Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall
ihn mit gebührender Vorsicht, aber auch wie jemand, der bereit war, Markbys Einschätzung der Situation anzuerkennen. Er fühlte sich angenehm bestätigt und rüffelte sich insgeheim dafür. Gut, sie war eine attraktive Frau. Aber sie steckte auch in ziemlich großen Schwierigkeiten.
»Mrs. Mitchell hat berichtet, dass Sie beide in der vergangenen Nacht vom Geräusch eines Wagens geweckt wurden. Haben Sie nach draußen gesehen?«
»Nein. Meredith war am Fenster. Ich glaube nicht, dass sie viel erkennen konnte. Ich dachte, es wären die Hippies. Sie sind immer lange aufgeblieben und haben einen ziemlichen Lärm veranstaltet. Wahrscheinlich haben alle Pot geraucht und sind um das Lagerfeuer getanzt. Und einer hat Geige gespielt und mich fast in den Wahnsinn getrieben. Die ganze Nacht hindurch irgendwelche Volksweisen.«
»Ich denke, ich hab ihn in der Stadt gehört«, murmelte Markby mitfühlend.
»Ich weiß nicht, ob ich vom Fahrzeuglärm wachgeworden bin. Ich glaube, ich hab gar nicht richtig geschlafen. Ich dachte über Dan nach. Ich weiß nicht, wie spät es war. Frühe Morgenstunden. Ein, zwei Uhr, so ungefähr jedenfalls.«
»Überlegen Sie genau. Haben Sie den Wagen einmal oder zweimal gehört?«
»Oh, nur das eine Mal. Ich hab wirklich nicht besonders darauf geachtet. Ich war viel zu sehr mit meinen kleinen, erbärmlichen Problemen beschäftigt.«
»Mr. Woollard sagt, dass seine Frau eine rachsüchtige Natur besessen hätte. Haben Sie je überlegt, dass Natalie Woollard Ihre Affäre mit ihrem Ehemann öffentlich machen könnte?« Ursula runzelte die Stirn.
»Nicht, solange sie geglaubt hat, sie könnte Dan zurückgewinnen. Wäre sie überzeugt gewesen, dass Dan nicht mehr zurückkommt, hätte sie vielleicht öffentlichen Ärger gemacht. Aber sie hat ihn zurückbekommen, oder nicht? Ich meine, er und ich, wir hatten Schluss.«
»Die Tatsache, dass Sie und Dan Woollard ›Schluss hatten‹, wie Sie es nennen, bedeutet noch nicht, dass Mrs. Woollards Gatte seine Zuneigung automatisch wieder auf seine Frau gerichtet hat!«, machte Markby deutlich.
»Und Dan Woollard scheint zu glauben, die Tatsache, dass er verheiratet war, habe Ihre Entscheidung zum Beenden der Liaison beeinflusst. Und jetzt, da er frei ist, Dr. Gretton – ändert das Ihre Gefühle für ihn?«
»Nein!« Sie sprang mit fliegenden Haaren und geballten Fäusten auf.
»Schluss heißt Schluss! Was ist nur mit euch Männern los? Ich scheine gegen Wände zu reden! Was muss ich tun? Eine Anzeige in einer Zeitung schalten? Schreiben Sie es einfach in Ihr Notizbuch oder was Sie sonst auch immer damit machen. Und wenn Sie damit fertig sind, beantworte ich jede weitere Frage, die Sie stellen. Aber ich werde nicht mehr auf meine Beziehung zu Dan Woollard antworten! Ich denke, ich habe Ihnen bereits alles gesagt, und jedes weitere Nachhaken Ihrerseits betrachte ich als offene Lüsternheit!« Markby schwieg zu ihrem Ausbruch, und nach einem Augenblick seufzte sie tief und ließ sich zurück auf die Pritsche fallen.
»Es … es tut mir leid. Sie machen nur Ihre Arbeit. Ich mache es Ihnen nicht gerade leicht, aber es ist auch für mich schwierig. Ich stehe kurz vor einem Nervenzusammenbruch! Es war nicht recht, einen Wutanfall zu bekommen, aber ich versuche auch nichts zu verbergen. Ich weiß, dass jedes schmutzige Detail meiner Affäre mit Dan jetzt an die Öffentlichkeit gerät, ganz gleich, wie peinlich und schmerzhaft das für mich ist.«
»Nicht unbedingt, Dr. Gretton«, sagte Markby leise.
»Nicht, wenn es ohne Bedeutung für unsere Untersuchungen ist. Wir müssen immer Unmengen von Informationen durchgehen, bevor wir anschließend neunzig Prozent davon wieder verwerfen. Wir sind wie Ärzte oder Priester im Beichtstuhl. Es gibt nichts, was uns überrascht, und nur wenig, von dem wir nicht schon gehört hätten.«
»Jetzt fühle ich mich aber wirklich ganz klein.« Sie setzte ein schiefes Grinsen auf.
»In Ordnung. Ich möchte eine Feststellung treffen, wie Sie es nennen, in Bezug auf meine Gefühle für Dan Woollard. Ich glaube nicht, dass er seine Frau umgebracht hat. Ich weiß, ich habe es für möglich gehalten, dass er ihr wehtut. Aber inzwischen bin ich sicher, dass er es nicht getan hat. Es beeinflusst nicht das Ende meiner Beziehung zu ihm. Unser Verhältnis ist und bleibt vorbei. Ich liebe ihn nicht mehr! Ich kann nichts dafür, wenn ich herzlos oder oberflächlich klinge, aber Menschen entlieben sich nun einmal, oder
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