Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
schaltete sich der betrunkene Bäcker wieder ein. „Meister Rudolph weiß nicht, wie er den Altar für Scarheim fertig kriegen kann, ohne seinen Gesellen. Naja, vielleicht taucht der Junge ja wieder auf!“
„Herr Adlam finanziert doch den neuen Altar für die Scarheimer Kirche“, warf Katharina ein. „Warum sollte er dem Bildhauer dann so in den Rücken fallen?“
„Vielleicht wird ihm die Sache einfach zu teuer“, erwiderte der Bäcker und lachte weinselig.
Katharina empfand diese Äußerung als blanken Unsinn. Es gab sicher andere, bessere Möglichkeiten, um, wenn es denn nötig wäre, von der Finanzierung des Altares zurückzutreten.
„Und jetzt, nachdem er den Bildhauergesellen fast erschossen und dann aus dem Ort vertrieben hat“, erzählte Mathilde in ihrer verschwörerischen Stimmlage weiter, „läuft ihm auch noch das Stallpersonal fort. Oder vielleicht ist es ja gar nicht fortgelaufen, wer weiß. Wer mit Pistolen spielt, der kann auch den ein oder anderen Treffer landen...“
„Also, bitte!“, unterbrach Katharina die alte Frau erbost. „Sie reden hier von Mord, falls Ihnen das klar ist! Sie haben nicht das Recht, so etwas zu behaupten!“
Sie spürte, dass ein Paar Hände sich auf ihre Schultern legten und hörte die beruhigende Stimme ihres Bräutigams an ihrem Ohr. „He, Liebste, du streitest doch nicht mit unseren Gästen?“
Katharina wandte sich zu ihm um und blickte in seine blauen Augen.
„Ich nehme nur einen guten Freund von mir in Schutz“, stellte sie klar.
„Um was geht es denn?“ erkundigte der Bräutigam sich und massierte leicht Katharinas Schultern.
„Es geht um Robert Adlam“, sagte Mathilde geradeheraus, mit so lauter Stimme, dass alle Umstehenden ihre Worte vernahmen und die ein oder andere neugierige Person sich ihnen zuwendete.
Der Rothans nahm die Hände von den Schultern seiner Braut und sah sie ernst an.
„Ich wusste nicht, dass er zu deinen Freunden zählt...“
„Na und? Daraus muss ich mir doch keinen Vorwurf machen lassen“, erwiderte Katharina, hielt aber dabei ihren Tonfall möglichst gesenkt, um nicht die schlechte Stimmung weiter zu provozieren.
„In Rubenfels und in Scarheim sind
Me ns c he n verschwunden “, betonte Mathilde abermals mit Nachdruck. „Und es gibt, die Kinder mitgerechnet, einen direkten Kontakt zwischen Herrn Adlam und acht der Verschwundenen.“
Katharina seufzte leise. „Frau Habers, ich glaube, dass jeder von den Menschen, die angeblich verschwunden sind, wie Sie sagen, schon einmal bei Ihnen in der Backstube war. Und deshalb behauptet doch noch lange niemand, sie hätten sie alle ermordet und in Ihr Brot eingebacken.“
Daraufhin erklang von den Umstehenden Gelächter. Nur der Rothans, Mathilde und Katharina blieben ernst. Das Gesicht der Bäckersfrau war bei der letzten Bemerkung puterrot angelaufen. Katharina empfand jedoch keinen Stolz über den Hieb, den sie ausgeteilt hatte. Im Gegenteil: Das Interesse der in der Nähe befindlichen Gäste konzentrierte sich dadurch zunehmend auf ihr Gespräch. Sie hielt es nicht für richtig, dass Mathildes Giftattacken gegen Robert ein so großes Publikum fanden.
„Katharina“, beschwichtigte ihr frischgebackener Ehemann sie. „Du musst doch sehen, dass ein großer Unterschied besteht zwischen Robert Adlam und der Familie Habers. Mathilde und Heinrich stammen aus alteingesessenen Rubenfelser Familien. Sie sind gute, katholische Leute. Und sie sind unsere Freunde. Aber so jemand wie Herr Adlam, der hat noch nie hierher gehört. Ob er sich jetzt neuerdings taufen ließ, oder nicht. Ob er diesen Altar bezahlt, oder es bleiben lässt: Er ist ein Fremder für uns. Er sondert sich ab. Weißt du, er ist nicht die Art von Mensch, die man Freund nennen kann.“
Dass ihr jetzt auch noch ihr Bräutigam in den Rücken fiel, machte Katharina mit einem Mal sehr traurig. Sie schüttelte, enttäuscht über diese Worte, den Kopf.
„Es ist so einfach, jemanden für alles Übel verantwortlich zu machen, der sowieso ein Außenseiter ist“, gab sie zu bedenken.
„Er ist nicht einfach nur ein Außenseiter, Frau Rothans“, erwiderte ihr einer der Rubenfelser Großbauern, die ganz in der Nähe standen. „Ich habe ihm noch nie getraut. Er ist wie ein dunkler Schatten, der auf unsere Stadt fällt.“
Genau das war Mathildes Stichwort, um wieder das Wort zu ergreifen. Sie fasste bei den folgenden Sätzen weiterhin die ihr gegenüber sitzende Katharina ins Auge.
„Sein
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