Wenn Zauberhaende mich beruehren
benutzt, aber an diesem Tag sahen sie ihr Silber entschwinden, also drückten sie ab. An diesem Tag töteten sie drei Kinder und drei Erwachsene in den Folgetagen. Und das alles nur, um ihr verdammtes Silber zu behalten.«
Mit brennenden Augen sah Ruth Jordan Kady an. »Können Sie meinen Haß verstehen? Ich trug ein Kind, und es konnte kein Zweifel daran bestehen, daß es für den Rest meines Lebens meine einzige Familie sein würde. Ich mußte es vor den Bewohnern von Legend schützen.«
»Und was haben Sie getan?« fragte Kady leise.
»Ich habe Legend vernichtet. Mir gehörte der gesamte Ort, da mein Mann und mein Sohn jeden Quadratzentimeter Land besaßen - in der Hoffnung, hier ein Utopia schaffen zu können. Ich ließ die Minen sprengen und Wachtposten mit Hunden durch die leere Stadt patrouillieren. Ich erlaubte nicht einmal einem durchreisenden Vagabunden, seinen Fuß in den Ort zu setzen.«
»Und was ist aus den Menschen geworden, die in Legend gelebt haben?«
Ruth Jordan sah zum Mond auf und ließ sich Zeit mit der Antwort. »Sie haben den Ort natürlich verlassen und haßten mich bald so, wie ich sie haßte. Oh, nicht die Saloonbesitzer, die Mädchen oder die Minenarbeiter. Die konnten überall neue Beschäftigung finden, aber mein Mann und mein Sohn hatten sich sehr darum bemüht, auch Familien nach Legend zu holen. Sie legten Gärten an, hielten ihre Häuser in Ordnung und versuchten, für sich und ihre Kinder ein wirkliches Zuhause zu schaffen.«
Kady saß in der stillen Dunkelheit und versuchte sich vorzustellen, welche erbitterte Wut Ruth Jordans Maßnahmen hervorgerufen haben mußten. Irgendwie kam es ihr so vor wie eine kleinere Version der Vertreibung der Cherokees.
»In diesem Winter gab es eine Choleraepidemie«, fuhr Ruth fort, »und viele der ehemaligen Bewohner von Legend starben, darunter auch einige von Coles Freunden. Die Eltern schickten mir Fotos ihrer toten Kinder. Sie ... verfluchten mich. Eine Frau spuckte vor mir aus. Sie wünschte, daß mein toter Enkel mich für immer verfolge. Und daß mein kleiner Sohn mich haßte.«
Gänsehaut überlief Kadys Arme. Sie war nicht katholisch, empfand aber unwillkürlich den Wunsch, sich zu bekreuzigen.
»Und es ist wahr geworden«, sagte Ruth Jordan. »Cole geht in seiner Stadt um und sehnt sich verzweifelt danach, erwachsen zu werden, zu lieben und Kinder zu bekommen. Und mein Sohn ...«
Kady sah sie fragend an.
»Als er sechzehn Jahre alt war, sprang er über den Zaun und verschwand. In seinem Abschiedsbrief warf er mir vor, mein Haß auf Legend sei größer als meine
Liebe zu ihm. Zunächst war ich außer mir vor Zorn und gab, wie üblich, Legend die Schuld, mir erneut einen geliebten Menschen genommen zu haben. Aber im Laufe der Zeit begann ich zu erkennen, daß mein Sohn recht hatte. Ich selbst hatte mich um mein letztes Kind gebracht. Dafür konnte ich niemanden sonst verantwortlich machen.«
»Haben Sie jemals wieder von ihm gehört?« fragte Kady.
»Ja. Jahrelang hörte ich nichts, aber vor sechs Monaten schrieb er mir einen Brief. Er lebt in New York. Er will keine Hilfe von mir, er wünscht keinen Kontakt. Er ist...«
»Verbittert«, sagte Kady und versuchte, sich ein Kind vorzustellen, dem durch eine von Haß verzehrte Frau jede Verbindung zur Umwelt versagt wurde.
»Ja«, sagte Ruth Jordan. »Mein Sohn ist sehr verbittert.«
Als Ruth Jordan sie ansah, wußte Kady bereits, was sie sagen würde. Aber das wollte sie unter keinen Umständen hören. Ruth Jordan wollte sie um ihre Hilfe bitten. Bei der Versöhnung mit den Menschen von Legend und ihrem zornigen jungen Sohn. Sie hob die Hand.
»Ich denke, ich sollte Ihnen ein wenig mehr von mir erzählen. Ich wollte nicht hierher kommen. Ich will nicht hier sein. Und ich werde in meine eigene Welt und zu dem Mann, den ich liebe, zurückkehren. Sofort.«
So, dachte sie. Jetzt ist es heraus. Sie warf die Decke von den Schultern, stand auf und begann auf der Veranda auf und ab zu gehen. Sie versuchte, sich Grego-ry und das Onions vorzustellen. Sie wollte sich an eine Welt mit Autos, Düsenflugzeugen und Datenverarbeitung erinnern. Verglichen mit Blutrache, Verwünschungen und Geistern kamen ihr im Augenblick selbst Atomwaffen relativ sicher vor.
Während all dieser Ereignisse hatte sie nie begriffen, warum ausgerechnet sie für diese Zeitreise ausgewählt worden war, und nun mußte sie auch noch erfahren, daß sie mit einem Mann zusammengewesen war, der nicht lange genug gelebt
Weitere Kostenlose Bücher