Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
die Nase, wissen Sie“, meinte Josefine. „Und nachfragen hat eh keinen Sinn. Also nehm’ ich mal an, dass er einen Unfall hatte, mit diesem großen, schwarzen Pferd. Er kann nämlich nie langsam reiten, und irgendwann musste da ja mal was passieren.“
Der Beamte wandte sich an Magarete. „Wissen Sie , woher seine Verletzung stammt?“
Magarete schüttelte den Kopf. „Nein, nicht genau. Aber das ist schon am Nachmittag vorher passiert, bevor die Pferdepfleger gegangen sind. Er kam so nach Hause, nachdem er ... ausgeritten war.“
„Also doch ein Reitunfall?“ hakte der Polizist nach.
„Wahrscheinlich ja“, sagte Magarete.
Josefine wusste genau, dass an dem besagten Tag der kleine Lukas verschwunden gewesen war und dass Herr Adlam ihn nach stundenlanger Suche irgendwo im Wald gefunden hatte. Genau bei dieser Suche hatte er sich verletzt, aber eindeutig noch nicht so schwer, dass ein Doktor vonnöten gewesen wäre. Sie schwieg sich jedoch über dieses Wissen aus, genau wie Magarete es ganz offensichtlich ebenfalls tat. Denn dass ihr Arbeitgeber einen Mord begangen habe sollte, konnte sie absolut nicht glauben.
„Haben Sie noch irgendwelche weiteren auffälligen Beobachtungen gemacht?“ fragte der ältere Polizist weiter, während er etwas ungeduldig mit dem Stift in seiner Hand spielte. Diese Unterhaltung schien ihm bei weitem nicht das zu bringen, was er sich erhofft hatte.
Josefine schüttelte ohne lange nachzudenken den Kopf.
„Nein, hier war sonst alles, wie immer. Und ich glaub’ auch nicht, dass Herr Adlam was dafür kann, was passiert ist. Das hat ihn schwer getroffen, dass er jetzt keine guten Pferdepfleger mehr hat. Und dass er wegen seiner Verletzung noch nicht vernünftige neue Leute besorgen konnte, ist für ihn auch schlimm. Und der Altar, darum kümmert er sich immer sehr, dass der fertig wird. Jetzt ist nur noch der Meister da, der daran arbeitet und alles dauert dann bestimmt viel länger. Sehen Sie nicht: Alles, was grad passiert, ist zum Schaden von Herrn Adlam. Er hat ‘ne echte Pechsträhne.“
Magarete schwieg. Ihr Gesicht war unverändert bleich.
„Ja, es scheint so“, bestätigte der Polizist mit ernster Stimme und starrte einen Moment lang auf seine Notizen. „Ach, bevor sich es vergesse: War Herr Adlam denn zuhause, letzte Nacht? Wissen Sie das?“
Josefine zuckte die Schultern. „Weiß ich nicht. Ich war nicht im Haus, letzte Nacht. Aber Magarete wohnt auch hier.“
Magarete schien Schwierigkeiten zu haben, ihre Stimme wiederzufinden. Sie räusperte sich nervös und brachte dann heiser hervor: „Gestern waren zwei Damen da, die ein Pferd kaufen wollten. Sie mussten hier übernachten, weil die eine junge Dame sich den Knöchel verstaucht hatte. Die Herrschaften haben zusammen in diesem Raum zu Abend gegessen, danach sind sie recht früh, so um acht, alle zu Bett gegangen.“
„Herr Adlam ist ebenfalls zu Bett gegangen?“ erkundigte sich der Polizist.
„Zuerst in sein Büro. Und später, vermute ich, ins Bett. Ich habe es aber nicht gesehen.“
„Also wissen Sie nicht, ob er die ganze Nacht über im Haus gewesen ist?“
„Nein, nicht genau. Meistens höre ich es, wenn er abends noch mal fortgeht. Ich habe mein Zimmer in der oberen Etage, gegenüber von seinem. Aber letzte Nacht habe ich nichts gehört.“
„Gut, das wäre es vorerst“, meinte der Polizist, klappte seinen Notizblock zu und stand auf. „Wenn Ihnen beiden noch irgendetwas Wichtiges einfällt, dann kommen Sie bitte zur Wache nach Rubenfels und teilen uns das mit. Ansonsten hören Sie sicher noch von uns. Rechnen Sie mit einer Vorladung.“
Magarete blieb in ihrem Sessel sitzen und starrte ins Leere. Deshalb entschied Josefine sich, die beiden Männer hinaus zu begleiten. Die Haushälterin hatte dies alles augenscheinlich ziemlich getroffen.
Als sie auf dem Flur waren, fragte Josefine Eddi: „Was ist nun mit Herrn Adlam? Wird er verhaftet?“
„Wir haben ihn angewiesen, Scarheim vorerst nicht zu verlassen“, erklärte dieser ihr. „Noch haben wir keinen Haftbefehl, aber das kann jederzeit so weit sein. Aber wir haben nicht den Eindruck, als wollte er uns weglaufen.“
„Dazu hat er auch bestimmt keinen Grund“, meinte Josefine.
Die beiden Polizisten verabschiedeten sich und das Hausmädchen schloss die Tür hinter ihnen. Magarete kam erst jetzt aus dem Empfangszimmer heraus, sie schüttelte müde den Kopf. „In einem solchen Haus kann ich doch nicht weiter bleiben“,
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