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Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben

Titel: Wer abnimmt, hat mehr Platz im Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stelter
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Angelegenheit sein kann.
    Mein dicker Zeh hatte innerhalb der letzten guten Viertelstunde die Farbe einer Pelikan-Schulfüllerpatrone angenommen.
    Ich brachte den Auftritt irgendwie hinter mich, schrieb noch Autogramme im Foyer, und dann ging es nach Hause. Auf der Bühne stand ich alleine, aber auf der Heimfahrt hatten wir Arbeitsteilung. Jürgen fuhr, und ich stöhnte.
    Ich öffnete unsere Haustür, humpelte ins Wohnzimmer, rechte Socke und Joggingschuh in der Hand. Ich zog noch die schwarze Jeans aus, damit die Ehefrau auch das geschundene linke Schienbein sehen konnte. Ich bin ein Mann, ich wollte jetzt ordentlich Mitleid. Aber Annes Reaktion ging in eine völlig ungeahnte Richtung: »Damit kannst du auf keinen Fall nach Rom.«
    »Ich könnte Sandalen anziehen.«
    »Männer tragen keine Sandalen. Sandalen sind nur in einem einzigen Fall erlaubt: wenn dein Vater Gott ist. Ist er aber nicht.«
    Ich entgegnete: »Wir haben nur diese vier freien Tage. Die Flüge sind gebucht, das Hotel ist reserviert. Wenn wir morgen früh nicht fliegen, weil mein Zeh blau ist, dann könnte ich vielleicht übermorgen grünes Licht geben, und wir ärgern uns schwarz.« Sie ließ sich tatsächlich überzeugen.
    Wir flogen, und ich humpelte durch Rom. Das Hotel war toll, das Wetter für die Jahreszeit großartig.
    An Sport war nicht zu denken. Im Hotel gab es ein Laufband, aber ich hätte keine drei Schritte ausgehalten. Umso mehr musste ich mich bei der guten italienischen Küche zurückhalten. Am ersten Abend aßen wir im Hotel, und wir aßen vorzüglich. Ich verzichtete auf Brot, auf Pasta, auf Wein, aber es war ein Geschmackserlebnis.
    Am nächsten Tag hatten wir unsere Führung durch Rom. Unsere deutschsprachige Stadtführerin Brigitte war schnell, ich hinkte so gut es ging hinter ihr her, von der Spanischen Treppe zum Trevi-Brunnen, vom Colosseum zum Forum Romanum, über alle sieben Hügel und quer durch den Vatikan.
    Am Abend gingen Anne und ich ins »Venerina al Mascherino«, ein Restaurant ganz in der Nähe des Petersdoms. Hier hatte schon der Papst gegessen, als er noch ein schlichter Kardinal war. Wir betraten die Osteria, richteten ein schönes Salute von Brigitte an Domenico aus und wurden mit großer Begeisterung begrüßt. Wir verzichteten wie immer auf Brot, Pasta und Vino, und trotzdem war es unglaublich lecker. Der Koch konnte auf seine Küche fast so stolz sein wie ich auf mein Durchhaltevermögen.
    Dritter Tag: Bummeln auf eigene Faust. Wenn man für die doppelstöckigen Stadtrundfahrt-Cabriobusse eine Tageskarte kauft, dann gilt da das »Hop-on-hop-off«-System. Das bedeutet, dass man den ganzen Tag über an jeder Haltestelle vom Bus hüpfen und eine halbe Stunde später wieder aufspringen kann. Das Hüpfen und Springen war bei mir natürlich nicht wörtlich zu nehmen. Am Abend folgte dann der Höhepunkt der Reise: unser Besuch im Ristorante »La Pergola«.
    Das »La Pergola« ist ein ganz besonderes Restaurant, hoch über der Stadt gelegen, auf dem Monte Mario. Man hat einen fantastischen Blick über das nächtliche Rom. Aber das war nicht das Besondere am »La Pergola«. Das Restaurant gehört zu den besten in ganz Rom, und Rom ist die Hauptstadt des Landes von Ossobuco und Saltimbocca, der Heimat von Brunello und Barolo. Jetzt kommt die Überraschung: Der Küchenchef ist (Achtung!) ein Deutscher: Heinz Beck.
    Kaum hatten wir Platz genommen, stand auch schon die Kellnerin mit den Backwaren vor uns. Mir lag der Satz »Bitte kein Brot!« schon auf der Zunge, aber dann stellte uns die Dame jede der achtzehn Brotsorten einzeln vor und offerierte dann sieben kleine Glasschälchen mit unterschiedlichem Salz: blaues Salz aus dem Iran, norwegisches Räuchersalz, schwarzes Vulkansalz aus Hawaii …
    Anne schaute mich an, lächelte, griff sich ein Stück frisch gebackenes Brot und sagte: »Ich glaube, man hat uns gezwungen.«
    Der Sommelier brachte nicht eine Weinkarte, er brachte zwei, genau genommen brachte er keine Wein karten , sondern Wein bücher , eins mit internationalen Weinen, eins mit italienschen Kreszenzen.
    Regeln wären ja völlig überflüssig, wenn es keine Ausnahmen gäbe. Ich bestellte einen Aperitif, und wir ließen uns vom Sommelier einen Rotwein aus der Region empfehlen.
    Es war ein fantastischer Abend. Ich war satt und ein bisschen beschwipst. Ich war verliebt in Anne und in Rom. Ich malte mir fröhlich einen Kringel in den Kalender.
    Auch der Tag darauf erhielt in meinem Wohlfühlwochenplan kein

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