Wer bist du, schöne Juno
und steuerte sie zum Speisezimmer.
„Sie sind unmöglich!“ sagte sie kopfschüttelnd.
Er lächelte nur.
Sie verzichtete darauf, ihm Vorwürfe zu machen.
Ihre Kapitulation erfreute ihn. Er setzte seine zahlreichen Talente dafür ein, sie abzulenken, und war bei diesem Bemühen so erfolgreich, daß sie, als er nach dem Souper wieder mit ihr in den Ballsaal zurückkehrte, ganz aus der Fassung war.
Unter den gegebenen Umständen verzichtete er darauf, sie um einen weiteren Tanz zu bitten, begnügte sich damit, ihr einen Handkuß zu geben, und überließ sie weniger gefährlichen Kavalieren.
Der Ball kennzeichnete den Anfang von Martins Kampagne. Eifrig besuchte er jede weitere festliche Veranstaltung, die von Lady Walford mit ihrer Anwesenheit beehrt wurde, und schenkte ihr so auffällig Aufmerk-samkeit, daß alle Welt seine Absichten erkennen mußte.
Es machte ihm Vergnügen, Helen zu necken, da er wußte, daß sie unter allen Leuten, die ihn beobachteten, die einzige war, die weit davon entfernt war, seine Absichten zu ahnen. Viele Leute hatten seine Vorliebe für Lady Walfords Gesellschaft bemerkt. Ehrlich gesagt, gab er keinen Deut darauf. Er beabsichtigte sogar, sehr viel weiter zu gehen und sich nicht nur mit diesem Geplänkel zu begnügen.
Alles, was er über Lady Walford erfahren hatte, bestätigte ihn in der Gewißheit, daß sie die Frau war, die er an seiner Seite haben wollte. Sie wurde akzeptiert und respektiert und zählte zweifelsfrei zur besten Gesellschaft. Ihre Reife war offenkundig. Sie hatte eindeutig die Regeln des Spieles begriffen, spielte es indes nicht selbst, soweit man wußte. Selbst gründliche Nachforschungen hatten nicht ergeben, daß sie auch nur einen Hauch von Bevorzugung für einen der zahlreichen Gentlemen zeigte, die ihre Freunde zu sein behaupteten. Sie wurde viel bewundert, von Frauen ebenso wie von Männern, und das war bemerkenswert.
Die Nachsaison hatte bereits seit einer Woche begonnen, als Martin durch sein Werben um Lady Walford zu Almack’s verschlagen wurde. Sie hielt sich in den geheiligten Hallen auf, und er war entschlossen, nicht nur sie, sondern auch diese letzte Bastion des ton zu erobern.
„Großer Gott! Sie sind es!“
Martin lächelte amüsiert, verneigte sich und erwiderte: "Ja, ich in höchsteigener Person, Lady Jersey!“
„Versprechen Sie, kein ungebührliches Aufsehen zu erregen?“
Er lachte und antwortete: „Oh, Madam! Welch unmögliche Unterstellung!“
„Also gut“, sagte Lady Jersey nachgiebig. „Ich habe Serena Monckton ohnehin nie geglaubt.“
Martin hob Lady Jerseys Hand zum Kuß an die Lippen, verneigte sich und schlenderte in den Ballsaal.
Helen bemerkte sofort, daß an der Tür eine Bewegung entstand und eine Schar von Frauen jemanden umringte. Und sie erkannte auch sogleich, wer der Mann war. Innerlich seufzend, gab sie sich alle Mühe, sich auf das Gespräch mit Bekannten zu konzentrieren. Der Earl of Merton würde von nun an vollauf damit beschäftigt sein, sich der Debütantinnen zu erwehren.
„Meine liebe, meine sehr liebe Lady Walford“, sagte er und bemühte sich gar nicht, sich die Erleichterung nicht anmerken zu lassen. „Welch Vergnügen, endlich bei Ihnen zu sein.“
Sie zuckte zusammen und drehte sich um. Sie wußte genau, wen sie sehen würde, ehe sie ihn sah. Niemandes Stimme hatte diesen Klang, der ihr die Sinne so zu betören vermochte.
„Sir.“
Atemlos stellte sie ihn den drei Damen vor, mit denen sie geplaudert hatte. Zu ihrer Überraschung versuchte er nicht, sie aus dem Kreis fortzulocken, sondern verharrte an ihrer Seite, plauderte höflich und charmier-te die Damen vollauf.
Als sie sich entfernten, um mit anderen Bekannten zu reden, ließ er die Maske höflicher Freundlichkeit fallen, die er in solchen Situationen aufzusetzen pflegte, schaute Lady Walford in die grünen Augen und sagte: „Ich versichere Ihnen, alle Mütter, die eine Tochter verheiraten wollen, haben sich verschworen, mich einzufangen. Sie stellen mir zu Hauf nach. Wenn ich mir nur eine Spur von Freiheit bewahren will, bin ich auf jede Hilfe angewiesen, die ich bekommen kann.“
„Sie können nicht einfach über diese Bestrebungen hinwegsehen“, erwiderte Helen und unterdrückte ein Kichern. „Irgendwann müssen Sie sich eine Gattin wählen.“
„Sie nehmen doch nicht ernstlich an“, fragte Martin ruhig, „daß ich eine der zimperlichen Debütantinnen heiraten könnte? Mein Geschmack ist eher auf Frauen ausgerichtet,
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