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Wer Boeses saet

Wer Boeses saet

Titel: Wer Boeses saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Descosse
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eine Internetuserin, die sich Natascha nennt. Mehrere Verbindungen ins Netz seit Juni 2008. Die letzte am fünfzehnten Januar 2009.«
    »Wartest du, oder soll ich’s dir später liefern?«
    »Ich warte.«
    François legte den Hörer hin und schaltete auf Lautsprecher. Ein paar klappernde Geräusche, die er in Bilder übersetzte, drangen an sein Ohr. Karim saß in seinem Sessel, die Mütze verkehrt herum auf dem Kopf und eine Stange Lakritze zwischen den Zähnen. Von der Computerbatterie, die auf dem riesigen Eisentisch aufgereiht stand, waren alle Geräte ans Internet angeschlossen. Datenreihen liefen mit Schallgeschwindigkeit über die Sechzehn-Zoll-Bildschirme. Die Finger des Hackers jagten über die Tastatur, als spielten sie eine Symphonie.
    Fünf Minuten. Länger brauchte der junge Sohn maghrebinischer Einwanderer nicht, um das Geheimnis zu lüften.
    »Yo, Mann, ich hab’s.«
    François griff wieder zum Hörer.
    »Ich höre.«
    »Es gibt mehrere IP -Adressen. Sie stammen alle aus demselben Internetcafé.«
    »Hast du die Eckdaten?«
    »Latürnich! WeBabar. Hundertacht, Rue Berger, im ersten Arrondissement.«
    »Im ersten in Paris?«
    »Im Hallen-Viertel, du Idiot. Direkt vor Le Forum des Halles.«
    Châtillon, Bagnolet – und jetzt Paris Innenstadt. Nataschas Territorium zeichnete sich allmählich deutlicher ab. Der Profiler notierte sich Name und Adresse auf einem Post-it-Zettel.
    »Kannst du mir die Liste der Verbindungen mailen?«
    »Ist schon unterwegs.«
    Bevor er auflegte, fügte François in heiterem Ton hinzu:
    »Ich dich liebe, das weißt du ja.«
    »Ach was, bloß Gefasel … Hat man dir nie gesagt, dass die Liebe sich in Taten kundtut?«
    François ging auf seine Anspielung ein.
    »Was brauchst du?«
    »Risperdal. Drei, nein vier Fläschchen.«
    »Karim …«
    »Ich mein’s ernst. Ich brauch sie. Seit ich keinen Shit mehr rauche, fühl ich mich wie eine Eule.«
    »Treib Sport, das beruhigt.«
    »Hey, mal ganz cool bleiben, ja? Die geben dir alles, was du willst. Das hast du mir selbst erzählt.«
    Der Psychoanalytiker seufzte. Er hatte Karim unterstützt, als dieser beschloss, von den Drogen loszukommen. Jetzt konnte er ihn nicht mitten im Heilungsprozess fallenlassen.
    »Einverstanden. Ein Fläschchen. Aber das ist das letzte Mal.«
    Ein Jubelschrei. Dann die übliche Lüge.
    »Das letzte Mal. Ich schwör’s, beim Leben meiner Mutter.«
    43
    »Bist du sicher?«
    Julias Stimme zitterte.
    »Ganz sicher. Ich habe direkt bei den jeweiligen Gemeindeverwaltungen nachgefragt, die erteilen die Genehmigungen.«
    Claudines Antwort war eindeutig. In den letzten beiden Jahren hatte es in der Gegend keine Veranstaltung gegeben, die auch nur entfernt etwas mit Hellseherei zu tun gehabt hätte. Auch nicht in Grenoble und in Bagnolet schon gar nicht … Sicher, in Paris hatten mehrere stattgefunden. Und aus den umliegenden Vororten konnte man schnell dorthin kommen. Das Dumme war nur: Ohne die beiden anderen Städte brach die Theorie zusammen.
    Die junge Frau fragte verzweifelt:
    »War bei den Pariser Messen eine Natascha dabei?«
    »Bleib dran. Ich schau mal nach.«
    Die Sekunden verstrichen. Passanten rempelten sie an. Ihr Herz schlug zu schnell.
    »Konnte nichts finden«, lautete Claudines Antwort. Na wunderbar …
    Julia klappte ihr Handy zu. Was ihre Kollegin herausgefunden hatte, war ein ziemlicher Schlag für sie. Natascha sagte also nicht mit einer Kristallkugel die Zukunft vorher. François würde sich über sie lustig machen. Er hatte nichts gesagt, als sie mit ihrer Theorie ankam, denn er hütete sich sehr wohl davor, daraus zu schließen, dass diese Frau bei allen Morden ihre Hände im Spiel hatte. Sie hatte darauf bestanden. Immer dieser Stolz, immer dieses Bedürfnis, ihre Kompetenz zu beweisen. Wieder einmal musste sie zugeben, dass sie sich geirrt hatte.
    Sie blieb einen Moment lang reglos mitten auf dem Trottoir stehen. Sie musste in die Gänge kommen, und zwar schnell, das Ruder wieder herumreißen. Dazu bräuchte sie eine eigene Lösung, eine, die aus ihrer Ermittlungsarbeit hervorging.
    Es gab zwei mögliche Fährten: den Satanismus und den Fotografen. Die erste Fährte war vielversprechender, aber um dieser Spur nachzugehen, müsste sie nach Grenoble zurückfahren. Zu kompliziert. Die zweite hatte den Vorteil, dass sie ihr ein paar Straßen weiter nachgehen konnte.
    Ein Fotostudio strahlte in ihrer Vorstellung den Glanz eines Rohdiamanten aus. Man begegnete dort unwirklichen Geschöpfen,

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