Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
erbleichte. »Dann schlage ich vor, daß du dir etwas einfallen läßt, um sie auf eine falsche Fährte zu locken«, entgegnete er ruhig. »Du bist am Zug. Und ich rate dir, auf der Hut zu sein. Ich muß dich ja nicht daran erinnern, was uns beiden sonst blüht.«
Ärgerlich schleuderte er seine Akten auf den Schreibtisch. »Das hier sind alles Leute, die uns wegen eines Kunstfehlers verklagen wollen.«
»Mach sie fertig.«
»Das habe ich auch vor.«
Als Cal Whitehall seinen Geschäftspartner musterte, bemerkte er, daß dessen Hand leicht zitterte. Auf Peter Blacks Wangen und Kinn waren geplatzte Äderchen zu sehen. »Wir müssen diese Reporterin aufhalten und verhindern, daß Molly Annamarie ausfindig macht«, sagte er angewidert. »Du solltest dir mal wieder einen Drink gönnen.«
17
F ran wußte sofort, daß Tim Mason über ihre Vergangenheit im Bilde war. Ich sollte mich besser daran gewöhnen, dachte sie. Diese Reaktion werde ich in Greenwich wohl noch öfter erleben. Schließlich brauchen die Leute nur zwei und zwei zusammenzuzählen. Fran Simmons? Moment mal. Simmons? Dann ein fragender Blick. Warum kommt mir der Name bloß so bekannt vor? Ach, natürlich. Ihr Vater war doch der Mann, der …
Da sie in dieser Nacht unruhig geschlafen hatte, kam sie am nächsten Morgen ziemlich müde ins Büro. Auf ihrem Schreibtisch erwartete sie eine Nachricht, die sie sofort an ihre Alpträume erinnerte. Sie stammte von Molly Lasch. Molly nannte ihr da den Namen des Psychiaters, der sie
während des Prozesses behandelt hatte: »Ich habe Dr. Daniels angerufen. Er arbeitet zwar nicht mehr täglich, aber er würde sich gern mit dir unterhalten. Seine Praxis ist in der Greenwich Avenue.«
Dr. Daniels, Mollys Anwalt Philip Matthews, Dr. Peter Black, Calvin und Jenna Whitehall und die Haushälterin Edna Barry, die Molly wieder eingestellt hatte. Das waren die Leute, mit denen Fran Mollys Ansicht nach zuerst sprechen sollte. Doch Fran hatte auch noch andere Kandidaten auf ihrer Liste. Zum Beispiel Annamarie Scalli.
Sie betrachtete den Zettel mit Mollys Nachricht. Ich fange bei Dr. Daniels an, beschloß sie.
Da Molly sich bereits mit Dr. Daniels in Verbindung gesetzt hatte, erwartete er Frans Anruf. Er war sofort mit einem Treffen noch am selben Nachmittag einverstanden. Obwohl er vor kurzem seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag gefeiert hatte, brachte er es trotz aller Überredungsversuche seiner Frau einfach nicht über sich, seine Praxis endgültig zu schließen. Immerhin gab es noch viele Menschen, die ihn brauchten und denen er helfen konnte.
Molly Carpenter Lasch gehörte zu den wenigen Patienten, bei denen er das Gefühl hatte, versagt zu haben. Er kannte Molly seit ihrer Kindheit und hatte oft mit ihren Eltern im Club gegessen. Molly war ein hübsches kleines Mädchen gewesen, stets höflich und für ihr Alter ungewöhnlich reif. Nichts in ihrem Verhalten und in den Ergebnissen der unzähligen Tests, die er nach ihrer Verhaftung durchgeführt hatte, wies darauf hin, daß sie gewalttätig war und den Tod ihres Mannes verschuldet hatte.
Ruthie Roitenberg, seine Sprechstundenhilfe, war nun schon seit fünfundzwanzig Jahren bei ihm und scheute sich wie viele langjährige Mitarbeiter nicht, ihre Meinung
offen zu äußern oder Klatsch weiterzuverbreiten. »Herr, Doktor, wissen Sie, wer ihr Vater war?« fragte sie, nachdem er ihr erzählt hatte, daß er um zwei Uhr Fran Simmons erwartete.
»Sollte ich das denn wissen?« entgegnete Daniels wohlwollend.
»Erinnern Sie sich noch an den Mann, der das Geld aus dem Bibliotheksfonds gestohlen und sich dann erschossen hat? Fran Simmons ist seine Tochter und war eine Mitschülerin von Molly Carpenter.«
John Daniels ließ sich sein Erstaunen nicht anmerken. Er erinnerte sich noch sehr gut an Frank Simmons, denn er hatte selbst zehntausend Dollar an die Bibliothek gespendet. Wie sich herausstellte, hätte er das Geld, dank Mr. Simmons, genausogut zum Fenster hinauswerfen können. »Molly hat es nicht erwähnt. Vermutlich hielt sie es für unwichtig.«
Mrs. Roitenberg ging nicht weiter auf den sanften Tadel ein. »Ich würde an Miss Simmons’ Stelle meinen Namen ändern«, sagte sie. »Und wenn Molly schlau wäre, würde sie dasselbe tun, wegziehen und noch einmal von vorne anfangen. Wissen Sie, Herr Doktor, die meisten hier fänden es am besten, wenn sie den Mord an dem armen Mann bereuen würde, anstatt die ganze Angelegenheit noch einmal breitzutreten.«
»Und wenn
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