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Wer Boeses saet

Wer Boeses saet

Titel: Wer Boeses saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Descosse
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schwerer fiel, sich zusammenzunehmen. Sie mussten Schluss machen, bevor das Ganze in einem Drama endete.
    »Was hast du gemacht?«
    »Ich hab ihn ins Fort hochgebracht. An dem Abend war niemand da. Ich habe mir gesagt, wenn ich ein bisschen warte, wird er vielleicht wieder genießbar.«
    Pitbulls Gefolgsmänner lachten hämisch. Ihr Grad an Niedertracht war ungeheuerlich.
    »Und dann?«
    »Nichts Großes. Ich habe versucht, ihm ein bisschen Metal zu verabreichen, damit er aus dem Koma rauskommt.«
    Der Polizist hakte vorsichtshalber nach:
    »Metal Rock?«
    »Ja … Eine gute Medizin, wenn man Tote wieder zum Leben erwecken will. Aber da war nichts zu machen. Ich hab sie mir trotzdem reingezogen.«
    Eine weitere Lachsalve. Der Profiler achtete nicht darauf.
    »Und danach?«
    »Nach was?«
    »Was ist passiert?«
    »Nach einer halben Stunde hatte ich genug. Ich habe die Flatter gemacht.«
    »Du hast ihn einfach so da liegen lassen?«
    »Hätte ich ihn etwa ins Bettchen bringen sollen?«
    Der Profiler hörte aus seinem Tonfall so etwas wie Wut heraus.
    »Scheint so, als hättest du Schiss. Ist es, weil du ihn nicht vernascht hast?«
    »Mit dem Bürgerärschchen war eh nichts anzufangen. Was für ein Glück, dass der abgekratzt ist. Sonst, das garantier ich dir, hätte der ganz schön was abgekriegt.«
    »Ach ja? Warum?«
    »Als ich wieder zurückkam, hatte der Kleine sich schon aus dem Staub gemacht. Und jetzt halt dich fest, der hat mir zwei CD s geklaut! Scheiße, die Leute haben keinen Respekt mehr …«
    Obwohl das alles grauenvoll war, musste Marchand unwillkürlich grinsen.
    »Das heißt wenigstens, dass deine Serenade ihm gefallen hat.«
    Der andere brummte:
    »Du hast gut reden … Importe von Iron Beast. Die werd ich kaum jemals wieder irgendwo finden.«
    François hörte nicht mehr richtig hin. Die Fährte, die ihn bis zu den Hausbesetzern geführt hatte, hatte eigentlich nicht viel gebracht. Außer einem Pseudo-Hell’s-Angel, der nun wirklich nichts von einem komplexen Triebtäter an sich hatte. Sein Universum war etwas zu krude, und sein Hirn dürfte die Größe seines Schwanzes haben.
    Der Pitbull hatte den Sinneswandel wahrscheinlich bemerkt.
    »Bist du fertig?«
    Der Polizist dachte nach. Pierre war auf Heavy Metal abgefahren. So sehr, dass er sogar eine CD geklaut hatte. Für einen Jungen wie ihn hatte diese aggressive Musik vielleicht eine Art Eintrittspforte in dunklere Gefilde dargestellt. Die Chance war verschwindend gering, aber vielleicht gab es in dieser Richtung was zu entdecken.
    Er antwortete:
    »Noch eine letzte Frage …«
    »Mach schnell.«
    François drehte sich zu dem Mitglied der Hell’s Angels um.
    »Hast du noch andere CD s von Iron Beast?«
    »Ein paar.«
    »Kann ich die mal sehen?«
    Der Musikfreak kramte in einem Haufen alten Zeugs herum und kam dann mit drei Alben an. Die CD -Hüllen sahen sich alle ähnlich, Zeichnungen mit Zacken und Helmen und stilisierten Totenköpfen. Sie waren wahrscheinlich eine Reproduktion und ließen auf illegale Kopien schließen. Der Kommissar griff sich aufs Geratewohl eine heraus.
    »Die hier behalte ich.«
    Der Kerl verzog das Gesicht.
    »Krieg ich jetzt ’ne Anzeige?«
    »Beweismaterial. Du kannst auf dem Kommissariat vorbeikommen, dann bekommst du eine Quittung ausgestellt. Bis dahin empfehle ich dir Mozart.«
    29
    Hôtel d’Espagne.
    Ein Dreisternehotel mit viel Charme, in der Rue Condorcet gelegen, einen Katzensprung vom Viertel des Opfers entfernt. Nach der Cité de la Villeneuve und den besetzten Häusern von Sablons hatte François das Bedürfnis nach etwas halbwegs Vertrautem.
    Es war kurz nach Mitternacht. Schummrige Lichter und trübsinnige Nischen. Obwohl die Einrichtung einen gewissen Luxus aufwies, war das Restaurant schon lange geschlossen. Der Mann an der Rezeption hatte ihnen Sandwiches angeboten, Lebensmittel in Zellophanfolie, und sie waren froh, dass es wenigstens das gab.
    Die beiden hatten zwei Zimmer gemietet, sich dann aber in dem des Kommissars getroffen. Sie saßen auf dem Bett, unter den Balken einer Mansarde, schlangen ihren Imbiss hinunter und tranken Coca-Cola dazu.
    »Nicht schlecht.«
    Julia bekam allmählich wieder Farbe ins Gesicht. Seit sie den Pitbull verlassen hatten, schien sie den Halt verloren zu haben. Die Anspannung, der Stress, der auf die Situationen zurückzuführen war, mit denen sie seit achtundvierzig Stunden konfrontiert war. Das war ihre erste Ermittlung in einem Kriminalfall. Marchand konnte das gut

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