Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
Jenna bestritt den Großteil der Unterhaltung und erzählte ihrer Freundin, welche Pläne sie für sie hatte. Zuerst sollte Molly nach New York kommen, einige Tage in Jennas Wohnung verbringen, sich neue Kleider kaufen und sich in dem neuen Schönheitssalon, den Jenna entdeckt hatte, von Kopf bis Fuß aufmöbeln lassen. »Haare, Gesicht, Nägel, Körper, na, alles eben«, verkündete Jenna triumphierend. »Ich habe bereits Urlaub genommen, damit ich mehr Zeit für dich habe.« Sie grinste Molly an. »Sei ehrlich, ich sehe doch spitze aus.«
»Dein Schönheitssalon sollte dich als Model unter Vertrag nehmen«, stimmte Molly zu. »Ich komme bestimmt bald auf dein Angebot zurück. Aber im Augenblick lieber nicht.«
Sie stellte ihre Espressotasse ab. »Jen, Fran Simmons war heute bei mir. Sicher erinnerst du dich noch an sie. Sie war mit uns an der Schule.«
»Ihr Vater hat sich doch erschossen, oder? Er hatte Geld aus dem Bibliotheksfonds unterschlagen.«
»Genau. Inzwischen ist sie Reporterin und arbeitet bei NAF-TV. Sie möchte für Wahre Verbrechen eine Sendung über Garys Tod machen.«
Jenna Whitehall verhehlte ihre Mißbilligung nicht. »Oh, nein, Molly!«
Molly zuckte die Achseln. »Ich habe nicht damit gerechnet, daß du das gutheißt. Und für das, was ich dir jetzt sage, wirst du sicher auch kein Verständnis haben, Jenna. Ich muß mit Annamarie Scalli sprechen. Weißt du, wo sie ist?«
»Du bist ja vollkommen übergeschnappt, Molly! Was in Gottes Namen willst du von dieser Frau? Beim bloßen Gedanken …« Jennas Stimme erstarb.
»Beim bloßen Gedanken, daß mein Mann vielleicht heute noch am Leben wäre, wenn sie sich nicht an ihn rangemacht hätte? Meinst du das? Eigentlich hast du recht, aber ich muß mit ihr reden. Wohnt sie noch in Greenwich?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo sie steckt. Soweit ich weiß, hat sie von Gary eine Abfindung kassiert und die Stadt verlassen. Seitdem hat niemand mehr von ihr gehört. Sie wurde beim Prozeß nicht als Zeugin aufgerufen, aber das war nach deiner Abmachung mit der Staatsanwaltschaft ja auch überflüssig.«
»Jen, ich möchte, daß du Cal bittest, seine Leute auf sie anzusetzen. Wir beide wissen, daß Cal immer eine Lösung findet und die richtigen Kontakte hat.«
Obwohl die beiden Freundinnen sonst immer über Cals angebliche Allmacht ihre Witze machten, blieb Jenna diesmal ernst.
»Lieber nicht«, sagte sie. Ihre Stimme klang plötzlich gepreßt.
Molly glaubte, den Grund für Jennas Zögern zu kennen. »Weißt du, Jenna, ich habe für Garys Tod gebüßt, ohne daß meine Schuld je eindeutig geklärt wurde. Deshalb habe ich auch das Recht zu erfahren, was in jener Nacht wirklich geschehen ist. Ich muß wissen, warum ich so gehandelt und reagiert habe. Vielleicht gelingt es mir dann, mich wieder zu fangen und ein einigermaßen normales Leben zu führen.«
Molly stand auf und ging in die Küche, um die Morgenzeitung zu holen. »Möglicherweise hast du sie schon gelesen. Und solche Berichte werden mich für den Rest meiner Tage verfolgen.«
»Ja, ich habe sie gelesen.« Jenna schob die Zeitung beiseite und nahm Mollys Hand. »Molly, eine Klinik kann ebenso wie ein Mensch wegen eines Skandals ihren guten Ruf verlieren. Die Geschichten über Garys Tod und seine Affäre mit einer jungen Krankenschwester haben der
Lasch-Klinik bereits schwer geschadet. Doch das Krankenhaus leistet viel für die Gemeinschaft, und der Remington-Gesundheitsdienst floriert, obwohl die meisten anderen Gesundheitsdienste in großen Schwierigkeiten stecken. Du würdest dir selbst und der Klinik einen großen Gefallen tun, wenn du Fran Simmons zurückpfeifst und deinen Plan, mit Annamarie Scalli zu sprechen, aufgibst.«
Molly schüttelte den Kopf.
»Überleg doch mal, Molly«, drängte Jenna. »Du weißt, daß ich immer zu dir halten würde. Warum nimmst du nicht den Vorschlag an, den ich dir vorhin gemacht habe?«
»Wir fahren in die Stadt, und ich lasse mich ordentlich verwöhnen. Richtig?«
Jenna lächelte. »Da kannst du Gift drauf nehmen.« Sie stand auf. »Ich muß jetzt los. Cal sucht mich sicher schon.«
Arm in Arm gingen sie zur Tür. Jenna, die schon die Hand auf der Klinke hatte, sagte: »Manchmal wünschte ich, wir könnten wieder zurück zur Schule und noch einmal von vorne anfangen, Moll. Damals war das Leben so einfach. Cal ist anders als du und ich. Er spielt nicht nach denselben Regeln. Und jeden, der ihn finanziell schädigt, betrachtet er als
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