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Wer aaahh sagt...

Wer aaahh sagt...

Titel: Wer aaahh sagt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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tiefgefrorenen Embryo?« fragte Mrs. Cluff zögernd.
    Ich war nicht in der Stimmung, einen Vortrag über die Fruchtbarkeit zu halten. Ich erklärte kurz: »Die weibliche Eizelle wird mit einem Instrument, das wie ein Apfelpflücker aussieht, entnommen und dann in einem Reagenzglas mit dem Sperma des Ehemannes vermischt, wodurch ein Embryo entsteht. Dieser kann in flüssigem Stickstoff eingefroren und im entscheidenden Augenblick in die Gebärmutter eingesetzt werden. Ein schwieriger Eingriff, und es ist schwierig, einen Arzt dafür zu finden, außerdem haben einige Moralapostel etwas dagegen.
    »Klingt ein wenig gruselig«, sagte sie unbehaglich.
    Die beiden sahen einander an.
    »Herr Doktor, könnten Sie eine von diesen Leihmütteragenturen für uns kontaktieren?« fragte Mr. Cluff.
    Ich schlug mit der Hand auf den Tisch. »Ganz bestimmt nicht. Diese Agenturen sind absolut unmoralisch, wenn nicht sogar kriminell. Sie sind vom Parlament gesetzlich verboten worden und anständig gesinnten Menschen ein Dorn im Augen. Sie werden das doch sicher im Fernsehen gesehen haben?«
    Sie seufzte. »Wir wünschen uns so sehr ein Kind.«
    »Das wünschen sich alle normalen Menschen«, erklärte ich schroff. »Aber viele Moralapostel haben das vergessen, weil sie selbst mit genügend Kindern gesegnet sind. Allerdings können Leihmütter gegen Bezahlung eine Menge beängstigender Komplikationen verursachen. Es ist jedoch nichts gegen eine private Abmachung mit Ihren Schwestern, Cousinen und noch fruchtbaren Tanten einzuwenden.«
    Das Paar verabschiedete sich, unentschlossen und unglücklich. Ich schämte mich, daß ich so barsch und gleichgültig gewesen war. Ich tröstete mich, indem ich mir sagte, daß die schädlichste Auswirkung bei diesem fashionablen genetischen Pfusch eine weitverbreitete Überspanntheit war.
    An diesem Nachmittag saß ich in Mrs. Huntington-Hartleys hellem, mit Blumen überfüllten Büro im St. Ethelnoth-Hospiz, das aus drei umgebauten und miteinander verbundenen, geräumigen viktorianischen Villen bestand und im selben Teil Churchfords lag wie unser Haus.
    »Wir blicken dem Tod offen ins Gesicht«, klärte Mrs. Huntington-Hartley mich auf.
    Ich nickte feierlich.
    »Der Tod ist eine traurige Angelegenheit, Doktor Gordon. Im täglichen Leben wird nie offen und ungeniert darüber gesprochen. Er ist das letzte Tabu in einer Zeit, die sich so viel darauf eingebildet, die Konventionen abgeschüttelt zu haben. Jeder von uns kann hier so frei über den Tod reden, wie man draußen über Sex spricht.«
    »Und beides findet im Bett statt«, bemerkte ich. Sie sah mich von der Seite an.
    »Wir in St. Ethelnoth sind kreativ, was den Tod betrifft«, fuhr sie eisig fort. »Wir verabreichen beispielsweise die schmerzstillenden Mittel immer in derselben Menge Flüssigkeit, so daß die Patienten nicht merken, wann wir die Dosis erhöhen.«
    Ich nickte bewundernd.
    »Es ist das Ziel meines Lebens, daß jeder glücklich stirbt.«
    Ich nickte höflich.
    Im Gegensatz zu meinen Patienten konnten sich die ihren nie hinterher über die Behandlung beschweren.
    »Ihr Mr. Flintiron -«, begann sie.
    »Ein trauriger Fall!«
    Sie preßte die Lippen zusammen.
    »Er ist ein sehr schwieriger Patient. Aber er ist ja auch Australier«, fügte sie nachsichtig hinzu.
    Jeff Flintiron war ein Junggeselle mittleren Alters, der das Wagnis unternommen hatte, ins Mutterland zurückzukehren, und der wie Mr. Rupert Murdoch und Mr. Barry Humphries hier ein Vermögen verdient hatte. Er stellte Haustiernahrung her. Obwohl sich Jeff so gut wie nicht um den Inhalt seiner Konserven scherte, übten sie eine so starke und geheimnisvolle Anziehungskraft aus wie Homers Lotus.
    Je länger Jeff in England blieb, desto australischer wurde er. Das Känguruh war seine heilige Kuh, der Bumerang sein Excalibur und Baumwolle sein goldenes Vlies; ähnlich wie es sicherlich keine britischeren Briten als die Briten in Indien gab.
    Ich fragte Mrs. Huntington-Hartley, wie Jeff sich denn eingelebt hätte.
    Sie zog eine Karteikarte zu Rate. »Stimmung neun«, sagte sie mißbilligend. »Das ist der tiefste Punkt auf der Skala. Wir geben unseren Patienten jede Woche eine Note auf der Trübsinns-Skala, auf einer anderen wird der Grad ihrer Aggressivität vermerkt. Sterben macht einige äußerst wütend. Ich bedaure, daß Mr. Flintiron die glückliche, familiäre Atmosphäre stört, die ich hier anstrebe. Sie finden ihn in der Abteilung Gänseblümchen.«
    Sie stand von ihrem

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