Wer bist du, schöne Juno
mit einem strahlenden Lächeln belohnt, das ihr den Atem verschlug. Glücklicherweise erwartete der Earl offensichtlich nicht, daß sie etwas sagte.
„Ich habe mich gefragt, ob wir für die Nacht nicht eine Herberge finden können, wo man uns nicht kennt“, begann er leichthin, da er nicht sicher war, wie die schöne Juno seinen Vorschlag aufnehmen würde.
Sie dachte über den Vorschlag nach. Eine Alternative sah sie nicht. Sie hob die Serviette an den Mund, tupfte sich die Lippen ab und richtete die Augen auf die des Earl.
„Wie sollen wir unser ramponiertes Außeres erklären sowie die Abwesenheit von Dienstboten und Gepäck?“
Kaum hatte sie die Frage gestellt, kannte sie die Antwort. Köstlich verderbt, aber das gehörte, wie sie sich vorhielt, zu diesem Abenteuer und konnte mit Nachsicht betrachtet werden.
Erfreut durch die schweigende Billigung des einzig möglichen Ausweges, entspannte sich Martin.
„Wir können dieselbe Geschichte erzählen, mit der ich den Wirt erbaut habe, nämlich, daß wir einen Unfall hatten und unsere Bediensteten mit dem Gepäck folgen.“
Noch ein wenig beunruhigt durch den Vorschlag, nickte Helen. Hatte der Earl vor zu behaupten, daß sie beide verheiratet waren?
„Was mich erinnert“, sagte er, zog den goldenen Siegelring vom Finger und ließ ihn ihr in die Hand fallen. „Es ist besser, Sie tragen den einstweilen.“
Sie betrachtete den Ring, der noch warm von seiner Haut war. Offensichtlich sollte sie den Eindruck erwecken, mit dem Earl verheiratet zu sein. Sie steckte den Ring auf den Mittelfinger der linken Hand. Zu ihrer Überraschung rief der Ring an der Stelle, wo sie vorher einen anderen getragen hatte, nicht das befürchtete Entsetzen hervor. Statt dessen wirkte sein Vorhandensein seltsam beruhigend, eine Quelle der Stärke, ein Schutzversprechen.
„Also gut“, sagte Helen und holte tief Luft. „Aber wir werden verschiedene Zimmer haben.“
Entschlossen, in diesem Punkt nicht nachzugeben, richtete sie den Blick auf das attraktive Gesicht des Earl und setzte eine hochmütige Miene auf.
„Selbstverständlich“, erwiderte er halblaut.
So war die Sache zweifellos besser. Abgesehen von allem anderen, würde er Schlaf brauchen. Er betrachtete das Gesicht der schönen Juno, und der Wunsch, ihren Namen zu erfahren, verstärkte sich. In Anbetracht des Umstandes, daß sie den Mantel ehelichen Glückes um sich zu hüllen gedachten, fand er, daß die zunehmende Vertraulichkeit die Frage nach Aufklärung rechtfertigte.
„Ich finde, meine Liebe, daß es im Hinblick auf unsere neue Beziehung angebracht wäre, Ihren Namen zu kennen.“
Versponnen in Fantasien, die sich um ihre neue Beziehung drehten, schreckte Helen zusammen. „Oh!“
Sie dachte noch einmal über die Sache nach und gestand sich im stillen die Gründe für ihre widerstrebende Haltung ein. Sie betrachtete das attraktive Gesicht des Earl, seinen bezwingenden, auf sie gerichteten Blick, und gab vor sich zu, daß sie den Drang empfand, ihm alles zu sagen, sich ihm anvertrauen.
Doch diesem Gefühl hart auf den Fersen folgte eine Vorahnung, welche Miene er ziehen würde, sobald er ihren Namen erfahren hatte. Er würde wissen, wer ihr Gatte gewesen war. Wahrscheinlich waren die beiden sich sogar einmal begegnet. Was würde er empfinden? Mitleid? Abneigung, auch wenn sie sorgfältig kaschiert wurde?
Irgend etwas zu tun, das die Vertraulichkeit, die Helen zwischen sich und ihm spürte, zerstören würde, widerstrebte ihr. Sie senkte den Blick, nahm die Serviette und glättete sie.
„Ich ... wirklich
Sie ließ den Satz unvollendet. Wie sollte sie erklären, was sie empfand?
Martin lächelte ein wenig schief. Er hätte es gern gesehen, wenn sie ihn ins Vertrauen gezogen hätte, doch dieser Punkt war es nicht wert, sie zu beunruhigen.
„Meinen Sie wirklich, Sie sollten nicht?“
Sie warf ihm einen dankbaren Blick zu.
Entschlossen, wenigstens einen Teil der Wahrheit zu gestehen, antwortete sie: „Es ist nur ... nun, das Abenteuer erscheint mir ... abgerundeter und mein Betragen mir entschuldbarer, wenn ich das Inkognito wahre.“
Breit lächelnd neigte Martin zustimmend den Kopf.
„Also gut. Aber wie soll ich Sie nennen?“
Mit einem zarten Lächeln, das einen Hauch von süßer Schüchternheit enthielt und nicht im Einklang mit ihrem Alter stand, ein Umstand, der ihr gar nicht bewußt war, sagte Helen: „Wählen Sie. Ich bin sicher, Sie können etwas Geeignetes erfinden.“
Das lächeln
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