Wenn Zauberhaende mich beruehren
erwiderte sie und bemühte sich, überzeugend zu klingen. »Sie gehören Leonie.«
»Und wem gehören Sie, Kady?«
»Mir selbst«, sagte sie. »Nur mir selbst.« Und selbst für sie hörte sich das sehr einsam an.
Er schwieg sehr lange. »Die Küche in Connecticut liegt im ältesten Teil des Hauses«, sagte er dann übergangslos, »und neben ihr gibt es ein hübsches kleines Studio, dessen Fenster auf einen ummauerten Gemüse- und Kräutergarten hinausführen. An der Südwand wachsen Wein und Spalier-Aprikosen. Seit Jahren hat sich niemand mehr um den Garten gekümmert, aber mit ein wenig Anstrengung könnte er zu neuem Leben erwachen. Zwei Wände des Studios verfügen über Kieferholzregale, auf denen wahrscheinlich tausend oder mehr Bücher Platz finden könnten, Kochbücher unter Umständen. Wie ich schon sagte, wurde die Küche nie modernisiert, und es gibt eine Speisekammer, einen Anrichteraum sowie einen dritten Raum mit dicken Backsteinwänden. Wir wissen nicht, wofür dieser dritte Raum genutzt wurde, aber...«
»Als Kühlreservoir.«
»Als was?«
»Das ist ein Kühlreservoir, um Fleisch frisch zu halten. Gibt es im Fußboden einen Abfluß?«
»Ja, gibt es. Und darunter...«
»Gibt es eine Art Brunnen«, sagte sie fast sehnsüchtig. »Sein Wasser hält den Raum kühl.«
»Leonie möchte die Nebenräume einreißen lassen und das Ganze in eine große, moderne Küche verwandeln, mit Spiegelglasschränken, Chromleisten und...«
»Nein!« entfuhr es Kady spontan. »Das dürfen Sie nicht tun. Diese kleinen Nebengelasse haben ihre Aufgaben und ...« Sie holte tief Luft. »Aber das geht mich natürlich nichts an.« Erneut atmete sie tief durch. »Und was hat sie mit dem umfriedeten Garten vor?«
»Sie plant einen Whirlpool. Sie will Findlinge anfahren lassen. Offenbar schwebt ihr eine Art natürlicher Quelle vor.«
»Aprikosenbäume sind natürlich.«
»Die Bäume müssen selbstverständlich gefällt werden. Leonie meint, ihre Blätter verstopfen nur die Filter.«
Kady lag auf dem Rücken, sah dem Flammenspiel von Licht und Schatten an der Decke zu und dachte daran, wieviel Schönes da vernichtet werden würde.
»Was ist Ysop?« fragte Tarik plötzlich.
»Ein Gewürzkraut. Man würzt damit Fisch, und es wird auch zur Herstellung von Chartreuse verwendet. Warum?«
»Jemand sagte, so etwas wüchse in dem Garten, aber es brachte Leonie zum Niesen, daher haben wir es entfernt. Wie ist es mit Ihnen?«
»Mit mir?« fragte sie verdutzt zurück.
»Bringt Sie irgend etwas zum Niesen?«
»Mit Sicherheit keine Kräuter«, entgegnete Kady verbittert. Sie wollte kein Wort über die geplante Zerstörung eines alten Gartens mehr hören. »Und jetzt würde ich gern schlafen.«
»Oh, sicher«, erwiderte Tarik, und sie hörte, wie er sich in seinem Schlafsack umdrehte. »Backsteine«, sagte er eine Minute später.
Als sie nicht reagierte, weil sie bereits zu wissen glaubte, was nun kam, fuhr er fort: »Die Mauern des Gartens bestehen aus alten Backsteinen, aber Leonie findet sie abscheulich, weil in den Ritzen Farne und Moose wachsen. Sie will sie durch eine moderne, saubere Trennmauer ersetzen lassen. Leonie liebt moderne, hochtechnisierte Dinge.«
»Genau wie Sie!«
»Sie halten mich für einen Anhänger der Moderne?«
»Sie leben in New York und Sie ...«
»Ich arbeite in New York und lebe in einem zweihundertjährigen Haus in Connecticut.«
»Und Sie ...«Aber sie verstummte, weil ihr kein Vorwurf mehr einfiel. Mit einer Ausnahme vielleicht: daß er sie zutiefst verunsicherte. In einer Sekunde machte er sich über sie lustig, aber in der nächsten kam er ihr zur Hilfe oder wusch ganz selbstverständlich das Geschirr ab. »Ich würde jetzt wirklich gern schlafen«, wiederholte sie. Selbst wenn er über so Unverfängliches sprach wie sein Haus, schien er sie aufzubringen. Aber was ging es sie an, was seine Frau mit ihrem Haus und ihrem Garten anfing? Das war nun wirklich nicht ihre Sache, oder?
»Selbstverständlich, habibi«, sagte er leise. »Und ganz wundervolle Träume.«
»Für Sie auch«, erwiderte sie und kuschelte sich in ihren Schlafsack. »Nennen Sie Leonie auch so?« fragte sie dann und hätte sich gleich darauf am liebsten die Zunge abgebissen.
Zu ihrer Überraschung lachte er nicht. »Nein. Dieser Kosename ist nur für Sie bestimmt.«
Lächelnd schlief sie ein.
Am nächsten Morgen strahlte die Sonne von einem wolkenlosen Himmel, und Kady hatte das Gefühl, klarer denken zu können. Ruth
Weitere Kostenlose Bücher