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Wenn Zauberhaende mich beruehren

Titel: Wenn Zauberhaende mich beruehren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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blond. Es hieß, er hätte die Hälfte der Frauen von Legend verführt, aber wenn das zutraf, so verhielt er sich zumindest äußerst diskret. Er war ein ruhiger, meinem Mann treu ergebener Mann, und immer zuvorkommend, immer höflich.
    Als die ersten Schüsse abgegeben wurden, hatte er sich schützend vor die Kinder geworfen und war von mehreren Kugeln getroffen worden. In sein linkes Bein, Tage später wurde ihm das Bein abgenommen, und eine Weile glaubten wir, er würde überleben, doch dann bekam er Fieber, und ich wußte, daß auch er sterben würde.«
    Ruth sah Kady mit so brennenden Augen an, als hätte auch sie Fieber. »Er war die letzte Verbindung zu meiner Familie. Und ich brauchte Lily nur anzusehen, um zu erkennen, daß es nur eine Frage der Zeit sein würde, wann auch sie starb.«
    Kady fragte sich, warum Ruth Jordan sie flehend anblickte, ganz so, als bäte sie um Verständnis. Sie streckte die Hand aus und ergriff die Finger der alten Frau.
    »Als Gamal die Arme nach mir ausstreckte, ließ ich mich hineinfallen, und wir verbrachten die Nacht zusammen«, fuhr Ruth Jordan fast trotzig fort. »Am nächsten Morgen glühte er vor Fieber und erlangte das Bewußtsein nicht wieder. Zwei Tage später war er tot.«
    Die alte Frau wandte Kady das Profil zu, als erwarte sie Kritik, aber Kady drückte nur stumm ihre Hand.
    »In dieser Nacht haben wir ein Kind gezeugt.«
    Wieder schien Ruth Jordan mit einem vernichtenden Urteil zu rechnen, aber eine Frau des 20. Jahrhunderts hat andere Einstellungen als eine aus dem 19. Jahrhundert.
    »Einen Jungen oder ein Mädchen?«
    Nur der winzige Anflug eines Lächelns zeigte, wie dankbar Ruth Jordan für Kadys Verständnis war. Sie straffte die Schultern, als wäre eine schwere Last von ihr genommen.
    »Nach den Beerdigungen brachte ich Lily nach Denver, weil ich hoffte, dort einen Arzt zu finden, der ihr helfen konnte. Keine Sekunde lang kam mir der Gedanke, ich könnte schwanger sein. Damals war ich einundvierzig Jahre alt und meine letzte Schwangerschaft zweiunddreißig Jahre her, so daß ich mich an die Symptome kaum erinnern konnte, sie sogar für Anzeichen des Klimakteriums hielt. Und so ging ich erst zum Arzt, als ich die Bewegungen des Kindes spürte. Nach dem Tod meiner Familie hatte auch ich oft daran gedacht, sterben zu wollen. Was hielt mich noch hier? Aber als ich die Praxis des Arztes verließ, war ich voller Leben. Ich hatte ganz vergessen, daß Gott nicht nur nimmt, sondern auch gibt.«
    Kady sagte noch immer nichts, denn sie wußte, daß die Geschichte noch nicht zu Ende war. Wenn Coles Großmutter ein Kind bekommen hätte und alle Beteiligten rundum glücklich geworden wären, hätte sie nicht in die Vergangenheit zurückkehren müssen.
    »Ich habe viele Fehler in meinem Leben begangen«, sagte Ruth Jordan leise, »aber keinen bedauere ich so sehr wie den, den ich machte, nachdem ich erfuhr, daß ich ein Kind bekommen würde.«
    Sie drückte Kadys Hand so fest, daß diese fast vor Schmerz aufgeschrien hätte. »Nach dem Tod meiner Familie war ich wie gelähmt. Es war mir gleichgültig, ob ich lebte oder starb. Ich verspürte nichts mehr, keinen Haß, keine Liebe und ganz bestimmt kein Rachebedürfnis.«
    Nachdem sie Kadys Hand wieder losgelassen hatte, starrte Ruth Jordan blicklos in die Dunkelheit. Der Mond ging auf, es wurde spät, aber Kady hatte sich noch nie in ihrem Leben so hellwach gefühlt.
    »Aber als ich erfuhr, daß in mir ein Leben heranwuchs, beherrschte mich nur ein Gedanke: Ich mußte dieses Kind beschützen. Ganz gleich, was es mich an Geld, Blut und Tränen kosten würde, ich mußte dieses Kind vor jedem Schaden bewahren. Zunächst einmal verwandelte ich mein Haus in Denver in eine Festung. Kein Gefängnis war je so abgesichert wie mein Haus und mein Garten. Bewaffnete Posten mit Hunden patrouillierten Tag und Nacht über meinen Besitz. Nicht einmal Lieferanten durften das Gelände betreten, ohne zuvor gründlich durchsucht zu werden.«
    Wieder machte Ruth Jordan eine kurze Pause, und als sie fortfuhr, hörte sich ihre Stimme fast gelassen an. »Es ist so viele Jahre später schwer zu erklären, warum mein Haß diese Richtung nahm. Wahrscheinlich hätte ich die Verbrecher hassen sollen, die die Bank ausraubten, doch so war es nicht. Sie hatten nie einen Schuß in der Stadt abgegeben. Nein, es waren die übereifrigen Bewohner von Legend, die das Feuer eröffneten. Alle von ihnen besaßen Waffen, die Hälfte von ihnen hatte sie noch nie

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