Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
heute Abend mit dir nach London fahren, wenn du willst«, platzte sie heraus.
Anstatt einen Rückzieher zu machen, wie sie fast befürchtet hatte, lachte er und erwiderte: »Und was würde Rosemary dazu sagen? Ich hab gedacht, ihr beide wollt das Wochenende zusammen verbringen. Du kannst sie doch nicht so vor den Kopf stoßen.«
Josie lachte erleichtert. Selbst in dieser heiklen Situation bewies er Stil. »Sie würde es verstehen. Ich will schon so lange nach London, und sie kann erst in einem Jahr von hier fort. Ich hänge sowieso nur hier rum. In London könnte ich mir eine richtige Arbeit suchen. Wenn du mich mitnehmen und bei dir wohnen lassen könntest, bis ich was Eigenes gefunden habe – das wäre wirklich toll.«
Er warf ihr einen betretenen Blick zu, und ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er, als er seine Einladung ausgesprochen hatte, an ein paar Tage und nicht an einen Dauerzustand gedacht hatte. »Und deine Eltern? Du kannst doch nicht einfach ohne ein Wort abhauen.«
»Das hatte ich auch nicht vor«, log sie. »Ich wollte es Rosemary erzählen, wenn wir wieder bei ihr sind, und dann nach Hause fahren, um Mum und Dad Bescheid zu geben. Wir könnten uns später treffen.«
Er runzelte die Stirn. »Ist das alles nicht ein bisschen überstürzt?«
Josie zuckte mit den Schultern. »Als ich dich gestern Abend angesprochen habe, war das auch ein bisschen überstürzt. Trotzdem war es eine gute Idee, oder? Du hast selbst gesagt, es gibt in London jede Menge Jobs für ein Mädchen wie mich. Aber wenn es dir natürlich zu viele Umstände macht ...« Sie beendete den Satz nicht.
Er seufzte. »Darum gehts nicht, Josie. Ich nehme dich schon mit. Ich hab einfach nicht damit gerechnet. Außerdem bin ich beruflich viel unterwegs, du wärst also ganz auf dich allein gestellt. Na ja, und in meiner Wohnung sieht es ein bisschen wie auf einer Müllhalde aus.«
»Dann räum ich eben auf.« Sie grinste, beugte sich vor und gab ihm einen Kuss. »Das Alleinsein macht mir nichts aus. Ich bin auf einer abgelegenen Farm aufgewachsen, wie du weißt. Du wirst dich wundern, wie fleißig ich bin.«
Er wirkte immer noch skeptisch. »Ist es dir wirklich ernst damit?«
»Und ob! Wenn es nicht funktioniert, setz ich mich in den nächsten Zug nach Hause.« Wieder grinste sie. »Du brauchst keine Angst zu haben, dass ich dir zur Last falle, Will. Ich bitte dich nur darum, mich mitzunehmen und bei dir schlafen zu lassen, bis ich eine Unterkunft gefunden habe.«
Der sorgenvolle Ausdruck wich aus seinem Blick, und sie wusste, sie hatte das Richtige gesagt.
»Also gut.« Er nickte. »Meinetwegen.«
»Sprich bitte nicht mit Colin darüber, wenn Rosemary dabei ist«, bat sie. Sie ergriff seine Hand und drückte sie. »Sonst will sie womöglich mitkommen. Sie ist da manchmal ein bisschen komisch, und spätestens morgen bereut sie es dann. Ich brings ihr bei, wenn ich mit ihr allein bin.«
Er nickte wieder. Josie hatte das Gefühl, er war froh darüber. Zwischen Rosemary und Colin hatte es nämlich nicht gefunkt. Anscheinend hatten sie sich nichts zu sagen, und Colin schien sogar ein wenig ärgerlich zu sein, weil sie in einem fort kicherte.
»Wir treffen uns um neun am Hotel. Aber sei pünktlich, sonst fahren wir ohne dich!«, warnte er.
»Ich werde da sein«, versprach sie lächelnd. Darauf konnte er Gift nehmen.
Um halb neun lungerte Josie in einer Seitengasse unweit des Hotels herum. Sie wollte vermeiden, dass jemand sie sah, denn ihr war die Ungeheuerlichkeit ihrer Handlungsweise wohl bewusst.
Sie hatte Rosemary belogen, denn sie wollte vermeiden, dass ihre Freundin versuchte, ihr ihren Plan auszureden. Außerdem sollte niemand erfahren, dass sie sich zwei Männern anschloss, die sie nicht einmal vierundzwanzig Stunden kannte.
Josie schämte sich ein bisschen für das falsche Spiel, das sie mit Rosemary getrieben hatte. Auf dem Heimweg hatte sie sich ganz normal benommen, mit ihr geplaudert, über Will und Colin gescherzt und über die Tanzveranstaltung gesprochen, die sie am Abend besuchen wollten. Kaum waren sie in ihrem Zimmer, fing Josie an zu schauspielern. Sie habe so ein sonderbares Gefühl, behauptete sie, als wäre zu Hause etwas passiert. Vielleicht sollte sie besser nachsehen.
Rosemary redete so lange beschwichtigend auf sie ein, bis Josie sich schließlich zum Schein überzeugen ließ. Sie stieg in die Badewanne und wusch sich die Haare. Doch als sie sich wieder anzog, sagte sie, das merkwürdige
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