Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
unschuldig ist, hoffe ich, daß Sie das beweisen können. Doch richten Sie ihr von mir aus, daß Annamarie ebenfalls ein Leben wie im Gefängnis geführt hat. Vielleicht hat sie es sich selbst auferlegt, doch sie trug genauso schwer an ihrer
Last. Vorhin haben Sie mich gefragt, vor wem sie Angst hatte. Sie haben recht, es war sicher nicht Molly Lasch. Meiner Ansicht nach hat sie sich vor Dr. Peter Black gefürchtet.«
69
C al, was ist los mit dir? Den ganzen Tag blaffst du mich nur an. Und dabei habe ich nichts weiter verbrochen, als dir vorzuschlagen, ein paar Tage zum Golfen zu fahren und auszuspannen.«
»Jenna, du bräuchtest nur die Tageszeitungen zu lesen, in denen ausführlich über den Tod dieser Krankenschwester und Mollys Verhaftung berichtet wird, um meine schlechte Laune zu verstehen. Offenbar ist dir nicht klar, meine Liebe, daß uns ein Vermögen durch die Lappen geht, wenn American National sich die Gesundheitsdienste unter den Nagel reißt und dann eine feindliche Übernahme von Remington vorbereitet. Wir beide wissen, daß du mich geheiratet hast, weil ich dir etwas bieten kann. Oder bist du bereit, auf deinen Luxus zu verzichten?«
»Ich bin jedenfalls bereit, einzusehen, daß ich mir besser nicht einen Tag freigenommen hätte«, zischte Jenna. Schon am Frühstückstisch war Cal äußerst schlecht gelaunt gewesen, weshalb sie ihm ins Arbeitszimmer gefolgt war.
»Warum besuchst du nicht deine Freundin Molly?« meinte er. »Sie läßt sich bestimmt gern von dir trösten.«
»Steht es wirklich so schlimm, Cal?« fragte Jenna leise. »Ich sage dir das jetzt nicht als Ehefrau, sondern als Mitstreiterin: Ich kenne dich und weiß, daß du auch die aussichtsloseste Situation zu deinem Vorteil wenden kannst.«
Calvin Whitehall lachte höhnisch auf. »Danke, Jenna, sehr aufmunternd. Aber vermutlich hast du recht.«
»Ich wollte tatsächlich zu Molly fahren. Am Mittwoch abend habe ich mir ernstlich Sorgen um sie gemacht. Sie war schrecklich niedergeschlagen. Und als ich gestern nach Mrs. Barrys Kündigung mit ihr sprach, schien sie sich immer noch nicht von dem Schock erholt zu haben.«
»Das hast du mir bereits erzählt.«
»Schon gut. Und ich weiß, daß du mit Mrs. Barry einer Meinung bist. Du wärst auch nicht gern allein mit Molly.«
»Ganz richtig.«
»Cal, Mrs. Barry hat Molly etwa zwanzig Schlaftabletten gegeben, die eigentlich ihrem Sohn verschrieben worden sind. Ich befürchte, sie könnte in ihrem momentanen depressiven Zustand …«
»Selbstmord begehen? Eine ausgezeichnete Idee. Ihr Arzt würde Luftsprünge machen.« Cal sah an Jenna vorbei. »Alles in Ordnung, Rita, Sie können mir jetzt die Post bringen.«
Als das Hausmädchen ins Zimmer kam, küßte Jenna ihren Mann auf den Scheitel. »Cal, reiß darüber bitte keine Witze. Ich glaube wirklich, daß Molly an Selbstmord denkt. Du hast sie doch letztens selbst gehört.«
»Meine Meinung steht fest. Sie würde sich mit dieser Entscheidung einen großen Gefallen tun und anderen Leuten eine Menge Arbeit abnehmen.«
70
A ls es Sturm klingelte, wußte Marta Jones sofort, daß es nur Wally sein konnte. Sie war gerade dabei gewesen, im oberen Stockwerk den Wäscheschrank aufzuräumen. Mit einem schicksalsergebenen Seufzer eilte sie die Treppe hinunter. Ihre arthritischen Knie schmerzten bei jedem Schritt.
Wally hatte die Hände in den Taschen und hielt den Kopf gesenkt. »Darf ich reinkommen?« fragte er mit monotoner Stimme.
»Du weißt doch, daß ich mich immer über deinen Besuch freue.«
Er trat ein. »Ich will nicht weg.«
»Was meinst du damit, mein Junge?«
»Nach Kalifornien. Mom packt. Wir fahren morgen früh los. Ich sitze nicht gerne lang im Auto. Ich will nicht weg. Ich möchte mich nur von dir verabschieden.«
Kalifornien? fragte sich Marta. Was hatte das zu bedeuten? »Wally, bist du sicher, daß deine Mom Kalifornien gesagt hat?« erkundigte sie sich.
»Ja, ganz sicher.« Er scharrte mit den Füßen und verzog dann das Gesicht. »Ich will mich auch von Molly verabschieden. Ich möchte sie nicht stören, aber ich kann doch nicht einfach so wegfahren. Denkst du, es ist in Ordnung, wenn ich mich von ihr verabschiede?«
»Warum nicht?«
»Dann besuche ich sie heute abend«, murmelte Wally.
»Was hast du gesagt, mein Junge?«
»Ich muß jetzt los. Mom will, daß ich zu meiner Sitzung gehe.«
»Eine gute Idee. Es gefällt dir doch immer so gut dort, Wally. Hat da nicht eben deine Mutter gerufen?« Als Marta die
Weitere Kostenlose Bücher