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Wer Blut vergießt

Wer Blut vergießt

Titel: Wer Blut vergießt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Wieso?«
    »Dann bist du also ganz allein zu Hause.«
    »Ich brauche keinen Babysitter, falls du das meinst.« Andy funkelte ihn wütend an. »Ich kann schon allein auf mich aufpassen.«
    »Das kannst du sicher, so ein braver Knabe wie du.« Shaun und Joe tauschten einen verschlagenen Blick, und irgendwelche Signale gingen zwischen ihnen hin und her, die Andy nicht verstand. »Man sieht sich, braver Knabe.« Er ließ sein Skateboard hochschnellen, erteilte Joe mit einer Kopfbewegung ein stummes Kommando, und sie machten sich tuschelnd davon.
    Am nächsten Nachmittag kamen sie ohne die Skateboards auf ihn zugeschlendert, Shaun mit einer Schachtel Zigaretten in der Hand.
    »Auch eine?« Shaun schüttelte mit einigermaßen überzeugender Lässigkeit eine Zigarette heraus.
    »Nein. Meine Mutter raucht. Ich hasse es.« Der Feuertraum flackerte vor seinem inneren Auge auf, und Andy fröstelte trotz der Hitze des Nachmittags. Erst vorgestern Abend hatte er seine Mutter auf dem Sofa schlafend vorgefunden, vor ihr im Aschenbecher eine noch glimmende Zigarette. »Wo habt ihr die überhaupt her?«, fragte er. »Kaufen könnt ihr sie ja nicht.«
    »Doch, können wir.« Shaun gab Joe auch eine und steckte beide Zigaretten mit einem knallgelben Plastikfeuerzeug an. »Wir kennen da so einen Paki, der in einem von den Läden an der Parade arbeitet. Der verkauft uns alles, was wir wollen.« Andy fragte sich, wie viel Geld sie dem Verkäufer dafür unter dem Ladentisch zusteckten.
    Joe war ganz grün im Gesicht, als er an der Zigarette zog und sich große Mühe gab, nicht zu husten. Er konnte einem fast ein bisschen leidtun, aber Andy hütete sich, etwas zu sagen.
    An diesem Tag schloss die Bücherei früher, deswegen war er mit seinem Tagesplan durcheinandergekommen und merkte nun, dass er länger als beabsichtigt im Park geblieben war. Nadine würde bald zurückkommen, und er hatte eine Überraschung für sie. Er wollte sich nicht verspäten. »Ich muss jetzt los«, sagte er.
    »Triffst du dich mit wem?«, fragte Shaun. »Mit deiner Freundin vielleicht?«
    »Das würde dich wohl brennend interessieren.« Er ließ die Verschlüsse des Gitarrenkastens zuschnappen und ging davon, ziemlich zufrieden mit seiner schlagfertigen Antwort. Eingebildete Schnösel waren sie, alle beide, und sie waren die Allerletzten, denen er von seiner Freundschaft mit Nadine erzählen würde.
    Zu Hause stellte er die Höfner weg und trat hinaus in den verwilderten Garten hinter dem Haus. Letzte Woche hatte er genug Geld zusammengekratzt, um zwei Töpfe mit welken Geranien zu kaufen, die der Gemüsehändler vor seinen Laden gestellt hatte. Er hatte sie an einem sonnigen Fleckchen an der Hintertreppe aufgestellt in der Hoffnung, dass seine Mutter sie nicht bemerken würde, und sie gegossen und gedüngt, bis sie volle, purpurrote Blüten bekommen hatten.
    Jetzt zupfte er noch rasch ein letztes braunes Blatt ab und trug die Töpfe durch die Wohnung, um sie vorsichtig an den Seiten von Nadines Haustürstufen zu platzieren. Dann setzte er sich vor seine eigene Haustür und wartete.
    Bald schon kam ihr kleines Auto den Berg heraufgetuckert. Als sie ausstieg, hielt sie den Kopf gesenkt und die Schultern eingezogen. Sie sah traurig aus, und er hoffte plötzlich inbrünstig, dass seine Überraschung ihr gefallen würde.
    Als sie aufblickte und ihn sah, lächelte sie, und das Gefühl, das ihn durchströmte, war so, wie wenn die Sonne durch die Wolken bricht. »Was denn?«, sagte sie. »Keine Gitarre heute?« Dann sah sie die Blumen, und ihre Miene erstarrte. »Geranien«, flüsterte sie. »Und auch noch rote. Meine Lieblingsfarbe.« Sie begegnete seinem Blick. »Sind die für mich?«
    Er konnte nur nicken. Plötzlich bekam er Angst, auch wenn er nicht hätte sagen können, wieso.
    »Ich habe heute Geburtstag. Wusstest du das?« Sie drückte ihre Handtasche an die Brust wie einen Schild.
    Andy schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Tja, dann musst du wohl hellseherische Fähigkeiten haben. Danke, Andy Monahan.« Sie bückte sich und rieb ein dunkelgrünes Blatt zwischen den Fingern, um den würzigen Duft freizusetzen. Einen Moment lang glaubte er, sie würde anfangen zu weinen, und er war plötzlich um Worte verlegen wie an dem Tag, als er sie kennengelernt hatte.
    Dann richtete sie sich auf, schenkte ihm ein allzu strahlendes Lächeln und sagte: »Das muss doch gefeiert werden, findest du nicht? Wenn es ein bisschen abgekühlt hat, bringe ich uns Tee und Kekse raus, und

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