Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Fäuste vor ihr erhob. „Aber das muss aufhören, und zwar sofort ! Du tust jetzt, was ich dir sage. Du erledigst deine Pflichten, hier auf dem Hof . Und sonst hat dich nichts anderes mehr zu interessieren! Vor allem nicht dieser Mann!“
Katharina schüttelte hilflos und voller Unverständnis den Kopf, konnte aber nichts mehr sagen. Wie sollte sie auch seine schlimmen Verdächtigungen von sich weisen, wenn er auf ihr Wort nicht vertraute?
In gesenkter, aber nichtsdestotrotz vor Wut vibrierenden Tonfall wies er sie an: „Jetzt kannst du wieder zurück in den Garten gehen und dich um deine Arbeit kümmern. Und darüber nachdenken, was ich dir gesagt habe: Du bist meine Frau und deshalb habe ich das Recht, gewisse Erwartungen an dich zu stellen.“
Er nahm mit einem Griff das nasse Kopftuch vom Fenstersims und drückte es ihr derb in die Hand. Katharina hielt es in beiden Händen, zerknüllte es mit den Fingern, als er mit festen Schritten an ihr vorbei ging und das Zimmer verließ. Sie hatte am Ende ihres Gesprächs jeden Moment erwartet, seine Fäuste zu spüren zu bekommen. Zum Glück war zumindest dieser Kelch an ihr vorüber gegangen.
Gedankenverloren machte sie sich auf den Weg zurück in den Garten. Die kalten Regentropfen, die sie dort draußen begrüßten, spürte sie kaum, so in sich gekehrt war sie. Wie sollte sie bloß auf all das reagieren? Auf seine Beschimpfungen, seine Verdächtigungen, seine Bedrohungen? Würde es möglich sein, wenn später seine Wut etwas abgekühlt war, vernünftig mit ihm zu reden und ihm ihren eigenen Standpunkt in der Sache klar zu machen? Ihre Freundschaft zu Robert wollte sie keinesfalls aufgeben, auch, wenn sie sich bei ihrem letzten Gespräch nicht einig gewesen waren. Und vor allen Dingen wollte sie sich nicht von ihren Mann drangsalieren lassen und sich seiner Autorität beugen, als wäre sie sein Eigentum.
Was Robert etwas mit dieser adeligen Dame gehabt hatte, das war doch nun wirklich seine eigene Sache. Sie hatte immer geahnt, dass er auf seinen Geschäftsreisen kein zölibatäres Leben führte. Katharinas Mann war seinerseits schon über dreißig Jahre alt und erst jetzt den Bund der Ehe eingegangen. Wollte der Rothans etwa von sich behaupten, er habe bis zu ihrer gemeinsamen Hochzeitsnacht niemals eine Frau berührt? Es hatte sich jedenfalls ganz anders angefühlt, ihr Mann war ihr recht routiniert erschienen.
Katharina selbst war in der Tat jungfräulich in die Ehe gegangen. Sie hatte in der Hochzeitsnacht große Verunsicherung verspürt. Der Rothans hingegen wusste sehr genau, was zu tun war. Nach einigen ersten Schmerzen hatte er ihr wirklich schöne Gefühle bereiten können.
Eine Frau aus zweiter Hand solle sie sein, hatte ihr Mann ihr nun unterstellt? Das klang fast so, als handele es sich bei ihr nicht um einen Menschen, sondern um einen Gebrauchsgegenstand, der auf dem Markt zum Verkauf stand. War es möglich, dass sie für ihren eigenen Ehemann nichts weiter war, als eine Sache, die er erworben hatte, und die gefälligst niegelnagelneu zu sein hatte?
Katharina warf einen Blick zurück zum Haus, während der Regen langsam abflaute und für eine Weile sogar ganz aussetzte. Mit Besitztümern war der Rothans wirklich gesegnet: Das große Wohnhaus, die vielen Ställe, Felder und Wiesen. Vielleicht musste er einfach nur lernen, dass seine Ehefrau kein Bestandteil seines Besitzes war, sondern ein Mensch mit eigenen Rechten und Gefühlen. Ihr Mann musste begreifen, dass sie ihm keinesfalls Schande bereiten, sondern ihm treu zur Seite stehen wollte.
Katharina beschloss, alles daran zu setzen, ihren Ehemann wieder zu besänftigen und ihm zu zeigen, dass sie trotz allem zu ihm stand. Und irgendwie, mit etwas Zeit und Geduld, würde es ihr dann gelingen, ihm ihren Standpunkt verständlich zu machen. Sie würde sich allerdings innerlich darauf einstellen müssen, dass ihr Ziel nicht von heute auf morgen zu erreichen war. Behutsamkeit war hier vonnöten.
Katharina hatte sich schließlich darauf eingestellt, ihr Leben mit diesem Mann zu verbringen und es kam ihr nicht in den Sinn, nach so wenigen Tagen bereits zu verzweifeln.
7. Falscher Freund
------- KONRAD VON MEINERT
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Nach all dem Regen in den letzten Tagen hatten sich endlich die Wolken verzogen und gaben den Blick auf den Sternenhimmel frei. Die Luft war frisch und feucht, jeder Atemzug davon wirkte wie pure Energie. Konrad ging zu Fuß durch das lichte Waldstück am Flussufer, sein Pferd führte
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