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Wer anders liebt (German Edition)

Wer anders liebt (German Edition)

Titel: Wer anders liebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Fossum
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doch, wie Kinder starren, sie durchdringen alle Schranken. Kennen Sie dieses Gefühl?«
    »Das kenne ich«, sagte Sejer.
    »Musst du noch weit, fragte ich. Er schüttelte den Kopf. Ich wohne gleich hier oben, sagte er, oben auf dem Hügel, in dem weißen Haus mit der Veranda. Würdest du mir einen Gefallen tun, fragte ich, und ja, das wollte er gern. Ich sagte, dass der Motor bockte, und dass ich unter die Motorhaube schauen müsse. Ob er sich ins Auto setzen und Gas geben wollte. Er nickte eifrig. Er ließ den Stock fallen und setzte sich auf den Fahrersitz, er kam kaum mit den Füßen bis zu den Pedalen, aber er war stolz auf diese Aufgabe, und als er eine Weile dort gesessen und als ich festgestellt hatte, dass mit dem Motor alles in Ordnung war, bot ich an, ihn das letzte Stück zu fahren. Dann brauchst du nicht den steilen Hang hochzugehen, sagte ich. Er überlegte ein wenig, schien abzuwägen. Ich konnte sehen, wie die Ermahnungen seiner Mutter in seinem Kopf kamen und gingen, aber ich lächelte mein strahlendstes Lächeln, und da war er gleich beruhigt. Er rutschte auf den Beifahrersitz. Und dann war alles so, wie ich es mir oft erträumt hatte, allein mit einem kleinen Jungen. Es war überwältigend.«
    Brein legte eine Pause ein. Sein Blick wanderte zur Kamera an der Decke hoch, und seine Augen füllten sich mit Unwillen.
    »Ich fragte nach seinem Namen. Jonas August Løwe. Ein feiner Name für einen feinen Burschen, sagte ich. Darüber lachte er ein wenig, er war stolz auf seinen Namen, das konnte ich sehen. Ich brachte ihn dazu, sich wohlzufühlen, das glauben Sie vielleicht nicht, aber das wollte ich.«
    »Ich glaube Ihnen«, sagte Sejer.
    »Machen wir einen Ausflug, fragte ich, wollen wir mal sehen, was diese alte Karre noch kann? Ich gab mir alle Mühe, munter zu sein. Wollte das. Er hatte nichts anderes vor und ich merkte, dass er mich mochte. Kinder tun das oft, ich kann gut mit ihnen reden, sie haben dann das Gefühl, etwas wert zu sein, dieses Gefühl hatte ich als Junge nie. Bald darauf fuhren wir an seinem Haus vorbei, und er zeigte darauf. Da ist unser Haus, sagte er, da wohnen Mama und ich. Ich sagte, was für ein tolles Haus. Dann waren wir vorbei, es gab nur noch ihn und mich, und jetzt war ich nicht mehr zu bremsen. Sie hätten uns mal sehen sollen, als wir nach Granås kamen, er folgte mir wie ein kleiner Hund.«
    Brein schaute auf. Er redete sich jetzt warm und seine nervösen Kopfbewegungen wurden weniger.
    »Wir kamen ins Wohnzimmer und sofort sah er den Rollstuhl. Ja, der stammt noch von meiner Mutter, das haben Sie vielleicht begriffen, er stand einfach noch herum. Er fragte, ob er ihn ausprobieren dürfte, und das durfte er natürlich. Also rollte er durch das Wohnzimmer, und ich saß auf dem Sofa und sah zu. Er hatte richtig viel Spaß mit dem Stuhl, das können Sie sich sicher vorstellen, Kinder mögen sowas. Ich sagte, ich könne ihm beibringen, auf zwei Rädern zu balancieren, wenn er das wolle. Ich war reichlich aufgekratzt, das muss ich zugeben, ich hatte noch nie ein Kind so nah gehabt, aber ich war auch ein wenig verzweifelt. Denn ich ahnte doch, worauf das alles hinauslief, und ich hatte Angst, sie hätten uns vielleicht vom Wohnhaus aus gesehen, wissen Sie, der Bauer, von dem ich miete, oder seine Frau. Oder die Töchter, er hat vier Töchter, oder meinetwegen auch von den Polen, die in der Scheune hausen. Also wagte ich kaum zu atmen.«
    Brein strich sich die Haare aus der Stirn. Diese Bewegung hatte etwas Theatralisches, offenbar wollte er als gequälter Mann dastehen, und er ist wohl auch einer, dachte Sejer, wer in diesem Raum landet, ist ein geplagter Mensch, sie landen hier, weil jemand ihnen Unrecht getan hat.
    »Ich hatte Cola im Kühlschrank«, sagte Brein jetzt, »und er wollte gern etwas trinken. Wir saßen nebeneinander auf dem Sofa und redeten. Er antwortete auf alle Fragen mit glockenreiner Stimme, er war so schüchtern, er war so brav. Seine Oberschenkel waren so dünn, und ich sah seine runden Kniescheiben, ich dachte, die würden meine Hand genau füllen. Also hob ich die Hand und legte sie vorsichtig auf sein Knie. Und sie verstehen das vielleicht nicht, aber für mich war das ein überaus feierlicher Moment.«
    »Wie hat er reagiert?«, fragte Sejer.
    »Er saß kerzengerade da. Er sah meine Hand an, und ich sah weder Angst noch Ablehnung, ich sah nur Überraschung. Seine Haut war golden, sie war von Flaumhaaren bedeckt. Während ich so dasaß, wurde ich von

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