Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Böses Tut

Wer Böses Tut

Titel: Wer Böses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Forbes
Vom Netzwerk:
Reaktionen? Oder hatten sie irgendeinen Mechanismus, um so etwas auszublenden? Interessanterweise hatte Williams nicht ein einziges Mal die Tatsache erwähnt, dass Rachel eine attraktive Frau gewesen war. Er sprach von ihr als intelligent, kontrolliert, in sich zurückgezogen, aber nicht als attraktiv, geschweige denn schön, als würden solche Qualitäten auf seinem Radarschirm nicht auftauchen. Professionalität und Ethik hin oder her, Williams musste sich doch bewusst gewesen sein, wer da vor ihm saß?
    »Es war aufschlussreich«, fuhr Williams unbewegt fort. »Ich habe ihren Bericht über ihren Besuch in der Bar beinahe Wort für Wort mitgeschrieben. Möchten Sie, dass ich ihn Ihnen vorlese?«

    »Bitte.«
    »Sie hat Folgendes gesagt.« Er räusperte sich. »Als ich hineinging, spürte ich ein Summen. Das Licht war gedämpft, die Musik gut und laut. Es war schon ziemlich voll, und die meisten Tische waren besetzt. Einige Menschen saßen an der Bar, und ich fand einen Hocker am Ende und bestellte einen Wodka Martini. Über der Bar hing ein riesiger Spiegel, in dem ich den ganzen Raum sehen konnte. Ich hörte der Musik zu und nippte an meinem Drink, als ich ein Stückchen weiter einen Mann an der Theke stehen sah. Er musste gerade erst gekommen sein, denn ich hatte ihn vorher nicht bemerkt. Er sah gut aus, Mitte zwanzig, olivfarbene Haut, gut gebaut mit welligem, schwarzem Haar. Ich beobachtete ihn ein paar Minuten, und er schien allein da zu sein. Er scherzte ein bisschen mit einem der Barkeeper, als würden sie sich kennen, obwohl ich ihn vorher noch nie dort gesehen hatte, und bestellte ein Bier. Er hat es beinahe in einem Zug ausgetrunken, und ich dachte, der muss aber Durst haben. Er trug Jeans und ein enges T-Shirt, das seine muskulösen Arme präsentierte, und er hatte ein Drachentattoo auf einem Arm. Ich fragte mich, ob er auf Kampfsportarten stand.
    Er schaute in meine Richtung, ich fing seinen Blick im Spiegel auf, und er lächelte. Er hatte hübsche, gerade, weiße Zähne und einen wunderbaren Mund. Er prostete mir zu, ich erwiderte sein Lächeln und wandte mich wieder meinem Glas zu. Aber er hörte nicht auf, mich anzusehen. Ich konnte ihn aus dem Augenwinkel sehen. Er forderte mich mit seinem Blick heraus, wollte, dass ich mich umdrehte, wollte wissen, ob ich zu haben war. Ich wandte ihm ganz leicht den Kopf zu, und einen Augenblick lang sahen wir uns in die Augen. Dann lächelte ich wieder, nickte ihm ganz leicht zu und stand auf. Ich legte das Geld für meinen Drink auf die Theke und ging hinaus. Ich drehte mich nicht um, aber ich wusste, er würde mir folgen.«
    Obwohl Williams eine männliche, tiefe Stimme hatte, war es Tartaglia, als spräche Rachel direkt zu ihm. Er sah sie vor sich an
der Bar sitzen, ihre Haare umrahmten ihr Gesicht, sie schaute in den Spiegel, fing seinen Blick auf und lächelte. Einen Moment lang stellte er sich vor, wie er ihr Lächeln erwiderte, sah sie langsam vom Barhocker gleiten und hinausgehen, ohne einen Blick zurückzuwerfen, wissend, dass er ihr folgen würde.
    »Das war alles«, sagte Williams und blickte auf. »Aber es vermittelt Ihnen ein allgemeines Bild.«
    »Sie sagten, das waren ihre Worte?«, fragte er ein wenig verwirrt. »Wie können Sie sich so genau erinnern? Haben Sie es aufgenommen?«
    »Nein. Ich bin mit einem perfekten Erinnerungsvermögen gesegnet, was in meinem Beruf sehr nützlich ist.«
    »Sie Glücklicher«, sagte Tartaglia und dachte an seinen Vater, der eine ähnliche Gabe hatte. Traurigerweise hatte er sie nicht geerbt. »Hat sie darüber gesprochen, was anschließend passiert ist?« Vor seinem inneren Auge tauchte das abgedunkelte, anonyme Schlafzimmer mit seinem großen Bett und der schwarzen, beschlagenen Truhe am Fußende auf.
    Williams schüttelte den Kopf. »Sie ging nicht weiter, und ich habe sie nicht gedrängt.«
    »Wollte sie Sie ködern?«
    »Vielleicht, aber sie hat nicht gemerkt, was sie umgekehrt damit preisgegeben hat. Eine völlig neue Schicht lag frei. Ich hatte einen Blick in die Schachtel erhascht, in das verborgene Leben, die Bestätigung für etwas, das ich schon eine ganze Weile vermutet hatte. Ich hoffte, wir würden es mit der Zeit weiter erforschen. Doch sie kam nur noch ein paarmal und weigerte sich, über etwas anderes als ihre Eltern zu sprechen.«
    »Wann war ihre letzte Sitzung?«
    Williams überprüfte seine Notizen. »Am 10. August. Dann schickte sie mir einen Scheck und einen höflichen Brief, in dem sie mir

Weitere Kostenlose Bücher