewesen, nach Hause zu gelangen, wäre sie wie der Blitz losgerannt.
»Nimms nicht so schwer«, meinte Will und berührte ihren Arm. »Was glaubst du, wie oft das schon einem meiner Freunde passiert ist und wie oft ich derjenige war, der gekotzt hat! Das ist nicht schlimm, Josie, das gehört dazu.«
Ihr Gesicht brannte, und sie ließ den Kopf hängen. »Ich werde sie wohl besser nach Hause bringen«, bemerkte sie leise. »Tut mir echt Leid, dass ihr das mit ansehen musstet.«
»In welche Richtung müsst ihr?«
»Zum Hafen runter. Ihre Eltern haben dort eine Pension.«
»Dann werden
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