Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
zu mir umzudrehen.
Ich setzte ihm – in Flip-Flops – nach, wobei ich abwechselnd meinen Hund verfluchte und mir bereits fieberhaft plausibel klingende Erklärungen überlegte, wie ich Dillon die Nachricht überbringen sollte, dass ich mir nicht nur seinen Hund unter den Nagel gerissen, sondern ihn dann zu allem Übel auch noch verloren hatte. Ohne mein inneres Chaos auch nur ansatzweise zu erahnen, verschwand besagter Vierbeiner um eine Ecke, und zum ersten Mal erfasste mich aufrichtige Panik. Ich würde es nicht ertragen, wenn dem kleinen Kerl etwas zustieße, zumindest nicht bis ich ihn erwischt und ihm seinen kleinen pelzigen Kragen umgedreht hatte.
Ich hetzte um die Ecke.
Weit und breit kein Hund zu sehen.
Erneut versuchte ich, nach ihm zu rufen, doch dank meines Spontansprints kam kaum mehr als ein asthmatisches Flüstern heraus. Ich umrundete eine zweite Biegung, in der Annahme, dass ich das Ganze vergessen konnte, aber, nein, da stand der kläffende Bentley vor einem Jogger, hechelnd, mit heraushängender Zunge und freudig wedelndem Schwanz (der Hund, nicht der Jogger).
Abrupt blieb ich stehen. »Es tut mir wahnsinnig leid, aber er ist ausgebüxt und …« Ich hielt inne, und mein Herz, das schon jetzt in meiner Brust hämmerte, legte noch einen Zahn zu, als mein Gehirn registrierte, wen Bentley da anbellte.
»Ich vermute, der gehört Ihnen«, sagte mein Fremder mit einem schiefen Grinsen.
»Ja«, flüsterte ich völlig verdattert.
Okay, halten wir fest, dass ein Spaziergang durch den Park, um einen klaren Kopf zu bekommen, eine Sache ist. Ich, Bentley und eine Handvoll fremder Leute. Aber in Flip-Flops, Jeans und einem ausgeleierten T-Shirt exakt dem Mann in die Arme zu laufen, der mir praktisch das Leben gerettet hat – so etwas ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Schon gar nicht in Verbindung mit der Tatsache, dass ich mich sofort nach Ende der Aufzeichnung komplett abgeschminkt hatte und mein Haar dank des ungeplanten Sprints aussah, als hätten die Motten darin gehaust.
Ich strich mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht und bemühte mich, äußerlich ruhig zu wirken, obwohl ich es innerlich keineswegs war. »Ich fürchte, er ist mir abgehauen.« Ich sah auf Bentley hinab, der meinen Fremden mit etwas musterte, das an Bewunderung grenzte. »Er hat ein Eichhörnchen gesehen und sich losgerissen, bevor ich es verhindern konnte.«
»Wie gut, dass ich hier war«, sagte mein Fremder, noch immer lächelnd, während er mich von oben bis unten musterte.
»Ja, ich bin nicht unbedingt fürs Joggen angezogen.« Er hingegen schon. Trainingshose, T-Shirt, heiß, verschwitzt. Habe ich schon erwähnt, dass er superheiß aussah? Wieso sind verschwitzte Männer nur so attraktiv? Das ist unfair. Ehrlich. »Jedenfalls danke, dass Sie mich gerettet haben. Wieder mal.«
»Kein Problem.« Er lachte und schüttelte den Kopf. »Eine reine Frage von zur richtigen Zeit am richtigen Ort .«
»Die Welt ist klein«, stellte ich mit einem schiefen Grinsen fest.
»Eine winzige Insel«, bestätigte er achselzuckend und hob Bentley hoch. Mein Hund aalte sich in hündischer Ekstase, als der Fremde ihn hinter den Ohren zu kraulen begann.
»Sie sind verschwunden, ohne sich zu verabschieden.« Die Worte kamen über meine Lippen, bevor ich es verhindern konnte. Andererseits hatte mein Mund ja schon immer ein Eigenleben gehabt.
»Ich dachte, Sie wollen unter den gegebenen Umständen vielleicht lieber allein sein. Außerdem kam Ihre Tante, deshalb ging ich davon aus, dass Sie in guten Händen sind.«
»Was allerdings fraglich ist. Aber ich verstehe schon. Und ich weiß Ihre Hilfe sehr zu schätzen. Sie scheinen ja so etwas wie eine Gewohnheit daraus zu machen, mich zu retten.«
»Wie gesagt, zur richtigen Zeit am richtigen Ort.« Er ging zu einer Bank und setzte sich, meinen völlig hingerissenen Hund noch immer auf dem Arm. Seufzend folgte ich den beiden. Hatte ich eine andere Wahl? Ich meine, immerhin hatte er meinen Hund.
»Tja.« Ich setzte mich auf die Kante der Bank und wünschte mir inbrünstig, ein Team von Extreme Makeover würde aus dem Gebüsch springen und mich mit der geölten Präzision einer Formel-1-Pit-Crew mit Kamm, Lockenstab, Make-up und ein paar anständigen Kleidern im Handumdrehen in Schuss bringen. »Ich fürchte, ich bin im Moment in keinem sonderlich präsentablen Zustand.«
Er runzelte die Stirn, dann lächelte er. »Ethan McCay. Eigentlich hätte ich mich gestern Abend schon
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