Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
mehr die alten Gebäude mit Charakter vertreiben. Ein Haus mit Personal und Rundumservice, das war Dillons Vorstellung vom Himmel. Charakter? Pfeif drauf!
Ich wollte meine Wohnung auf keinen Fall verkaufen. Und er seine ebenso wenig. Natürlich hatte ich gedacht, dass er seine Meinung eines Tages ändern würde. Was in Anbetracht der Tatsache, dass der Großteil seines weltlichen Besitzes in meinem Wohnzimmer verstreut lag, nicht ganz ungerechtfertigt gewesen war. Ich meine, er hatte praktisch hier mit mir zusammengelebt.
Was wunderbar gewesen wäre, hätte er nicht den Rest seiner kostbaren Zeit mit Diana verbracht.
Musste es immer so laufen? Ich hatte keine Ahnung.
Aber um noch einen draufzusetzen – er hatte mir zu allem Übel mindestens fünf Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Die ersten waren noch reichlich zerknirscht, das musste ich zugeben, doch in den letzten ging es vorwiegend darum, wann er seine Sachen, einschließlich Bentley, abholen wollte. Ja, klar! Ich war in Versuchung, den ganzen Krempel zu verbrennen (bis auf den Hund, versteht sich), aber es wäre wohl einfacher, alles zusammenzupacken und in seine Wohnung transportieren zu lassen.
Eines der tollen Dinge an Manhattan ist, dass man gegen entsprechende Bezahlung praktisch alles bekommt, was man haben will. Einfach zum Hörer greifen, und schon ist die Sache erledigt. Als ich meine Nachrichten gelöscht hatte (die meisten, ohne sie anzuhören), schnappte ich mir einen Karton, den ich im Kleiderschrank stehen hatte, und begann, all die persönlichen Gegenstände einzupacken, die meine Beziehung mit Dillon repräsentierten.
Seine DVD -Sammlung würde mir fehlen. Wir hatten beide eine Schwäche für Cary Grant. Ich zog Leoparden küsst man nicht heraus und stellte ihn ins Regal zurück. Ein kleines Trostpflaster war wohl angemessen. Immerhin war ich diejenige, der übel mitgespielt worden war. Als Nächstes kamen seine CD s an die Reihe, unter denen jedoch nichts war, was sich nicht ersetzen ließe. Die meisten würden mir nicht fehlen. Besonders nicht seine Talking-Heads-Scheiben, die er immer so gern gehört hatte. Als Nächstes schob ich den halb vollen Karton ins Schlafzimmer, wo ich seine Sachen von den Bügeln zerrte und aus den Schubladen räumte. Dafür dass dieser Mann ein eigenes Apartment besaß, hatte sich erstaunlich viel angesammelt.
Bentley sah zu, wie ich ins Badezimmer ging und einen zweiten Karton packte. In einem Anfall von adrenalingespeister Wut befreite ich die Wohnung von sämtlichen Dillon-Fotos, die überall herumstanden. Ich war sogar versucht, ihn aus zwei meiner Lieblingsgruppenfotos herauszuschneiden, als das Haustelefon läutete.
Durch die Überwachungsanlage sah ich Bethany und Clinton vor der Tür stehen. Seufzend drückte ich auf den Türöffner. Ich war zwar nicht sicher, ob ich Lust auf Gesellschaft hatte, aber noch viel weniger verlockend war die Vorstellung, irgendwelche Erklärungen über das uralte Ding abzugeben, das sich Sprechanlage schimpfte. Aus rein nostalgisch-ästhetischen Gründen waren bei der Installation des neuen Überwachungssystems die alten Sprechkästchen nicht ersetzt worden. Mit dem Ergebnis, dass ich zwar sehen konnte, wer vor der Tür stand, jeder Versuch einer Unterhaltung aber von statischem Rauschen untermalt wurde, das selbst den psychisch stabilsten Menschen an den Rand des Irrsinns trieb.
Das einzig noch Antiquiertere im Haus war der Aufzug. Also schloss ich die Tür auf und kehrte an die Kochinsel mit der Granit-Arbeitsplatte zurück, um mich meiner Schnippel-Orgie zu widmen.
»Was ist denn in den Kartons?«, fragte Bethany, als sie und Clinton endlich den Weg herauf gefunden hatten. »Sieht aus, als würde jemand umziehen.«
»Dillon.« Ich nickte und säbelte mit einem befriedigten Grinsen mitten in sein Gesicht. »Ich habe überlegt, ob ich ein Freudenfeuer anzünden soll, aber die Eigentümerversammlung würde das wohl nicht so gut finden. Es erschien mir einfacher, seine Sachen einzupacken und sie ihm zu schicken.«
»Aber sans photos «, bemerkte Clinton, als ich freudig die Schere in der nächsten Aufnahme versenkte.
»Ich wollte ihn nicht länger ansehen müssen.«
»Hört sich an, als würde das Spaß machen«, sagte Bethany. »Soll ich dir helfen?«
»Eigentlich bin ich schon fertig.« Ich lächelte. »Und was führt euch beide nach SoHo?« Bethany lebte an der West Side, und Clinton besaß ein tolles Loft im East Village – beides nicht
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