Wenn Zaertlichkeit dein Herz beruehrt
gab ihm die Sporen. Wenn er sie erwischte, würde er ihr den hübschen Hals umdrehen, aber sie war ihm weit voraus - dank Caesar. Warum musste der Gaul ausgerechnet sie in den Sattel lassen, obwohl er normalerweise jeden zerriss, der dies versuchte? Chris war wütend - nicht so sehr, weil sie sein Pferd genommen, sondern weil sie es nicht für nötig gehalten hatte, sich von ihm zu verabschieden.
Er hatte Angst, dass sie seinetwegen fortgeritten war.
Als er eine Hügelkuppe erreichte, zügelte er das Pferd und suchte das Gelände mit seinen Blicken ab. Die tief stehende Sonne blendete ihn, sodass er die Augen zusammenkneifen musste. Es ging auf den Abend zu, und er war schon seit Stunden hinter ihr her. Was kein Problem war, denn sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihre Fährte zu verwischen. Er spornte das Tier wieder an und hielt auf den nächsten Hügel zu, in Richtung Eisenbahn, die ein paar Meilen entfernt durch das dahinter hegende Tal führte. Das Tier atmete schwer, als es versuchte, den Hang zu bewältigen. Wenn er dem Pferd nicht bald ein wenig Ruhe gönnte, würde er es noch umbringen, und als sie endlich die Kuppe erreicht hatten, saß er ab und führte das Tier am Zügel.
Er öffnete seine Feldflasche und trank einen Schluck, dann gab er auch dem Pferd Wasser. Während er die Flasche wieder zuschraubte, entdeckte er plötzlich Caesar, der im Schatten eines verkrüppelten Baumes friedlich graste.
Chris wirbelte herum und hielt Ausschau nach Victoria.
Doch er befand sich ganz allein hier oben.
Er eilte zu seinem Hengst hinüber. Caesars Vorderbeine waren nicht zusammengebunden, die Zügel hingen herab. Hatte sie den Hengst hier zurückgelassen, in der Hoffnung, dass er allein nach Hause zurückfinden würde? Bedeutete das, dass sie den Zug nehmen wollte? Wie aufs Stichwort hörte er in diesem Augenblick das Pfeifen der Lokomotive, das von den Talwänden widerhallte. Chris eilte zum Rand des Abhangs. Dampf quoll aus dem Schornstein, ein paar Reisende standen noch auf dem Bahnsteig. Und plötzlich sah er auch Victoria. Oder besser, ihre Stiefel. Sie lag auf dem Boden, die Ellbogen aufgestützt, und schaute durch ein Fernglas hinab ins Tal. Zumindest sah es aus wie ein Fernglas, war aber kleiner. Sie hatte Jakes Maske abgelegt, und sie trug auch keine andere Verkleidung. Bedeutete das, dass sie ihre Beute gestellt hatte? Wollte sie ihn mit einer Kugel erledigen, oder gedachte sie, ihn lebend der Gerechtigkeit zuzuführen? Unvermittelt erhob sie sich und drehte sich um, doch dann hielt sie mitten in der Bewegung inne. Sie hatte Chris erblickt.
Victoria konnte ihm ansehen, dass er gekränkt war, doch sie versuchte diesen Ausdruck in seinen Augen zu ignorieren. Sie ging um Chris herum zu Caesar, steckte ihr Fernglas in ihren Rucksack und wollte aufsitzen, doch Chris schlang einen Arm um ihre Taille und zog sie zurück.
Victoria versuchte sich zu befreien. »Lass mich los, Chris«, sagte sie. »Und misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein.«
Doch er verstärkte seinen Griff, sodass sie kaum noch Luft bekam, und erklärte ihr, dass alles, was sie beträfe, auch seine Angelegenheit wäre. Sie trat ihm auf den Fuß. Er stöhnte auf, hielt sie aber nur umso fester. Victoria ließ ihren Körper schlaff werden, rutschte tiefer und rammte ihm ihren Ellbogen in den Magen. Chris klappte zusammen, und sie trat ihm in die Kniekehle. Er prallte hart auf den Boden, aber Victoria fiel mit ihm. Sie lag auf ihm und hielt seinen Körper mit ihrem gefangen. Aber noch immer ließ er sie nicht los. Victoria drückte ihm ihren Daumen zwischen die Rippen, dass ihm die Luft wegblieb. Schmerz schoss seinen Arm hinauf und lähmte ihn, als sie ihm das Handgelenk umdrehte.
»Verdammt, Victoria!« Er versuchte eine andere Lage zu finden, um den Druck zu mildern.
»Gib auf, Chris!« Sie rollte sich von ihm und wollte aufstehen. »Ich muss zum Zug hinunter!«
Der Zug würde jeden Moment losfahren und - und Ivy League von hier wegbringen. Er war wieder auf Beutezug. Das hatte sie deutlich an dem selbstzufriedenen Ausdruck in seinen Augen erkannt. Er hatte sein ahnungsloses Opfer längst ausgewählt und umgarnt.
Chris packte sie am Knöchel und zog sie zurück.
In Panik trat sie nach ihm. »Lass mich!«
Er machte einen Satz und warf sich über sie. »Erst, wenn du mir sagst, was du hier draußen machst!«
»Ich bin Kopfgeldjäger!«, erinnerte sie ihn. »Und ich bin meiner Beute auf der Spur!«
Sie krallte die Hände
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