Wer Boeses saet
gekommen. François hatte sie nicht mehr unterdrücken können.
»Oha!«, grölte der Glatzkopf. »Ich wette, die tät mich glatt beißen, die Schlampe!«
Die Bande krümmte sich immer mehr vor Lachen. Trotzdem war ihr Gelächter jetzt anders, dichter. Wie bei Kindern, wenn sie ein bisschen zu aufgedreht sind. Innerhalb einer Sekunde konnte alles kippen.
Der Pitbull hob eine Hand. Schlagartig war der Spaß vorbei. Die kleinen boshaften Augen hatten den Kommissar unverwandt angestarrt.
»Musst du dich in irgendeiner Wette beweisen oder was? Hat man dir nicht gesagt, wer ich bin?«
François antwortete nicht. Der Aasgeier war noch dazu größenwahnsinnig. Er musste jetzt erstmal sein Revier markieren.
»Nur damit du Bescheid weißt«, schrie er hysterisch. »Hier bin ich Gott. Alles hier gehört mir. Alles, verstehst du? Dieses Lager gehört mir. Alle, die hier leben, sind mein. Und die, die einfach durch die Tür reinspaziert kommen, die auch.«
Er erhob sich von seinem Sessel und trat vor den Polizisten. Er war klein und quadratisch, und es ging eine animalische Kraft von ihm aus.
»Capito, Bulle?«
Zwei, drei Sekunden lang fand das Duell nur unter den Schädeldecken der beiden Kontrahenten statt. Dann antwortete François:
»Das gefällt mir. Damit sparen wir Zeit.«
Die Reaktion überraschte den Blankschädel. Er kam noch näher, bis er François’ Atem spüren konnte.
»Spiel hier nicht den Idioten. Bulle oder nicht, das ist mir gleich. Ich habe hier dreißig menschliche Wracks an der Hand, die bereit wären, dir gegen ein Päckchen Heroin den Wanst aufzuschlitzen.«
»Daran zweifle ich nicht. Nur wäre das ein Fehler.«
»Ach ja?«
»Ja.«
»Und warum?«
»Weil dann die echte Scheiße überhaupt erst losgeht.«
»Keine Bange. Ich lass mir auch sonst nicht den Schwarzen Peter in die Schuhe schieben.«
»Wir sind wegen Pierre Jacquet hier. Mit oder ohne uns – die Ermittlung geht weiter. Und wenn unsere Kollegen erst einmal eine Verbindung hergestellt haben, dann stehst du wirklich ganz vorn in der Schusslinie.«
»Du spinnst ja. Ich habe mit der Geschichte nichts zu schaffen.«
»Er war bei dir, und wir auch. Glaub mir, das reicht denen.«
Der Pitbull starrte François an. Er bekam allmählich Zweifel.
»Ich weiß ja nicht mal, wer der Typ überhaupt ist.«
»Schau her.«
Der Kommissar zeigte ihm ein Foto.
»Nie gesehen.«
»Bist du sicher?«
»Willst du behaupten, ich lüge?«
Größenwahnsinnig und paranoid. Das ganze Programm. Aber eines war sicher. Er hatte nicht das Profil eines Serienmörders.
»Vielleicht ist er einem deiner Freunde über den Weg gelaufen?«
»Brauchst sie nur zu fragen.«
Marchand drehte sich zu den widerlichen Gestalten um.
»Na los, ihr Süßen. Strengt euch mal ein bisschen an.«
Das Bild wurde herumgereicht. Der Profiler beobachtete mit Argusaugen die Gesichter, lauerte auf jede Reaktion. Plötzlich wurde ein Großer mit dem Outfit eines Hell’s Angels ein wenig unruhig.
»Das ist er, ganz bestimmt … Ein blondes Bürschchen. Total niedlicher Kerl.«
»Erzähl.«
Der Typ warf dem Pitbull einen Blick zu. Mit einem kurzen Nicken gab der andere ihm seine Zustimmung.
»Eines Abends ist er aufgetaucht. Vor zwei oder drei Monaten. Sagte, er kenne Marcel. Sie seien sogar schon mal zusammen hier gewesen.«
»Wusstest du das nicht?«
»Nein. Marcel war oft hier. Der gehörte sozusagen schon zum Mobiliar. Dem schnüffelte keiner hinterher.«
Das erklärte, warum der Pitbull nicht Bescheid wusste. Der Priester hatte Pierre die Hausbesetzer zeigen wollen. Er hat den Härtetest nicht so weit getrieben, dass er ihm auch diese Bande von Irren vorgestellt hätte.
»Los. Erzähl weiter. Weshalb ist er hier gewesen?«
»Er brauchte Dope.«
»Hast du ihm was besorgt?«
»Ja. Noch dazu gratis. Die kleinen Hübschen, die find ich ziemlich aufregend.«
Der Hell’s Angel fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Ein langes, dreieckiges Gesicht, tiefliegende Augen. François fand, er sah aus wie eine Schlange, die sich gleich auf ihr Opfer stürzt. Bei diesem Schlagabtausch, bei dem eine Provokation die andere ablöste, wollte er noch eine drauflegen.
»Hast du ihn etwa vernascht?«
»Das würd dir gar nicht schmecken, was?«
»Antworte mir.«
»Ich hätte nicht darauf gespuckt, falls du’s wissen willst. Aber der war zu fertig, der kotzte alle fünf Minuten. Eine echte Fontäne.«
Marchand war auch zum Kotzen zumute. Und er spürte, dass es Julia immer
Weitere Kostenlose Bücher