Wenn Zaertlichkeit dein Herz beruehrt
tippte. »Auf Wiedersehen, Madam!« Er zwinkerte ihr zu, dann wandte er sich wieder um, schüttelte Becket die Hand und trat nach draußen.
»Sie haben einen Wunsch, Sir?« Sie hoffte,. dass ihre geschäftsmäßige Art jeden Verdacht zerstreute, den er hätte haben können.
Er sah sich in der Waschküche um, Abscheu im Blick. »Es betrifft Ihre Kleidung.«
»Ja, Sir?«, sagte sie ausdruckslos.
»Ich habe es mir anders überlegt.« Victoria verzog keine Miene. »Da Sie tagsüber sowieso niemand Wichtiges sieht, habe ich beschlossen, mir die Kosten zu sparen. Ihr Aussehen ist einen solchen Aufwand nicht wert.«
Ihre stolze Haltung zeigte, dass sie nicht beleidigt war. Jemand wie Clara nahm Zurückweisungen nicht mehr übel. »Wie Sie möchten, Sir.«
Er ging, bevor sie den Satz zu Ende gesprochen hatte.
Also keine neuen Kleider. Gut. Victoria wäre ohnehin lieber barfuß über Glasscherben gelaufen, als etwas zu tragen, was er bezahlt hatte. Während sie weiter ihre Arbeit erledigte, überlegte sie, ob er wohl knapp bei Kasse war. Dann fiel ihr wieder jenes Gespräch ein, das sie als Jake mit Vel geführt hatte. Er hatte vor, Vel den Saloon zu verkaufen.
Wollte er von hier fort, weil er ein neues Opfer gefunden hatte?
Hewlett-Packard
18
Nachdenklich nagte Victoria an der Unterlippe. Irgendetwas Wichtiges steht in diesem Buch, überlegte sie. Jenes Tagebuch oder was auch immer, in das Ivy League etwas geschrieben hatte, als sie sein Arbeitszimmer betreten hatte. Sie musste wissen, was darin stand, vielleicht konnte sie sogar Aufnahmen davon machen. Sie versuchte sich zu erinnern, ob sich unter den Sachen, die sie am Abend von Coles Tod in den R ucksack gepackt hatte, auch die Mikrokamera befand, die sie zu benutzen pflegte. In meiner Zeit, fügte sie in Gedanken hinzu.
»Mit dir ist heute Abend aber auch nicht viel los«, sagte jemand zu ihr, und Victoria blickte auf, momentan verwirrt. Es dauerte einen Augenblick, bis sie sich wieder zurechtfand, denn ihre Gedanken waren in schmerzhaften Erinnerungen gefangengewesen. Sie betrachtete die Frauen, denen sie Gesell scha ft leistete und die verführerisch in Seide und Spitzen gehüllt waren.
Victoria lächelte entschuldigend. »Hab wohl ein bisschen geträumt, fürchte ich.« Sie zuckte mit den Schultern und trank einen Schluck aus dem Becher, den sie in den Händen hielt. Unwillkürlich verzog sie das Gesicht. »Mein Gott, schmeckt der scheußlich!« Sie stand auf, ging zum Fenster hinüber und kippte den Kaffee nach draußen. Ein Mann schrie auf, schimpfte und fluchte, und Victoria schaute verlegen drein.
Die anderen Frauen lachten, und Victoria stimmte schließlich in ihr Lachen mit ein. Es befreite von den Spannungen des Tages. Die Frauen bildeten eine kleine verschworene Gemeinschaft, doch sie, Victoria, war von ihnen akzeptiert worden und gehörte nun dazu, obwohl ihre Tätigkeit eine ganz andere war. Diese nächtlichen Treffen waren eine feste Gewohnheit. Sie unterhielten sich, plauderten Geheimnisse aus, ob ihre Kunden unfähig oder besonders begabt waren. Manchmal erwähnten die Frauen auch Gewalttätigkeiten.
Für Victoria waren diese Gespräche etwas ganz Neues. Diese Huren kannten alles, was die Beziehung zwischen Mann und Frau betraf. Ihr jetziges Leben verlief ohne größere Probleme, und Victoria versuchte sich an jene Zeiten zu erinnern, die schon so lange zurücklagen - als sie wenig Sorgen und keinen Schmerz gekannt hatte. Und ihre Weiblichkeit nicht zu verbergen brauchte.
»Ich hatte heute einen von der ganz schnellen Sorte«, erzählte eine schlanke Blondine. Sie stand auf, nahm sich ein Praline und steckte es in den Mund. »Der Kerl dachte, er sei der Größte und könnte mit Sporen und seinem Hut auf dem Kopf in mein Bett kommen - das Dumme war nur, bei ihm war schon alles vorbei, bevor ich ihn bedienen konnte.«
Die Frauen lachten, dann meldete sich ein anderes Mädchen. »Meine behandeln mich alle, als sei ich aus Porzellan«, meinte sie.
»Weil du so aussiehst, als könntest du jeden Moment zerbrechen«, erwiderte Victoria. Das Mädchen konnte höchstens sechzehn sein.
»Ich wünschte, meine Kunden würden mich so behandeln«, meinte Vel und reckte sich genüsslich. »Ich kriege immer nur die ganz wilden Kerle. Manchmal bin ich richtig fertig.«
»Hast du heute wieder was bekommen?«, wollte eine der Frauen wissen. Victoria schaute die Sprecherin an, eine dralle Rothaarige.
»Was bekommst du denn?«, wollte Victoria von Vel
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