Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
auf den Osten, weil die Leute in den Großstädten gern Sendungen über die Gastroszene sehen. Aber die Sendung wurde in der Prime Time noch nicht getestet.«
»Aber du sagtest doch, ich sei in der engeren Auswahl.«
»Das stimmt. Und ehrlich gesagt glaube ich auch, dass es gut für dich aussieht, aber sie wollen eben fair sein.«
»Prima Zeitpunkt, genau jetzt damit anzufangen«, warf Clinton mit vor Sarkasmus triefender Stimme ein. »Also, was ist Sache?«
»Alle drei Sendungen bekommen die Chance, sich etwas Prime-Time-Würdiges einfallen zu lassen. Keine Änderungen des Formats oder ähnlich Drastisches, sondern nur etwas, das einen neuen Kick reinbringt.«
»Und sie haben dir nicht zufällig irgendwelche Tipps dazu gegeben, oder?«
»Im Meeting nicht, nein. Aber danach hat mich Bob Baker beiseitegenommen. Daher weiß ich auch, dass sie dir gute Chancen einräumen. Er sagt, sie wollen etwas haben, das richtig Quote macht. Für unsere Show lautete sein Vorschlag, einen echten Superstar-Küchenchef einzuladen. Jemanden, der überall bekannt ist, den aber trotzdem keiner kennt.«
»Das ist doch eine unlösbare Aufgabe«, warf Clinton ein, während mir flau im Magen wurde. »Heutzutage hält dank all der Kochsendungen jeder seinen Kopf in eine Kamera und bekommt so seine fünfzehn Minuten Ruhm. Wie sollen wir jemanden finden, der in der Öffentlichkeit bekannt, aber trotzdem nicht ausgelutscht ist?«
»Keine Ahnung. Ich gebe nur wieder, was Bob gesagt hat. Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir den perfekten Gast auftreiben. Jemanden, der für Furore sorgt, sobald wir ihn ankündigen.«
»Damit sind wir geliefert.« Normalerweise war Clinton kein Pessimist, aber offen gestanden traf er mit seiner Einschätzung so ziemlich ins Schwarze.
»Und was müssen Missy und Ricardo machen?«
»Keine Ahnung.« Cassie zuckte die Achseln. »Und das ist auch nicht unser Problem. Sondern die Suche nach einem Spitzen-Küchenchef. Bestimmt fällt euch einer ein; ihr beide kennt doch praktisch jeden in der Stadt.«
»Genau das ist ja das Problem«, erwiderte Clinton seufzend. »Wir kennen sie, weil alle sie kennen. Zumindest diejenigen, die es wert sind, sie zu kennen.«
»Bis auf Philip DuBois«, warf ich mit wachsender Aufregung ein. »Er kommt nach New York zurück, um ein neues Restaurant zu eröffnen. Bernie hat es mir erzählt. Wenn wir ihn in die Sendung bekämen, wäre das der Coup des Jahrhunderts. Ich meine, nicht nur für unsere Zuschauer, sondern für die gesamte Gesellschaft und die Gastronomie-Szene. Dieser Mann ist die reinste Schattengestalt.«
»Stimmt, aber …«, begann Clinton, doch Cassie brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen.
»Das wäre doch was. Die Bosse werden begeistert sein. DuBois kann mit dir kochen, während du ihn über sein neuestes Projekt ausfragst. Er hätte fantastische Publicity und wir absolute Wahnsinnsquoten.«
»Aber«, erklärte Clinton, noch immer in der Rolle des Spielverderbers, »er gibt grundsätzlich keine Interviews.«
»Es wäre kein Interview im klassischen Sinne«, ereiferte sich Cassie, deren durch PR-Training geschulter Instinkt mittlerweile auf Hochtouren lief. »Sondern vielmehr eine Art Meisterklasse. Andi kocht mit einer Legende. Das ist total irre.«
Sie hatte recht. Die Idee war unglaublich – verführerisch und berauschend. Ich im Hauptabendprogramm. Mit Philip DuBois. Das war es. Mein großer Durchbruch.
Es gab nur ein winziges Problem.
Clinton hatte recht. DuBois gab grundsätzlich keine Interviews. Oder Meisterklassen oder sonst etwas, was auch nur ansatzweise nach Medien roch.
Womit nur eine Möglichkeit blieb.
Ich musste ihn vom Gegenteil überzeugen.
Kapitel 5
Zu behaupten, ich würde Philip DuBois davon überzeugen, in meine Sendung zu kommen, und es tatsächlich zu tun, waren zwei Paar Stiefel. Und nach dem anfänglichen Begeisterungssturm ebbte meine Euphorie zugegebenermaßen ein klein wenig ab.
Nach der Unterredung mit Cassie zeichnete ich ein paar Teaser auf und erledigte einige Vorbereitungsarbeiten für die nächste Sendung, ehe ich, in der Hoffnung auf ein wenig Ruhe, aus dem Studio floh. Stattdessen lief ich prompt Bob Baker in die Arme, der mich zu meinem Engagement und der Neuigkeit beglückwünschte, dass ich DuBois für die Sendung gewinnen wollte.
Offenbar hatten Cassie und der Marketing-Experte mein Hirngespinst aufgegriffen und zur bestätigten Tatsache gemacht. Bob kalkulierte im Geiste bereits überschwänglich die
Weitere Kostenlose Bücher