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Wer anders liebt (German Edition)

Wer anders liebt (German Edition)

Titel: Wer anders liebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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Herzen gibt es ein Loch, und im Loch steht eine Kerze, die abends brennt.
    Unter dem Namen stehen einige Worte zur Erinnerung.
    ›Du warst mein kleiner Engel.
    Jetzt ist alles so still.‹
    Manchmal, wenn ich auf die Kirche zugehe, sehe ich, dass jemand an Jonas’ Grab stehen bleibt. Die Leute stehen da in einer Mischung aus Verlegenheit und Neugier. Das stört mich nicht, ich finde es schön, wenn sie dort verweilen und sich Gedanken machen, und ich warte, bis sie gegangen sind, ich will sie nicht in Verlegenheit stürzen. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Denn Jonas hat es geschafft, und da werde auch ich es schaffen, und ich weiß nicht viel über die Ewigkeit, aber vielleicht ist es schön dort. Ich rede und rede und Sie hören mir zu, mit einem respektvollen Blick. Sie denken vielleicht, dass ich gut zurechtkommen werde, weil ich Worte finde. In Wirklichkeit habe ich eine Wahnsinnsangst vor der Stille.«
    40
     
    »Hast du dir das mal überlegt«, sagte Skarre. »Wir kommen immer zu spät.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Sejer. »Zu spät?«
    »Wenn wir kommen, ist die Katastrophe schon passiert. Jemand hat die Beherrschung verloren, und das Schlimmste ist eingetreten. Wir können nicht mal die Verzweiflung lindern, ist das nicht niederschmetternd?«
    Sejer gestattete sich ein nachsichtiges Lächeln.
    »Du hättest vielleicht zur Feuerwehr gehen sollen«, sagte er. »Wenn du Leben retten willst.«
    Skarre ging ruhelos im Kreis. Beide warteten auf ein Fax, das bald die Analyse von Breins Speichelprobe offenbaren würde. Sie hatten das Labor extra bezahlt, um schnell eine Antwort zu erhalten.
    »Was machen wir mit Edwin?«, fragte Skarre. »Selbst, wenn wir jeder Vermutung zum Trotz eine perfekte Übereinstimmung kriegen, können wir Brein nicht mit Edwins Verschwinden in Verbindung bringen.«
    »Ich weiß. Das wird ein langer Winter.«
    »Ach, übrigens, das hatte ich ganz vergessen«, sagte Skarre. »Vor ein paar Tagen war ich mit ein paar Freunden im Café. Und in einer Ecke saß ein Typ, der mir bekannt vorkam.«
    »Ach?«
    »Ingemar Brenner.«
    »Der Freund von Tulla Åsalid?«
    »Der Freund von Tulla zusammen mit einem jungen Mädel. Sie war sicher zwanzig Jahre jünger als er. Blond und attraktiv und aufgebrezelt.«
    »Dann ist sicher Schluss mit Tulla«, sagte Sejer, »und er hat sich eine Neue gesucht.«
    »Oder er betrügt sie«, sagte Skarre. »Wie das so seine Art ist. Und daran mag ich überhaupt nicht denken. In Anbetracht der Lage, meine ich.«
    »Lass uns Ruhe bewahren. Vielleicht war es seine Nichte. Wir haben doch keine Ahnung.«
    »Onkel und Nichten knutschen nicht miteinander«, sagte Skarre. »Ich finde, wir sollten Tulla warnen, ich finde, das sind wir ihr schuldig. Sie braucht nicht noch mehr Unglück, als sie ohnehin schon hat.«
    »Wir sind Polizisten«, sagte Sejer. »Wir können uns nicht in das Liebesleben anderer Leute einmischen.«
    »Aber hier geht es doch nicht um Liebe«, sagte Skarre. »Er hat es auf Geld abgesehen.«
    »Vergiss jetzt bitte nicht, dass Brenner seine Strafe abgesessen hat, du musst ihm eine Chance geben.«
    Skarre schüttelte den Kopf.
    »Wenn hier jemand eine Chance verdient, ist das Tulla.«
    »Na gut«, sagte Sejer. »Ich gebe mich geschlagen. Wir müssen aber abwarten, bis sich eine unauffällige Gelegenheit ergibt.«
    Skarre ging zum Faxgerät, beugte sich darüber und starrte hinein.
    »Was machst du denn da?«
    »Ich beschwöre eine Antwort herauf«, sagte Skarre. »Wir Menschen haben eine Menge psychischer Kräfte, die wir nie anwenden. Jetzt wende ich sie an.«
    Sejer musterte ihn skeptisch.
    »Hör mal«, sagte er ruhig. »Du magst Wilfred Brein nicht. Du findest ihn einen törichten, unsympathischen Kerl, und wenn er schuldig wäre, wärst du überaus zufrieden. Elfrid Løwe könnte ein wenig Ruhe finden, und die Öffentlichkeit würde sich glücklich schätzen. Aber dass ein Mann sich der Polizei gegenüber so ablehnend verhält, macht ihn nicht schuldig. Es gibt viele, die uns nicht leiden können.«
    »Warum diese Predigt?«
    »Weil du so enttäuscht sein würdest«, sagte Sejer. »Dass er da oben gewesen ist, bringt ihn nicht mit dem Verbrechen in Verbindung. Außerdem hat er zweifellos eine schlimme Hüfte.«
    »Na gut«, sagte Skarre. »Dann hat er Jonas August eben an einem guten Tag entführt.«
    Er lief zur Tür und riss sie auf.
    »Komm«, sagte er. »Wir gehen in die Kantine.«
    Sie setzten sich an ein Fenster und tranken Mineralwasser,

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