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Wer Boeses saet

Wer Boeses saet

Titel: Wer Boeses saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Descosse
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nicht geachtet.«
    »Name und Adresse der Discothek kann ich Ihnen allerdings jetzt schon durchgeben. Die habe ich mir gemerkt.«
    »Schießen Sie los.«
    »Le Barbelé. Quai Stéphane-Jay Nummer drei. Der Betreiber ist unseren Dienststellen gut bekannt. Antoine Théopoulos, genannt Tony, der Grieche. Zweiundvierzig Jahre alt, verurteilt wegen Zuhälterei.«
    »Hat er Verbindungen zum Milieu?«
    »Der ist nur eine kleine Nummer. Kommt aus Marseille. Hat mehrere …«
    »Danke. Ich halte Sie auf dem Laufenden.«
    Er legte auf und drehte sich zu Julia um.
    »Ein Abstecher in die Diskothek. Übernimmst du das?«
    »Ohne dich langweile ich mich da doch bloß.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher … Ich bin jedenfalls zu alt dafür.«
    »Da hast du allerdings recht. Die denken noch, ich gehe mit meinem Vater aus.«
    François musste unwillkürlich lächeln. Sie waren gerade an einem grünen Schild vorbeigefahren, das den Flughafen Grenoble-Isère ankündigte. Julia setzte den Blinker und nahm die Ausfahrt.
    51
    Le Barbelé.
    Eine einfache Tür, die in dem langen, grauen Wohnblock fast völlig unterging. Sonst weit und breit nichts. Kein Restaurant, kein Geschäft. Keine Menschenseele. Hier wirkte alles wie tot. Ein paar wenige Autos fuhren am Ufer entlang, als hätten sie es eilig, diesem Ort der Angst zu entfliehen.
    Julia hatte beschlossen, der Sache unverzüglich nachzugehen. Sie hatte keine Lust, sich schlafen zu legen, außerdem blieb dazu auch gar keine Zeit. Diskotheken hatten nachts geöffnet, nicht tagsüber, daran war nicht zu rütteln.
    Sie klingelte. Auf Gesichtshöhe ging ein kleines Gitter auf. Sie konnte schemenhaft zwei starre, eng beieinanderstehende Augen und einen gelblichen Spitzbart erkennen.
    »Privatgesellschaft.«
    Tiefe Stimme. Aggressiver Ton. Sie hielt ihren Ausweis vor das Metall.
    »Nicht für mich.«
    Der Zerberus kniff die Augen zusammen, eine Schlange kurz vorm Zubeißen. Das Geräusch eines Schlüssels. Die Tür ging auf.
    Der Eingang war eine sehr enge Angelegenheit, nicht größer als eine Duschkabine. Er führte zu einer Treppe, deren erste Stufe man nicht sehen konnte. Dicht an der Wand stand ein kleiner Tisch, auf dem ein Heft mit Eintrittskarten, eine Blechschachtel und Stempel lagen. Gedämpfte Töne, die vage an eine Melodie erinnerten, kamen aus dem Kellergeschoss.
    »Ist Tony da?«
    Der Türsteher musterte sie. Er war groß, hager und hatte kurz geschorene Haare von der Farbe alter Pisse, genau wie der Ziegenbart. Ohne ein Wort zu sagen, zeigte er auf den Treppenschacht, der im Dunkeln lag.
    Sie ging hinunter. Der Abstieg war steil, eng, es gab kaum Licht. Sie hakte die Lasche ihres Holsters auf. Zehn Meter tiefer stieß sie gegen einen dunklen Samtvorhang. Die Musik war lauter geworden, jetzt konnte sie die Läufe einer Elektrogitarre heraushören. Sie schob den Vorhang beiseite.
    Der erste Eindruck: tosender Lärm. Eine Dezibelwelle brandete ihr entgegen wie ein Tsunami. Spitze Töne zerrissen ihr schier das Trommelfell, während die Bässe alles daransetzten, ihr Herz das Fürchten zu lehren.
    Julia spannte die Muskeln an. Eine reflexartige Reaktion auf die Aggression. Gleichzeitig sezierte sie mit ihren Blicken die Umgebung.
    Die Diskothek wirkte wie eine Höhle. Ein großer Saal mit Gewölbedecke, offenbar direkt in den Stein gehauen. Der Stein war schwarz, glänzend wie eine Sternennacht. Kerzen brannten in den Nischen, eine Elfentruppe tanzte im Rhythmus der Gitarren eine Sarabande.
    Der Lärm kam von einem Podium auf der rechten Seite. Drei muskulöse Dämonen in Latexanzügen drehten und wanden sich unter einer ganzen Batterie von Scheinwerfern. Man konnte ihre Gesichter unmöglich erkennen. Sie waren von blonden Mähnen verdeckt, die bei jedem ihrer Hüftschwünge erzitterten.
    Sie hatten das Publikum im Sturm erobert. Es wand sich zuckend vor der Bühne und stimmte in das Gebrüll dieser Löwen ein. Julia musste sofort an eine Sekte denken. Die Jünger des Gottes Metal bei der Anbetung ihres Götzen … Man konnte sehen, dass es hinter den schwitzenden und von Schauern geschüttelten Tänzern im Parterre rund um eine Bar auch noch eine etwas ruhigere Zone gab.
    Julia nahm ihren ganzen Mut zusammen und stürzte sich ins Getümmel. Sich aneinanderreibende Körper, Schweiß- und Biergestank. Sie bekam Ellbogen in den Bauch gerammt. Auf diese Art von Trip hatte sie noch nie gestanden. Als sie jünger war, war sie zu ein oder zwei Konzerten gegangen. Einfach nur, um

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