Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
hören, die bald auf den Markt kommen sollte. Daraufhin hatte sich Simmons rasch vierzigtausend Dollar aus dem Bibliotheksfonds geborgt, weil er glaubte, sie in ein paar Tagen zurückgeben zu können. Doch dann hatte jemand seine Unterschrift gefälscht und noch einmal dreihundertsechzigtausend Dollar abgehoben, worauf Simmons sich das Leben genommen hatte. Er wußte, niemand hätte ihm geglaubt, wenn er die erste Unterschlagung zugab, die zweite hingegen abstritt.
Damals war Cal ganz besonders großzügig gewesen. Lou hatte die vierzigtausend Dollar, die Simmons ihm förmlich aufgedrängt hatte, behalten dürfen. Und auch die wertlosen Aktienzertifikate, die Simmons leichtgläubig auf Lous Namen hatte eintragen lassen.
»Angesichts der Vergangenheit ist es nur recht und billig, daß ich Fran Simmons anrufe, Sir«, meinte Lou zu seinem ehemaligen Mitschüler. »Ich freue mich schon darauf.«
73
S ofort nach ihrem Besuch im Krankenhaus rief Fran bei Molly an. »Ich muß dich dringend sehen«, sagte sie.
»Ich bin zu Hause«, erwiderte Molly. »Komm nur vorbei. Jenna ist auch hier, aber sie muß bald gehen.«
»Hoffentlich treffe ich sie noch an. Ich versuche schon seit Tagen, einen Termin mit ihr und ihrem Mann zu vereinbaren. In ein paar Minuten bin ich bei euch.«
Ich bin spät dran, dachte Fran, als sie auf die Uhr sah. In einer halben Stunde würde sie nach New York zurückfahren müssen. Aber ich will mich selbst vergewissern, wie es Molly geht. Gewiß hat man sie davon unterrichtet, daß der Bewährungsausschuß am Montag zu einer Sondersitzung zusammentritt. Sie überlegte, daß sie Molly nicht nach den Hintergründen der Geschäftspartnerschaft zwischen Gary Lasch und Peter Black fragen konnte, solange Jenna da war. Sie würde es sicher ihrem Mann weitererzählen. Allerdings war zu vermuten, daß Molly ihrer besten Freundin Jenna ohnehin von ihren Gesprächen mit Fran berichtete.
Um zehn vor drei kam Fran bei Molly an. Vor dem Haus parkte ein Mercedes-Cabriolet, sicher Jennas Wagen.
Ich habe sie jahrelang nicht gesehen, dachte Fran. Ob sie wohl noch so eine Schönheit ist wie damals? Kurz fühlte sie sich wieder so unterlegen wie während ihrer Schulzeit in Greenwich.
An der Cranden Academy war es ein offenes Geheimnis, daß Jennas Familie kein Geld hatte. »Mein Ururgroßvater hat jede Menge Kies verdient, und seine Nachkommen haben alles verpraßt«, pflegte Jenna zu witzeln. Doch es bestand kein Zweifel daran, daß sie aus guter Familie stammte. Wie Mollys Vorfahren waren auch die von Jenna englische Siedler, die sich gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts in der Neuen Welt niedergelassen hatten. Sie waren als wohlhabende Abgesandte der Krone nach Amerika
gekommen, anders als die meisten, die mittellos eintrafen, um hier ihr Glück zu suchen.
Molly öffnete die Tür, als Fran die Auffahrt entlangging. Offenbar hatte sie Ausschau nach ihr gehalten. Erschrocken stellte Fran fest, daß Molly leichenblaß war und dunkle Ringe unter den Augen hatte. »Klassentreffen«, verkündete sie. »Jenna hat extra auf dich gewartet.«
Jenna sah im Arbeitszimmer einen Stapel Fotos durch. Bei Frans Anblick sprang sie auf. »Wir werden uns wiedersehen«, jubelte sie, lief Fran entgegen und umarmte sie.
»Erinnere mich nur nicht an meinen dämlichen Artikel in der Schülerzeitung«, flehte Fran und schnitt eine übertrieben angewiderte Grimasse. Sie trat einen Schritt zurück. »Komm schon, Jenna, wann wirst du endlich alt und häßlich?«
Jenna sah wirklich atemberaubend aus. Ihr dunkelbraunes Haar reichte bis knapp zum Jackenkragen, ihre großen haselnußbraunen Augen leuchteten, und ihr schlanker Körper bewegte sich mit lässiger Anmut, so als ob ihre Schönheit und die Komplimente, die sie dafür erhielt, etwas ganz Alltägliches wären.
Einen Moment fühlte sich Fran, als wäre die Uhr zurückgedreht worden. Am meisten Zeit hatte sie mit Molly und Jenna bei der Arbeit am Jahrbuch verbracht. Und heute erinnerte sie der Raum mit seinen Papierstapeln, Akten und herumliegenden Fotos und Zeitschriftenstößen an das Zimmer, in dem sie damals über ihrem Werk gebrütet hatten.
»Wir waren heute sehr fleißig«, verkündete Molly. »Jenna ist um zehn gekommen und hat bis jetzt pausenlos geschuftet. Wir haben den gesamten Inhalt von Garys Schreibtisch und seinen Bücherregalen durchgeackert und jede Menge weggeworfen.«
»Es war zwar nicht besonders lustig, aber zum Amüsieren haben wir auch noch später Zeit,
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