Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
behänden Sprung vom Pferd absaß und dann in die Satteltasche griff, um etwas heraus zu holen.
Als sie seinen Namen rief, hob er den Kopf und blickte über den Rücken des Pferdes hinweg in ihre Richtung. „Robert! - Hast Du Erfolg gehabt?“ fragte sie ihn mit lauter Stimme, um die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken.
Er klappte die Satteltasche wieder zu und ging um das unruhig schnaubende Pferd herum, auf Katharina zu. Seine Hände waren leer. Das, was er aus der Tasche hatte herausholen wollen, trug er nicht bei sich.
„Katharina, alles in Ordnung?“ fragte er sie.
Man sah ihm deutlich an, dass er erfreut war, sie so gesund und munter zu sehen.
„Ich genieße den Frühling“, sagte sie und gab einen zufriedenen Seufzer von sich.
Robert betrat die Laube, blieb vor ihr stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. Ein unbestimmtes Lächeln lag auf seinen Lippen. „Wie schön, dass es dir so gut geht“, stellte er fest.
„Und wie geht es dir ?“ erkundigte sie sich. „Hast du die richtigen Leute gefunden?“
„Ich habe in Teesen einen sehr guten Mann gefunden“, erzählte er ihr. „Mit einer Menge Erfahrung in der Pferdepflege und den besten Voraussetzungen. Leider musste ich ihn aus einer bereits vorhandenen Stellung abwerben und habe ein bisschen Ärger mit seinem Chef bekommen.“
Katharina blinzelte ihn an. „So, wie ich dich kenne, hast du dich durchgesetzt, nicht wahr?“
„Nun ja“, meinte er gedehnt. „Es wäre beinah zu Handgreiflichkeiten gekommen. Aber ich konnte ihn dazu überreden, davon abzusehen, mich zu erschlagen.“ Sein Lächeln vertiefte sich: „Ja. – Der Pferdepfleger wird spätestens übermorgen hier erscheinen. Und ich denke, er wird durchaus in der Lage sein, einen geeigneten jungen Burschen aus der Gegend anzulernen.“
„Also alles bestens“, schlussfolgerte Katharina aus seinen Worten.
„Was das betrifft, ja.“ Er machte einen weiteren Schritt auf sie zu und bot ihr – auf erstaunlich galante Weise – den Arm an. Katharina hatte eigentlich ein, zwei Stunden hier draußen verbringen wollen. Doch nun, da Robert wieder zurück war und offensichtlich in recht geselliger Stimmung, konnte sie ihren Gartennachmittag auch auf morgen verschieben. Etwas mühsam stand sie auf. Die Schiene an ihrem Bein hinderte sie an der freien Bewegung. Die Schmerzen im Knie waren jedoch noch zeitweise vorhanden. Sie ergriff seinen Arm und mutete ihm zu, indem sie sich auf ihn stützte, einen Großteil ihres Gewichts zu tragen, während sie gemeinsam in gemächlichem Tempo den Weg zum Haus zurücklegten.
„Es wird Zeit, die Schiene einmal abzunehmen“, meinte Robert zu ihr. „Wenn du erlaubst, werde ich dein Bein gleich ansehen.“
„Ich glaube“, meinte sie, „du machst deine Sache mindestens ebenso gut, wie der Doktor unten im Dorf. Obwohl ich mir nicht schlüssig bin, woher du das Wissen dazu hast.“
Er schüttelte den Kopf, während er sie anblickte:
„Das ist kein Wissen“, erklärte er. „Das ist Gefühl.“
Josefine, die sie wohl durch irgendein Fenster schon hatte herannahen sehen, öffnete ihnen die Tür und begrüßte ihren Arbeitgeber mit einem höflichen Knicks:
„Guten Tag, Herr Adlam.“
„‘Tag, Josefine.“
„Ich werde mich darum kümmern, dass das Pferd...“, begann das zur Haushälterin aufgestiegene Zimmermädchen, wurde aber von ihm unterbrochen.
„Danke, das mache ich später selbst. Gib dem Pferd einen Eimer frisches Wasser, das wird vorerst reichen.“
„Kann ich sonst noch was für Sie tun?“
„Bring uns bitte eine Kanne Tee nach oben ins Büro.“
Die Treppe in den ersten Stock wieder hinauf zu gelangen, stellte ein etwas größeres Problem dar, als der Weg hinunter. Das musste Katharina schon nach den ersten beiden Stufen feststellen, als ihr Knie plötzlich unerwartet heftig protestierte. Robert legte wortlos seinen Arm fest um ihre Taille und trug sie mehr hoch, als dass sie selbst ging.
In seinem Büro ließ sie sich erschöpft auf einen lederbespannten Lehnstuhl fallen und seufzte schwer. „Ich bin froh, wenn das endlich vorbei ist!“
Robert kniete sich vor sie auf den Boden und sie machte ohne zu zögern ihr Bein frei, damit er es sich ansehen konnte. Beim Abnehmen der Schiene ging er sehr viel vorsichtiger vor, als noch vor einigen Tagen beim Anlegen. Er wirkte heute sehr viel entspannter. Die Sanftheit seiner Berührungen überrascht Katharina geradezu. Ehe sie es sich versah, war die
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